Alles aus Zucker?: Mehr Sirup in Lebensmitteln befürchtet – auch im Brot
Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) und die Deutsche Diabetes-Hilfe befürchten einen zunehmenden Einsatz von billigem Zuckersirup in Lebensmitteln in Europa.
Die Politik müsse verhindern, dass Produkte süßer würden und der Zuckerkonsum weiter zunehme, teilten die Organisationen mit. Dies könne Folgen wie Übergewicht, Diabetes Typ 2 und Herz-Kreislauf-Krankheiten haben.
„Es ist eine ökonomische Gesetzmäßigkeit: Gibt es einen Markt für ein Produkt und wird der Marktzugang verbessert, erhöhen sich Angebotsvolumen und Nachfrage“, sagte DAG-Sprecherin Stefanie Gerlach. Zum 1. Oktober ist der EU-Zuckermarkt liberalisiert worden. Als Folge erwarten auch Verbraucherschützer fallende Zuckerpreise. Die Industrie rechnet nicht mit großen Folgen für Verbraucher.
Isoglukose ist ein Sirup, gewonnen oft aus Mais- oder Weizenstärke, der billiger ist als Zucker aus Zuckerrüben.
Bislang waren Produktion und Verkauf von Zucker in der EU streng reglementiert. Für die Zuckerrübe, aus der ein Großteil des Zuckers hierzulande stammt, galt ein fester Mindestpreis. Eine Quote bestimmte, wie viel Zucker insgesamt in Deutschland produziert werden durfte. Diese Regelungen sind nun weggefallen. Damit kann der bislang beschränkte Anteil an sogenannter Isoglukose auf dem EU-Markt wachsen. US-Amerikaner verzehren im Schnitt weltweit mit Abstand am meisten Isoglukose, häufig in Form von Limo.
Isoglukose ist ein Gemisch aus Fruktose (Fruchtzucker), die über eine relativ hohe Süßkraft verfügt, und Glukose (Traubenzucker). Das Mischungsverhältnis variiert. Auf Lebensmittelverpackungen wird die Zutat als Glukose-Fruktose-Sirup oder Fruktose-Glukose-Sirup angegeben, wobei die erstgenannte Zutat den höheren Anteil hat.
Laut Max-Rubner-Institut, dem Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel, ist Isoglukose für die Gesundheit des Menschen aber nicht schädlicher als andere zugesetzte Zucker. „Bei Verwendung identischer Mengen Isoglukose statt Saccharose [Haushaltszucker] sind die Wirkungen gleich“, so das Institut.
Nachteile sehen Experten dennoch: „Für die Lebensmittelindustrie wird es damit profitabler denn je, auf die Produkte zu setzen, von denen wir Verbraucher weniger essen sollten“, warnte Oliver Huizinga von Foodwatch kürzlich. Er sagt aber auch, dass es von vielen Faktoren abhänge, ob Lebensmittel nun noch süßer würden. Nach seiner Erfahrung kann in vermeintlich gesunden Produkten heute schon viel Zucker stecken: in eingelegtem Gemüse wie Rotkohl und Joghurt etwa. Zucker helfe, eine schlechte Rohstoffqualität – etwa zu saures Obst – zu verdecken.
Ein Sprecher der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker sagte, er rechne mit „keinen großen Veränderungen für Verbraucher“. Der Isoglukose-Anteil am Markt werde sich zwar vergrößern, aber wegen des niedrigen Ausgangsniveaus immer noch relativ gering bleiben. Der Zuckerpreis werde auch nicht per se sinken, vielmehr werde mit verstärkten Preisschwankungen gerechnet. Ob und in welchem Umfang sich diese überhaupt auf den Endpreis von Produkten durchschlagen, sei offen. Der Anteil des Zuckers an den Herstellungskosten sei in der Regel sehr niedrig.
Schon heute übersteigt der Zuckerkonsum laut Diabetes-Hilfe die Empfehlung für die maximale Aufnahme um das Doppelte und sei mitverantwortlich für die hohe Krankheitshäufigkeit bei Diabetes Typ 2 und Adipositas. Die Organisationen fordern die Fortführung der Nationalen Reduktionsstrategie, mit der Zucker, Salz und Fett in Lebensmitteln reduziert werden sollen. „Die Toleranz der Verbraucher gegenüber Zucker sinkt“, sagte Gerlach. Bislang wird in der Strategie aber darauf gesetzt, dass Hersteller ihre Rezepturen freiwillig ändern. DAG, Diabetes-Hilfe und auch Foodwatch plädieren dafür, dass Ungesundes teurer sein müsse als Gesundes.
Nach Angaben von Foodwatch ist der Pro-Kopf-Verbrauch der Zuckerarten Saccharose, Isoglukose, Glukose und Honig zwischen 1960 und 2012 um mehr als 30 Prozent gestiegen. (dpa)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion