Jüngste Friedensnobelpreisträgerin: Der mutige Kampf der 17-jährigen Malala Yousafzai für Bildung

Titelbild
„Malala. Meine Geschichte.“ Jeder Satz in diesem Buch eine Mahnung, ein Weckruf, endlich Frieden auf der Erde zu machen und die Waffengewalt beenden.Foto: Ausschnitt Cover S. Fischer Verlag
Von 18. Oktober 2014

Am 19. August 2014 erschien im amerikanischen Verlag Little, Brown & Company, New York, das Buch „I Am Malala. How One Girl Stood Up for Education and Changed the World“. Einen Monat später die deutsche Ausgabe im Kinder- und Jugendprogramm des S. Fischer Verlags, Frankfurt, unter dem Titel: „Malala. Meine Geschichte.“

Niemand konnte ahnen, dass am 12. Oktober das Friedensnobelpreis-Komitee eine äußerst kluge Entscheidung der Welt mitteilte: am 10. Dezember 2014 werden in Oslo zwei herausragende Menschenrechtsaktivisten mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Es sind die erst 17-jährige Malala Yousafzai aus dem pakistanischen Swat-Tal und der 60-jährige Inder Kailash Satyarthi. Täglich werden Tausende von Exemplaren der Lebensgeschichte Malalas in diversen Sprachen nachgedruckt. Die erfolgreiche amerikanische Kinderbuchautorin Patricia McCormack hat bei der Manuskriptanfertigung liebevoll geholfen.

Am 9. Oktober 2012 hielt die Weltbevölkerung für kurze Zeit den Atem an, als die Nachricht von dem grausamen Attentat der Taliban an Malala auf nahezu allen Sendern des Globus verbreitet wurde. Sie war zehn Jahre alt, als die Taliban die Macht in Pakistan übernahmen. Mädchen wurde seither der Schulbesuch verboten, doch Malala ließ sich nicht einschüchtern. Sie beschloss, für ihr Recht auf Bildung zu kämpfen.

Auf dem Heimweg von der Schule in Mingora wurde Malala durch Kopfschüsse schwer verletzt. Sie überlebte dank der schnellen medizinischen Hilfe, zunächst in pakistanischen Krankenhäusern und schließlich in einer Klinik in Birmingham/England, wo sie zur Zeit mit ihren Eltern lebt.

Malala Yousafzai wurde geboren am 12. Juli 1997 in Mingora/Pakistan.  Der Name Pakistan ist ein Akronym aus den Buchstaben P.A.K.I., das sich aus den Wörtern Punjab, Afghanistan; Kaschmir, Indus und der Silbe stan („Land“) zusammensetzt. Gleichzeitig bedeutet pak in Pashtu auch „rein“, weswegen auch vom „Land der Reinen“ gesprochen wird.

Es war ein ganz gewöhnlicher Tag. Ich war 15 Jahre alt, ging in die neunte Klasse, und am Abend zuvor war ich viel zu lange aufgeblieben, um für meine Klassenarbeit zu lernen. Ich hatte den Hahn krähen gehört, der die Morgendämmerung ankündigte. Ich hatte gehört, wie von der nahe gelegenen Moschee zum Morgengebet gerufen wurde, und hatte mir die Decke über den Kopf gezogen. Schließlich kam meine Mutter und rüttelte mich sanft an der Schulter. Heute war die Klassenarbeit in Urdu, der Amtssprache in Pakistan. Ich sprach rasch ein Gebet zu Gott. Ich schlang einige Bissen Rührei und Chapati hinunter und spülte mit Tee nach…

Der Weg zur Schule war kurz, nur fünf Minuten die Straße hinauf und eine kurze Strecke am Fluss entlang. Ich kam pünktlich, und der Tag der Klassenarbeit verlief wie jeder andere auch. Der Lärm der Stadt, das Hupkonzert und die Geräusche aus den Fabriken von Mingora umgaben uns, während wir uns still und konzentriert über unsere Arbeitsblätter beugten. Am Ende des Tages war ich müde, aber glücklich. Ich wusste, dass ich eine gute Leistung abgeliefert hatte.

Schon seit Tagen hatte ich eine merkwürdige Ahnung, dass etwas Schlimmes passieren würde. Eines Abends hatte ich über den Tod nachgedacht. Ich war allein in meinem Zimmer, also wandte ich mich gen Mekka und fragte Gott: ‚Was passiert, wenn man stirbt? Wie fühlt es sich an?’ Wenn ich sterben sollte, würde ich den Menschen gern beschreiben können, wie es sich anfühlt. ‚Malala, du Dummkopf’, sagte ich zu mir selbst. ‚Du wärst ja tot und könntest nicht erzählen, wie es ist.’

Bevor ich ins Bett ging, richtete ich eine weitere Bitte an Gott: ‚Kann ich ein bisschen sterben und zurückkommen, um den anderen zu sagen, wie es ist?’ Aber der nächste Tag war hell und sonnig, ebenso der danach. Und jetzt hatte ich eine gute Arbeit geschrieben; und wir fragten uns, wie schwierig die nächste sein würde.

Als unser Bus kam, rannten wir die Treppe hinunter. Wie üblich bedeckten die anderen Mädchen ihre Köpfe und Gesichter, ehe sie aus dem Tor traten und in den wartenden Dyna einstiegen, den weißen Pick-up, der unser ‚Schulbus’ war. Im Bus war es brechend voll. Zwanzig Mädchen und zwei Lehrerinnen drängten sich in dem Wagen, in dem es ganze drei Sitzreihen gab. Feierabendverkehr in den überfüllten Straßen von Mingora. In der Haji-Baba-Straße herrschte ein Gewimmel aus bunten Rikschas, Frauen in wehenden Gewändern und Männern auf Motorrollern, die sich hupend und im Zickzack einen weg durch den Verkehr bahnten.

Als wir an der Little Giant’s Süßigkeitenfabrik vorbeikamen, nur drei Minuten von meinem Zuhause entfernt, wurde es auf der Straße seltsam still. Der Bus hielt an. Zwei Männer in weißen Gewändern traten vor unseren Bus. Einer fragte: ‚Wer ist Malala?’ Niemand sagte ein Wort, doch einige Mädchen sahen in meine Richtung. Er hob den Arm und zeigte auf mich. Ein paar Mädchen schrien.“

Und dann beginnt der erste Teil des Buches: „Vor den Taliban“.  Eine tragische Geschichte in der Sprache eines unschuldigen Kinderherzens. „Patricia McCormick half mir, meine Geschichte auf eine neue Art zu erzählen. Ich danke ihr für ihre Geduld und ihr Mitgefühl – und für den Yoga-Unterricht!“

Eine zutiefst berührende Schilderung eines Schicksals, eins von so vielen in unserer Zeit. Jeder Satz in diesem Buch eine Mahnung, ein Weckruf, endlich Frieden auf der Erde zu machen und die Waffengewalt beenden.

Birmingham in England wird zur neuen Heimat für die Familie von Malala, aber das Lebensgefühl ist völlig anders als in Pakistan. „Mein Vater, der bei uns im Swat-Tal immer der Freund der Freunde gewesen ist, hat hier viele Besucher, aber wenig wahre Freunde. Meine Mutter, die kein Englisch spricht wie wir anderen, irrt ratlos durch die Geschäfte und untersucht die seltsamen Nahrungsmittel, die zum Verkauf angeboten werden. Ich gehe immer noch regelmäßig zur Krankengymnastik und trainiere meine Gesichtsmuskeln. Mir wurde gesagt, dass vielleicht noch ein paar Operationen auf mich zukommen. Aber darüber denke ich nicht allzu viel nach.“

Zu ihrem 16. Geburtstag am 12. Juli 2013 bekam Malala ein außergewöhnliches Geschenk. Sie wurde gebeten, eine Rede vor der UNO in New York zu halten. „Liebe Brüder und Schwestern, denkt daran: Der Malala-Tag ist nicht mein Tag. Heute ist der Tag jeder Frau, jedes Jungen und jedes Mädchens, die ihre Stimme für ihre Rechte erhoben haben. Tausende von Menschen sind von den Terroristen getötet worden und Millionen wurden verletzt. Ich bin nur eine von ihnen… Ich erhebe meine Stimme – nicht um zu schreien, sondern um für die zu sprechen, die keine Stimme haben…“

Malala wurde bereits vom Europäischen Parlament mit dem „Sacharow-Preis für geistige Freiheit“ ausgezeichnet und von Amnesty International zur „Botschafterin des Gewissens“  ernannt.

„Einst hatte ich Gott darum gebeten, mich größer zu machen. Ich habe erkannt, dass Gott mein Gebet erhört hat. Er hat mich groß wie den Himmel gemacht. So groß, dass ich es selbst nicht ermessen konnte, doch meine Stimme erreichte die Menschen auf der ganzen Welt“.

Foto: Cover S. Fischer Verlag

Malala Yousafzai

Malala. Meine Geschichte

272 Seiten

FISCHER KJB;

2. Auflage vom 22. September 2014

ISBN-10: 3596856604

12,99 Euro



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion