Eine Frage nach der Eigen-Verantwortung des Menschen – Ein Kommentar

Studien und Forschungsergebnisse - immer nur auf dem "augenblicklichen Stand des Irrtums"?
Von 23. Februar 2006

Gerade zu Jahresanfang überschwemmen uns wieder neue Forschungsergebnisse deutscher Universitäten, die uns die ganze Widersprüchlichkeit der geschürten Hoffnungen zeigen. Jedes Ergebnis im Einzelnen ist in sich schlüssig, doch nebeneinander gestellt widersprechen sie sich nicht nur sondern zeigen auch, zu welchen Absurditäten die Erforschung immer kleinerer Teilgebiete führt. Das zentrale Problem wird komplett aus dem Gesichtsfeld verloren. Der Ausgangspunkt jeder dieser Forschungsergebnisse war einmal, der Gesundheit des Menschen zu dienen, Abläufe im menschlichen Körper besser zu verstehen und Möglichkeiten zu finden, Erkrankungen zu lindern. Oder ist das doch nur noch idealistisches Geschwätz aus einer vergangenen Zeit?

Da ist zum Beispiel die Studie der Krebsforscher, die zeigt, dass man jetzt weiß, dass die Menge der aufgenommenen Nahrung nicht darüber entscheidet, ob ein Mensch an Gewicht verliert oder doch eher zunimmt. Entscheidend sei, ob Biokatalysatoren die dafür zuständigen Gene richtig lesen könnten, oder ob durch genetische Schreibfehler oder enzymatische Lese- und Übersetzungsfehler (Trans- und Dekryptionsfaktoren) der Stoffwechsel fehlgesteuert wird.

Oder auch die fast zeitgleich erschienenen Ergebnisse der Universität Würzburg, die feststellt, dass die meist im Bauchfett gebildeten Hormone die Insulinproduktion hemmen und dadurch die Entstehung einer Diabetes fördern. Doch ist das in Verbindung mit anderen Studien nicht eher die Frage danach, was zuerst da war, die Henne oder das Ei? Wird jemand fett, weil ihm Diabetes droht oder droht Diabetes, weil jemand um den Bauch rum zunimmt? Oder ist das alles nur bedingt durch eine genetisch-enzymatische Lese- und Rechtschreibschwäche, die sich auch innerhalb der heutigen Gesellschaft als bedenkliche Zunahme von Analphabetismus erweist und damit alte Vermutungen bestätigt, dass die innere Körperwelt der Menschen und ihre „Fehlfunktionen“ sich in gleicher oder ähnlicher Weise in seinem äußeren Umfeld zeigt?

Interessanterweise gehen solche Studien von einem festgelegten mechanistischen Bild des Menschen aus, in dem alle Abläufe durch die genetisch vorherbestimmte Proteinsynthese vorherbestimmt sind und die Aufgabe der Forscher darin besteht, die Abläufe nicht nur zu erkennen und zu beschreiben, sondern dadurch auch die Herrschaft über die unliebsamen Abweichungen vom Erkannten und Beschriebenen zu erhalten. Ironischerweise entspricht das der mittelalterlichen Vorgehensweise des von der Wissenschaft viel geschmähten Theophrast von Hohenheim genannt Paracelsus.

Allerdings schien er mir vernünftiger, denn er wusste, dass die belebte Natur und also auch der Mensch keine Maschine ist und dass es Unfug ist, anzunehmen, dass alle Menschen von gleicher Bauart seien. Alle Warnungen und Mahnungen der vernunftbegabten Mahner in der Ärzteschaft, die darauf hinweisen, dass Medizin eine Erfahrungswissenschaft am lebenden Subjekt ist, bleiben ungehört. Nachweise darüber, dass die gleiche Arznei unterschiedlich wirkt in Abhängigkeit davon, ob sie Männern, Frauen oder Kindern verabreicht wird oder auch je nach Tageszeit und Ernährungsgewohnheiten, werden in den Wind geschrieben.

Den Menschen wird vorgegaukelt, dass Hilfe nah ist und dass die Wissenschaft befreit von allem Ungemach des Lebens. Dass man nicht erklären, sondern nur vermuten kann, warum ein Medikament in einem menschlichen Körper überhaupt wirkt und dass Wirkungsweise und Biochemie nur auf Theorien und Verallgemeinerungen beruhen, wird als Blasphemie bezeichnet. Wer heute Wissenschaft in Frage stellt, sogar nur unbequeme Fragen stellt oder wagt, eigenständig zu denken, geht ein Risiko ein. Die Wissenschaften heute und die Medizin vorneweg sind wie eine Religion, eine Glaubensgemeinschaft mit Päpsten, Bischöfen, Kardinälen und Laienpredigern, für regelmäßige Einnahmen sorgen der Staat und die Gesellschaftsstruktur der Angstmacherei. Wer die Grundlagen dieser Religion und das Dogma der Objektivität in Frage stellt, erlebt wie ein Ketzer im Mittelalter die Inquisition mit ihrer hochnotpeinlichen Befragung und entsprechender Bestrafung. Auch wenn auf öffentliche Hinrichtung oder Scheiterhaufen heute verzichtet wird, so wird diese Funktion gern den Medien.

Vielleicht ist das alles auch eher zu sehen wie ein Staffellauf: die Macht über  das Denken der Menschen wird einfach weitergegeben an den nächsten Läufer. In diesem Fall wurde die Staffel von der christlichen Kirche an die Wissenschaft weitergereicht, obwohl diese sich laut Aussage des Philosophen Karl Popper immer nur als auf dem „augenblicklichen Stand des Irrtums“ erweist.



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