Ein mathematisches Verfahren und Gemälde: Werkstoffprüfung im Bereich von 0,02 Millimeter

Wie genau ist ein altes Gemälde aufgebaut? Für Kunsthistoriker oder auch Restauratoren ist diese Frage oft sehr wichtig. Forscher können sie nun mit einer speziellen Technologie präziser beantworten.
Titelbild
David Citrin vom Georgia Institute of Technology in Atlanta neben Bildern, die mit Hilfe von sogenannter Terahertz-Spektroskopie produziert wurden.Foto: John Toon/Georgia Tech/dpa
Epoch Times26. November 2017

Mit einem neuen, schonenden Verfahren lassen sich noch dünnste Pigmentschichten auf alten Gemälden identifizieren. Das könnte beispielsweise dabei helfen, Werke auf ihre Echtheit zu überprüfen, schreibt eine Gruppe um David Citrin vom Georgia Institute of Technology in Atlanta (Georgia, USA) im Fachblatt „Scientific Reports“.

Mit einer Kombination von sogenannter Terahertz-Spektroskopie und einer speziellen mathematischen Methode konnten die Forscher den Schichtaufbau eines Gemäldes aus dem 17. Jahrhundert bestimmen. Ein deutscher Experte ist von der Studie beeindruckt.

„Bilder, die vor dem 18. Jahrhundert gemalt wurden, waren bisher schwierig zu untersuchen, weil ihre Farbschichten dazu neigen, dünn zu sein“, wird Citrin in einer Mitteilung seines Instituts zitiert.

Bis zu 0,02 mm dicke Schichten erkennbar

Bei dem Bild „Madonna in Preghiera“ aus der Werkstatt des italienischen Meisters Sassoferrato entdeckten die Wissenschaftler fünf Schichten: eine Grundschicht, eine sogenannte Imprimatura, eine Untermalung, das eigentliche Gemälde und eine Lackschicht. Alle Schichten waren im Durchschnitt weniger als 0,2 Millimeter dick, Imprimatura, Untermalung und Lack sogar weniger als 0,04 Millimeter.

An einer größeren Stelle neben dem Kopf der Madonna war der Lack jedoch 96 Mikrometer dick. Die Forscher entdeckten eine Restaurierung, die bis dahin unbekannt war.

Allein aus den Rohdaten des Terahertz-Scanners hätte dies nicht herausgelesen werden können, da damit keine Objekte unter 0,1 Millimeter dargestellt werden können.

Durch die spezielle mathematische Herangehensweise könnten bis zu 0,02 Millimeter dicke Schichten unterschieden werden, schreiben die Wissenschaftler.

Zerstörungsfreie Gemäldeanalyse ist wichtig

Terahertz-Strahlung kommt beispielsweise bei Körperscannern zum Einsatz, weil sie im Unterschied zur Röntgenstrahlung gefahrlos für biologische und medizinische Zwecke eingesetzt werden kann. Auch eine zerstörungsfreie Werkstoffprüfung oder eben Gemäldeanalyse ist damit möglich.

Für andere bildgebende Verfahren, von der Elektronenmikroskopie bis zur Infrarotspektroskopie, müssen in der Regel dem Untersuchungsgegenstand kleine Proben entnommen werden.

Der Terahertz-Scanner gibt extrem kurze Lichtimpulse ab, die noch kürzeren Reflexionen werden registriert. Dabei können Verzögerungen in der Laufzeit des Lichts von wenigen Picosekunden (billionstel Sekunden) unterschieden werden.

Die Reflexionen ereignen sich an jeder Grenzfläche im Gemälde, so dass die Schichten in der Bildgebung sichtbar werden. „Damit können wir Informationen erhalten, die Kunsthistoriker bisher nicht hatten, und wir können Informationen bereitstellen, die für die Erhaltung und Restaurierung dieser alten Gemälde hilfreich sein können“, sagt Koautor Alexandre Locquet.

Von „beeindruckenden Ergebnissen“ spricht Michael Panzner vom Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik in Dresden, der nicht an der Studie beteiligt war. Er selbst hat bereits 2010 Terahertz-Strahlung eingesetzt, um Wandmalereien zu durchleuchten.

„Das Neue an dem Verfahren ist die spezielle mathematische Behandlung der Messdaten“, sagt Panzner über die Studie seiner Kollegen. Citrin und sein Team schreiben, dass das mathematische Verfahren ursprünglich entwickelt worden sei, um Erdölfelder im Boden zu finden. (dpa)



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