Der Liebling: Eisbär Knut litt an Autoimmunerkrankung + Fotogalerien
Die Krankheit namens Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis kommt auch beim Menschen vor. Im Tierreich wurde sie nun erstmals nachgewiesen.
Publikumsliebling Knut war vor vier Jahren nach einem epileptischen Anfall in einen Wassergraben im Berliner Zoo gestürzt und ertrunken. Das Team um Prüß vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen hatte Hirnproben des Tieres untersucht und die Ergebnisse im Fachmagazin „Scientific Reports“ veröffentlicht.
Die Studie könnte aus Sicht der Forscher Folgen für die Therapie bei Mensch und Tier haben. Bekannt war bislang nur, dass der Eisbär an einer Gehirnentzündung – einer Enzephalitis – litt. Die Ursache dafür war aber unklar.
Greenwood vom Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung, der bereits seit 2011 mit allen gängigen Methoden zu Knuts Todesursache geforscht hat, schien erleichtert: Nicht die Haltungsbedingungen oder Stress, wie teils spekuliert worden war, hätten Knut krank gemacht: „Die Natur ist Schuld“, bilanziert er nun. Dass die Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis bei Knut erkannt worden sei, nannte er einen „unglaublichen Zufall“.
Wohl herbeigeführt hat den Zufall der Neurologe Prüß. Er setzt sich seit wenigen Jahren mit dieser Form der Hirnentzündung auseinander und sah in Knuts Fall Parallelen zum Krankheitsbild beim Menschen. Demenz, Wahnvorstellungen, epileptische Anfälle: Hinter Symptomen wie diesen kann eine Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis stecken. „Es war relativ leicht, der Spur nachzugehen“, sagt er nun.
2007 wurde der Mechanismus in den USA erstmals beschrieben: Der Körper bildet Antikörper, die – fälschlicherweise – Nervenzellen des Gehirns bekämpfen. Sie docken dort an Transportkanälen an, den NMDA-Rezeptoren, und stören dadurch Signalwege innerhalb des Gehirns, erläuterte Prüß. Besonders ungünstig: Betroffen ist jene Hirnregion, die als Schaltzentrale für Gedächtnis und Lernen gilt.
Warum die Antikörper gebildet werden? „Beim Großteil der Fälle finden wir keine Ursache“, sagte Prüß. Aber überdurchschnittlich viele junge Frauen seien betroffen, manche von ihnen mit Wucherungen an den Eierstöcken. Dass der Körper diese – und auch das Gehirn – mit Antikörpern bekämpft, scheint möglich. Aber Patienten ohne Tumore erkranken ebenso.
Spezialisten wie Prüß haben inzwischen ein Auge für die Krankheit – Fälle gebe es sogar vergleichsweise häufig, dafür dass es eine seltene Krankheit sei. Aber wirklich bekannt ist die Form bei Medizinern nicht. Mit Demenz-Symptomen werde womöglich ein „kleiner Teil“ der Patienten falsch behandelt, vermutet Prüß.
Mit dem prominenten Fall Knut könnte sich ändern: Ärzte und Angehörige könnten nun hellhörig werden, hofft Prüß. Der Test auf die Antikörper sei relativ günstig – und sollte er wie im Fall von Knut hohe Konzentrationen nachweisen, wären Behandlungsmöglichkeiten gegeben. „Kortison ist das Mittel der Wahl“, meinte Prüß. „Je schneller die Immuntherapie beginnt, desto größer der Schutz.“
Dass viele Wildtiere sich Erkrankungen in frühem Stadium nicht anmerken lassen, um sich vor Angriffen zu schützen, macht das frühe Handeln im Zoo zwar schwierig, wie Tierarzt Andreas Ochs vom Berliner Zoo sagte. Dennoch sieht er einen neuen Ansatz: „Wenn Tiere entsprechende Symptome haben, könnte man relativ leicht handeln.“
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(dpa)
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