PASSION – Leid oder Leidenschaft, Trauer oder Freude?

Die Etymosophie-Kolumne von Roland R. Ropers erscheint wöchentlich exklusiv in der EPOCH TIMES Deutschland.
Von 5. März 2012

 

Unser deutsches Wort Passion hat seine Wurzel im lateinischen Substantiv passio (= die Leidenszeit) und in dem lat. Verb pati (= leiden, dulden, ertragen). Der Patient, der leidet, findet in seinem Zustand sicherlich keine Leidenschaft, kein Hobby. Ein Mensch, der als Patient Patience spielt, verbindet Leid mit Freude, Schmerz mit Leidenschaft. Das englische Wort passion steht hingegen ausschließlich für Vorliebe, Begeisterung, Leiden-schaft; eine Ausnahme bildet die Karwoche: passion week. Das englische Adjektiv passionate bedeutet leidenschaftlich. Und compassion ist das Mitleid, aber eher im Sinne von Mitgefühl. Ein aus der griechischen Sprache stammendes Wort für Mitleid ist Sympathie, engl.: sympathy. Und die Homöopathie ist ähnliches, gleichartiges Leiden.

Das englische Leiden ist suffering, vom lateinischen Wort suffere (eigentlich: sub ferre = von unten tragen, erleiden). Unser deutsches Substantiv Leid hat germanischen Ursprung in dem Adjektiv laipa = betrüblich, widerwärtig. Das Verb leiden hingegen ist dem Althochdeutschen lidan entlehnt und bedeutet: gehen, weggehen, vergehen. Im Altnordischen benutzte man das Wort leidi für Grabstätte.

Ist nicht unsere Konsumgesellschaft auch eine Bühne für grenzenlose Leidenschaften und Leidensfreuden?

Hobby, die Liebhaberei, die Leidenschaft, das Steckenpferd, kommt von mittelalterl. engl.: hoby = kleines Pferd, woraus wir das Steckenpferd gemacht haben.

Leid kann und darf nicht ein Spielzeug, eine Freizeitbeschäftigung sein. Der Franzose gebraucht für Leid das Wort la peine, das wir auch im Englischen als pain (Schmerz) kennen. Das französische Verb für leiden ist souffrir und dem englischen to suffer ähnlich.

Wir müssen heute in der von Leidenschaften, von Hobbies gekennzeichneten Freizeitgesellschaft (Freizeit ist nicht Zeit-Freiheit!) genau hinschauen, wo die Leidens-Wirklichkeit liegt. Ursache und Wirkung, Kausalität und Symptom werden leicht miteinander verwechselt.

Das füllhornartige Reservoir an Therapieangeboten für leidenschaftliche Leidensgenossen, für genießerische Leidensbesitzer, wird täglich größer.

Es kann doch nicht Zielsetzung des Lebens sein, in leidenschaftliche Geduld zu verfallen, um als passionierter Dauer-Patient in Hobby-Manier das Glücksangebot vielfältigster Behandlungsformen zu verkosten. Der Therapie-Konsum kann zur Passion werden. Echtes und begründetes Leid ist kein Steckenpferd.

 

 



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