Von Dinos, Seesternen und Rindern: Fossilien fischen auf der Farm

Eine sprichwörtliche Fundgrube entdeckten zwei Forscher der Universität Birmingham. Wo heute Rinder grasen, lebten einst Dinosaurier und Seesterne. Und alle waren – mehr oder weniger – an den Ausgrabungen beteiligt.
Fossilien fischen auf der Farm
Neugierige Blicke: Die Ausgrabungen fanden stets unter den neugierigen Augen der Farmrinder statt.Foto: Sally und Neville
Von 1. September 2022

Während des Lockdowns vor wenigen Jahren suchten Neville Hollingworth und seine Frau Sally nach Orten, wo es uralte Fossilien geben könnte. Beide arbeiten als wissenschaftliche Mitarbeiter an der Universität Birmingham.

Auf ihrer Suche nach Fundorten stieß das Ehepaar schließlich auf einen kleinen Steinbruch in den Cotswolds (Gloucestershire, England). „Wir suchten nach neuen Orten, die wir erforschen konnten. Dazu scrollten wir auf Google Maps durch Gebiete, von denen wir wussten, dass dort einst Fossilien gefunden wurden. Der Ort, den wir schließlich entdeckten, schien dafür perfekt zu sein“, erzählt Sally Hollingworth in einer Pressemitteilung der Universität von Birmingham.

Dieser Steinbruch ist Teil eines Privatgrundstücks, auf dem sich eine Rinderfarm befindet. Um den Ort zu untersuchen, holten die Hollingworths schließlich die Erlaubnis des Landbesitzers ein. Zu ihrer Überraschung entpuppte sich der Steinbruch als eine wahre Fundgrube.

Das Ehepaar Hollingworth entdeckte die reichhaltige Fossilienfundstelle. Foto: Trustees of the Natural History Museum

„Wir dachten, wir würden ein paar interessante Exemplare finden, aber wir hätten nie erwartet, dass der Ort so besonders sein würde. Sobald uns klar wurde, womit wir es zu tun hatten und welche wissenschaftliche Bedeutung er hatte, setzten wir uns mit dem Naturkundemuseum in Verbindung“, erklärt Neville Hollingworth.

Und tatsächlich: Die Paläontologen der Universität Birmingham und des Naturkundemuseums in London bestätigten dies. Schließlich unternahmen die Forscher des Naturkundemuseums erste Ausgrabungen auf dem Farmgelände – stets unter den neugierigen Augen der englischen Langhornrinder. „Es war etwas nervenaufreibend zu graben, wenn man von einer Herde Rinder beobachtet wird“, sagte Sally Hollingworth gegenüber Live Science.

Fossilien fischen auf der Farm

Neugierige Blicke: Die Ausgrabungen fanden stets unter den neugierigen Augen der Farmrinder statt. Foto: Sally und Neville Hollingworth

Eine Reise in die Vergangenheit

Die dort entdeckten Fossilien stammen aus dem Erdzeitalter des Jura (201,3 Millionen bis 145 Millionen Jahre). Damals befand sich hier ein Fluss, der in ein warmes, flaches Meer mündete – ein Paradies für alle Lebewesen. Unzählige Dinosaurier durchstreiften das von Nadelbäumen dominierte Gebiet, darunter der Pflanzenfresser Cetiosaurus und der Fleischfresser Megalosaurus.

Im Wasser lebte eine bunte Vielfalt an Tieren wie Seesterne, Seeigel und Seegurken. Sie bewegten sich um die federartigen Arme von Seelilien und Haarsterne, die sich sanft mit der Strömung bewegten.

Steinplatte mit Fossilien von Seelilien und Haarsternen

Eine Steinplatte mit den Fossilien von Seelilien und Haarsternen. Foto: Trustees of the Natural History Museum

Es könnte ein friedliches Leben gewesen sein, das jedoch durch eine plötzlich ausgelöste Unterwasser-Schlammlawine ein jähes Ende fand. „Es scheint, dass das gesamte Gebiet schnell und plötzlich verschüttet wurde. Dies wird durch die Tatsache belegt, dass wir hier einige versteinerte Tiere in einer sogenannten ‚Todesstellung‘ fanden. Sie versuchten sich so vor der Bedrohung zu schützen“, erklären die Forscher der Universität Birmingham. Es ist ein Ereignis, das Paläontologen 167 Millionen Jahre später eine Momentaufnahme vom einstigen Leben gibt – ähnlich wie der Ausbruch des Vesuvs im römischen Pompeji.

Präparation der Fossilien durch Mark Graham

Fossilienpräparator Mark Graham bei der Arbeit. Foto: Trustees of the Natural History Museum

„Was wir an diesem Ort finden, sind die am besten erhaltenen fossilen Seeigel, Seesterne, Seelilien und Haarsterne, die ich je in Großbritannien gesehen habe. Es ist vergleichbar mit einigen der besten Fundstellen weltweit“, schwärmt Dr. Tim Ewin, Kurator des Naturkundemuseums.

Erst die plötzliche Verschüttung machte es möglich, dass unzählige Arten in einem so perfekten Zustand erhalten blieben. Besonders bedeutsam ist die enorme Anzahl an erhaltenen Seelilien-Fossilien, da diese aus sehr weichem Gewebe bestehen, was sich nach ihrem Tod schnell auflöst und daher nur selten versteinert wird.

Einblick mit Seltenheitsfaktor

Inzwischen haben die Forscher mehr als 180 Steinplatten mit Tausenden Fossilien darin entdeckt. Darunter sind neben den Seesternen, Seegurken und Seeigeln auch größere Tiere wie Fische, Tintenfische und sogar riesige Meeresreptilien wie Ichthyosaurier. Allein von den Seelilien entdeckten die Forscher über 1.000 Fossilien. Bevor diese Fundstelle bekannt und untersucht wurde, gab es in der 200 Jahre alten Museumssammlung nur 25 unvollständige Haarstern-Fossile. Noch heute gibt es Verwandte dieser uralten Arten. Das Erstaunliche: „Diese Kreaturen sehen so vertraut aus, dass es verblüffend ist“, so Kurator Ewin.

Ein weiterer sehr bemerkenswerter Fund mit Seltenheitsfaktor ist das Fossil eines Fisches aus der ausgestorbenen Gattung der Strahlenfische. Sein dreidimensionaler Körper ragt aus der harten Kalksteinplatte heraus, als würde er aus ihr herausspringen. Außerdem war die Erhaltung so exzellent, dass Weichgewebe einschließlich Schuppen und ein Auge erhalten blieben.

Fossilien: 3D-Fisch

Sally Hollingworth hält die Steinplatte mit dem Fischfossil in der Hand. Foto: Dean Lomax

„So etwas habe ich noch nie gesehen“, fügte Ausgrabungsteilnehmerin Sally Hollingworth hinzu. „Man konnte die Schuppen, die Haut, die Wirbelsäule sehen – sogar der Augapfel ist noch da.“ Der Anblick verblüffte das Ehepaar Hollingworth so sehr, dass sie ein digitales 3D-Modell von dem Fischfossil erstellen ließen. In einem interaktiven 3D-Bild wurde schließlich der Fisch „zum Leben erweckt“.

Alles in allem sind die Forscher sehr zufrieden mit ihren Entdeckungen. „Wir haben genug Material gesammelt, um eine ganze Weile damit beschäftigt zu sein. Ich bin zuversichtlich, dass diese Fossilien, sobald sie gesäubert sind, eine große Menge neuer Informationen darüber liefern werden, wie diese Kreaturen und ihr längst vergangenes Ökosystem funktionierten“, so Mark Graham, leitender Fossilienpräparator im Museum.

Die Paläontologen arbeiten derzeit an der Publikation ihrer Entdeckung und Forschungsergebnisse sowie an einer Ausstellung der Funde.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 59, vom 27. August 2022.



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion