E-Fuels: Die teure Zukunft des Autofahrens?

Die FDP hat kürzlich die Verwendung synthetischer Kraftstoffe ab dem Jahr 2035 erstritten. Doch sind sie sinnvoll? – Ein Diskussionspapier ist ziemlich eindeutig.
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Ab 2035 neu zugelassene Fahrzeuge mit Verbrennermotor dürfen ausschließlich E-Fuels tanken.Foto: iStock / Stadtratte
Von 6. April 2023

Zwar ist das Aus des Verbrennermotors bei Neufahrzeugen beschlossene Sache, dennoch wurde eine kleine Lücke geschaffen, aufgrund der Neuwagen mit Verbrennermotoren auch nach 2035 weiter verkauft werden können: Als Kraftstoff dürfen diese Fahrzeuge ausschließlich E-Fuels tanken. Doch ist die Herstellung und Verwendung der neuen Kraftstoffe sinnvoll?

Vom Pilotprojekt zur industriellen Marktreife

Das US-amerikanische E-Fuels-Unternehmen HIF eröffnete im Dezember des vergangenen Jahres zusammen mit dem Autobauer Porsche und weiteren Firmen eine Pilotanlage für synthetische Kraftstoffe im chilenischen Punta Arenas. Die Anlage wurde in einer menschenleeren Region am südlichsten Zipfel des Kontinents hauptsächlich wegen eines Vorteils errichtet: In der windreichen Gegend laufen Windräder an 270 Tagen im Jahr unter Volllast.

Damit erreichte die Gruppe eine wichtige Voraussetzung, nämlich den Kraftstoff durch die Verwendung von Windkraft weitgehend CO₂-neutral zu produzieren.

Außerdem liegt Punta Arenas in unmittelbarer Nähe der Magellanstraße. Vom Hafen Cabo Negro aus lässt sich der synthetische E-Fuel wie herkömmliche Kraftstoffe in alle Welt transportieren und über die bestehende Infrastruktur verteilen.

Der momentane Ausstoß der Anlage liegt bei 130.000 Liter. Er soll bis 2027 auf ein industrielles Volumen von 550 Millionen Liter hochgefahren werden. Das entspräche einem knappen Wochenverbrauch in Deutschland.

E-Fuels, wie sie beispielsweise in Chile hergestellt werden, stellen keine besonderen Anforderungen an die Motoren, schreibt Porsche auf Anfrage der Epoch Times. Sie würden so produziert, dass sie der aktuellen Kraftstoffnorm DIN EN228 (E5 und E10) entsprechen. Daher könnten sie entweder „pur oder in jedem möglichen Mischungsverhältnis ab sofort in allen heutigen Benzinmotoren verwendet werden“, schreibt der Autohersteller. Sie hätten die gleiche Zusammensetzung und die gleichen Eigenschaften wie heutiges Benzin. Deshalb habe deren Verwendung auch keine Folgen für jene Motoren, die auch heute schon Kraftstoffe dieser Norm verwenden.

Alles gut also? Das Verfahren, bei dem aus Wasser gewonnener Wasserstoff und aus der Luft abgeschiedenes Kohlendioxid zu Kraftstoff verarbeitet werden, hat einen großen Nachteil: Es benötigt viel Energie.

E-Fuels: „Noch lange knapp und teuer“

Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) veröffentlichte am Dienstag ein Diskussionspapier, demzufolge es „mannigfaltige“ Gründe gegen den Einsatz von mit Strom hergestellten E-Fuels bei Pkw und Lkw gibt. Ein solcher Einsatz sei „wirtschaftlich und ökologisch nicht zielführend“.

Einer der Gründe ist die Verfügbarkeit: Die weltweite erneuerbare Stromproduktion müsste im Vergleich zum heutigen Stand fast verdoppelt werden, um im Jahr 2050 einen weltweiten Anteil von zehn Prozent an grünem Wasserstoff und synthetischen Brenn- und Kraftstoffen einschließlich E-Fuels zu erreichen. Letztere werden daher noch lange knapp und teuer sein, heißt es in dem Papier.

Die Autoren raten daher, den Einsatz von E-Fuels auf Anwendungsbereiche zu konzentrieren, in denen keine anderen wirtschaftlichen Alternativen zur Erreichung der „Treibhausgasneutralität“ zur Verfügung stehen. Sie nennen den Stahlsektor, die Grundstoffchemie, Raffinerien und den internationalen Flug- und Schiffsverkehr.

Große Umwandlungsverluste

In dem Papier werden auch die „enormen“ Umwandlungsverluste angeführt: Alternativen wie die direkte Elektrifizierung seien auf die Stromnutzung bezogen bis zu fünfmal effizienter. Es wäre also effektiver, den Strom direkt in Batterien zu laden, als daraus erst noch Kraftstoff herzustellen. Die CO₂-Vermeidungskosten liegen demnach bei Pkw mit E-Fuels im Jahr 2030 bei etwa 1.000 Euro pro Tonne CO₂. Damit liegen sie um ein Vielfaches über denen der Elektromobilität oder anderer „Klimaschutzmaßnahmen“ (E-Autos: 100–200 Euro).

Auch wenn E-Fuels verglichen mit herkömmlichen Kraftstoffen nicht mehr verbrauchen, seien sie zudem teuer. Einkommensschwächere Haushalte könnten sie in Zukunft kaum bezahlen.

Die Autoren zitieren Studien, die auch nach dem Erreichen von bedeutenden Kostensenkungspotenzialen noch von einem Preis zwischen 1,20 Euro und 3,60 Euro pro Liter für E-Fuels im Jahr 2050 ausgehen. Dazu kommen noch Steuern, Abgaben, Gewinnmargen, Vertriebsausgaben sowie Forschungs- und Entwicklungskosten. Der Literpreis für fossile Kraftstoffe ohne Steuern und Abgaben liegt aktuell bei 60 bis 70 Cent pro Liter.

Bremsen E-Fuels die E-Mobilität?

Die Umweltbilanz schließlich sei „problematisch“, weil die synthetischen Kraftstoffe bei ihrer Verbrennung im Motor Stickoxide, Kohlenmonoxid und Feinstaub freisetzen.

Zu einem anderen Ergebnis kam allerdings der ADAC. „Die Messungen zeigen fast durchweg, dass sich weder die CO₂- noch die Schadstoff-Emissionen durch die alternativen Kraftstoffe relevant ändern“, schreibt der Automobilclub.

Mitautor Martin Wietschel, Leiter des Kompetenzzentrums Energietechnologien und Energiesysteme am Fraunhofer ISI, warnte auch aus „Innovationssicht“ vor dem Einsatz von E-Fuels im Straßenverkehr: Notwendige Initiativen in Richtung Elektromobilität oder andere alternative Mobilitätsformen könnten verlangsamt werden. „Denn zum Gelingen der Verkehrswende braucht es auch klare Signale sowie Planungs- und Erwartungssicherheit.“

E-Fuels: Voraussetzung zum Erreichen der „Klimaziele“

Dass die E-Mobilität noch ausgebremst werden könnte, scheint zum jetzigen Zeitpunkt unwahrscheinlich. Angesichts der politischen Festlegung auf 2035 als Ausstiegsjahr für den Verbrenner stellen die Autobauer bereits die Weichen in Richtung Vollelektrifizierung ihrer Flotten. Ford will 2035 nur noch E-Fahrzeuge bauen, Audi und VW steigen schon zwei Jahre vorher aus der Produktion von Verbrennern aus. Mercedes-Benz verfolgt das Ziel, bis 2030 überall dort vollelektrisch zu werden, „wo es die Marktbedingungen zulassen“.

Entscheidend ist aus der Sicht von Mercedes aber nicht das Verbot traditioneller Technologien, sondern „dass die Menschen neue Technologien annehmen“. Die Politik müsse für die entsprechenden Rahmenbedingungen sorgen, etwa eine flächendeckende Ladeinfrastruktur, schreibt der Konzern in einer Antwort an die Epoch Times.

Der Wirtschaftsverband en2x – Fuels und Energie fordert ebenfalls „verlässliche, stabile Rahmenbedingungen“, die „den Hochlauf der genannten Fuels vorantreiben“.

Wenn alle Autokonzerne völlig auf E-Mobilität umschwenken, dann sollen die synthetischen Kraftstoffe schließlich ihren Sinn in der Bestandsflotte erfüllen. BMW hält deren Verwendung dort für „alternativlos“, um den CO₂-Ausstoß zu reduzieren. „Strombasierte Kraftstoffe sowie Biokraftstoffe der Generation II und III“ seien eine zwingende Voraussetzung zum Erreichen der im Klimaschutzgesetz festgeschriebenen Verkehrssektorziele, erklärt der Münchner Autobauer gegenüber der Epoch Times.

(Mit Material von AFP)



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