Himba — Der Schmuck der roten Frauen

Mehrere Stunden am Tag widmet sich eine Himba der Kosmetik und dem Anlegen des Schmuckes
Titelbild
Massive Reifen aus getriebenem Kupfer und aus derben Gräsern geflochtene Halsreifen gehören zum traditionellen Schmuck, den die Frauen stolz präsentieren. (ALEXANDER JOE/AFP/Getty Images)
Von 16. Januar 2007

Namibia – beim Klang dieses Wortes erscheinen vor dem inneren Auge Bilder von der Namib, exotischen Tieren oder dem Küstennebel der wie Tau die spärliche Vegetation bedeckt. An Schmuck denken dabei jedoch die Wenigsten. Trotzdem gibt es im sehr trockenen nordwestlichen Teil Namibias, im Kaokoveld beim Nomadenvolk der Himba wundervolle Beispiele von Schmuckkunst.

Frisuren, Kleidung und Schmuck spielen in der Kultur der Himba eine sehr wichtige Rolle. Besonders die weiblichen Angehörigen dieses Volkes verbringen morgens mehrere Stunden mit dem „Schminken“ und Schmücken ihres Körpers.
Die Himbafrauen sind im Allgemeinen bis auf einen kurzen Schurz aus gegerbtem Ziegenleder unbekleidet, reiben aber ihre Körper von Kopf bis Fuß mit einer Mischung aus rotem, pulverisiertem Eisenoxid, Butterfett, Kräutern und dem Harz des Omuzumba-Strauches ein. Auch Lederschurz, Haare und Schmuck werden derselben Prozedur unterzogen. Dieses Verfahren dient in einem der trockensten Gebiete der Welt, wo Wasser eine Kostbarkeit ist, der Reinigung des Körpers und dem Schutz vor Krankheiten, ist darüber hinaus aber auch als eine Art „Ganzkörper-Make up“ zu verstehen, ein unverzichtbares Ausdrucksmittel für ihr Schönheitsideal, ohne das sie sich nicht in der Öffentlichkeit zeigen. Das Gleiche gilt für den üppigen Schmuck. Die sehr auffälligen Stücke sorgen dafür, dass die eigentliche Nacktheit bei all der Pracht kaum noch wahrgenommen wird.

Himbafrauen tragen voller Stolz große, sehr massive Halsketten aus Metall, Meeresschnecken und Muscheln, die zu runden Scheiben geschliffen und mit einem Loch in der Mitte versehen werden. Diese Muschelperlen reiht man zu langen Ketten auf, die meist zu mehreren getragen werden.

Für eine andere Art von Kette wird als Blickfang eine einzelne große Meeresschnecke, oHumba genannt, in Rot,- Weiß,- oder Brauntönen mit vier bis fünf horizontalen Reihen aus Metallstäben oder Knochen kombiniert, die direkt über der Meeresschnecke angebracht und mit Leder, Gras und vielen kleinen Metallperlen fixiert und verziert werden. Die oHumba wird am unteren Teil aufgebohrt und mit langen Lederschnüren durchzogen, die gänzlich mit aufgereihten Perlen aus Eisen bedeckt sind und kurz über den Knien der Frau enden. Diese langen Schnüre werden unter dem Gürtel durchgesteckt, damit sie beim Gehen nicht gegen die Beine der Frau schlagen.

Auf der Rückseite besitzen diese Ketten als Gegengewicht teilweise fächerförmige Pektorale, die zwischen den Schulterblättern der Frau hängen und die Kette an ihrem Platz halten. Natürlich dürfen auch Arm- und Fußbänder nicht vergessen werden, die ebenfalls aus Leder und Metallperlen gearbeitet werden und zusammen mit den Halsketten und Gürteln oft viele Kilo schwer sind. Trotzdem tragen die meist großen und sehr schlanken Frauen sie voller Anmut, als hätten die Schmuckstücke nur das Gewicht von Federn. Beneidenswert!

Was aber trägt eine erwachsene Himbafrau unter ihrem Lederschurz? Die zu vermutende Antwort „Nichts“ ist in diesem Fall falsch. Wenn eine Himba einen Mann „anlocken“ will, legt sie unter dem Schurz einen kunstvoll mit Metallperlen bestickten oder gefädelten Gürtel an. Eine afrikanische Variante der europäischen Reizwäsche sozusagen…… Dieser Gürtel wird nur zu diesen besonderen Gelegenheiten getragen und ansonsten von der Frau sorgfältig verwahrt.

Der Mann offenbart mit dem Schenken eines Schmuckstückes seine Gefühle für die Frau

War die Jagd auf das andere Geschlecht erfolgreich, erhält die Dame von ihrem Auserwählten einen weiteren bestickten Gürtel, der nun täglich über dem Lederschurz getragen wird, so dass er für jeden sichtbar ist. Dieser Gürtel drückt die Gefühle des Mannes zu seiner Partnerin aus: Je üppiger er mit Metallperlen, Schlüsseln, Ketten, einfachen Grafischen Mustern oder sogar alten Patronenhülsen (oft Überbleibsel aus dem Angolakrieg) verziert ist, desto verliebter der Mann. Dabei sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt: Die Himba verwenden jedes Stück Metall, das sich auch nur im Entferntesten dafür eignet, wobei trotz ihrer Einfachheit ungewöhnlich schöne und auch für europäische Augen geschmackvolle Schmuckstücke entstehen. Es ist erstaunlich, mit welchem Geschick „westliche“ Abfälle umgearbeitet werden. Bei ihren Streifzügen durch die karge Landschaft ihrer Heimat finden die Himba immer wieder verlorene oder weggeworfene Gegenstände, die ihren Zwecken dienlich sind. Bei den von Seiten der Himba nicht immer gern gesehenen Kontakten mit der westlichen Zivilisation kommt es gelegentlich auch zu Geschenken oder kleinen Tausch- bzw. Verkaufsgeschäften.

Auch Himbafrauen kommen bei der Hochzeit „unter die Haube“. In diesem Fall unter eine gerollte Lederkrone, die mit zwei „Kuhohren“ rechts und links auf dem Kopf versehen ist. Diese „eKori“ genannte Haube kann zusätzlich noch mit einem Aufsatz aus „Lederohren“ versehen werden, die an den Seiten bis zum Hals der Frau herabhängen und die ebenfalls reich mit Metallperlen verziert sind.

Und die Himbamänner? Von Ihnen war bis jetzt noch gar nicht die Rede! Natürlich tragen auch Männer Schmuck. Aber sie begnügen sich meist mit einem geflochtenen Halsreifen, der in mehrere Felder unterteilt ist und weniger üppig als der Frauenschmuck mit Metallperlen verziert wurde. Gelegentlich sieht man auch längere Ketten aus Muscheln oder Armbänder bei den Herren der Schöpfung. Die „Hauptlast“ tragen aber auch hier – wie fast überall auf der Welt- die Frauen!

Auch die Kinder werden nicht vergessen. Schon direkt nach der Geburt legt man ihnen die ersten Ketten aus Muscheln oder Samenperlen um. Später kommen dann Kupferarmbänder und die ersten reich verzierten Lederketten mit Metallperlen dazu.
Obwohl Himbaschmuck aufgrund seiner traditionell strikt festgelegten Form sehr einheitlich und relativ leicht zu erkennen ist, bezaubert er doch immer wieder durch die vielen unterschiedlichen Details und der Tatsache, dass er trotz seiner Größe und Wuchtigkeit an seinen Trägerinnen sehr elegant wirkt. Eine große Leistung für ein Volk, das heute zu den Ärmsten der Welt zählt.
Leider führen der oft von außen erzwungene unkontrollierte Kontakt mit Touristen neben einem Staudammprojekt der Regierung dazu, dass die traditionelle Lebensweise der Himba bedroht ist. Viele der jungen Menschen haben sich bereits in Teilen dem westlichen Lebensstil angepasst und verlieren immer mehr den Kontakt zu den alten Werten. Alkoholismus und Bettelei breiten sich aus.

Einige Himbagruppen schotten sich bewusst ab und versuchen jeden Kontakt mit den immer zahlreicher werdenden Touristen zu vermeiden. Andere haben den Kampf aufgenommen und versuchen ihre Rechte gegenüber der Regierung geltend zu machen, in dem sie eine Verlegung des Staudammes und eine Anerkennung ihrer Region als Schutzgebiet fordern. Bis jetzt erfolglos. Und so steht zu befürchten, dass mit den Himba auch ihre außergewöhnliche Kultur und ihr wunderschöner Schmuck langsam von der Erde verschwinden.



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion