Schwimmende Einwanderer: Ein Kugelfisch verbreitet sich im Mittelmeer

Der tropische Kugelfisch Lagocephalus sceleratus ist hochgiftig - und hat es nach Italien und Spanien geschafft. Im östlichen Mittelmeer haben sich schon Menschen mit dem Fisch vergiftet.
Titelbild
Kommt eigentlich aus den Tropen, doch über den Suez-Kanal ist er inzwischen bis ins westliche Mittelmeer vorgedrungen: Der Hasenkopf-Kugelfisch.Foto: Maria Corsini-Foka, Hellenic Centre for Μarine Research/dpa
Epoch Times14. August 2015

Experten nennen den L. sceleratus – zu Deutsch Hasenkopf-Kugelfisch – den „schlimmsten fremdartigen Fisch“ im Mittelmeer. Erst vor wenigen Jahren war er aus dem Roten Meer über den Suez-Kanal ins Mittelmeer gewandert und breitet sich schnell im östlichen Mittelmeer aus. Forscher sprechen von Invasion – und wegen der Folgen von einer Pest.

„Der fühlt sich da ja sehr wohl. Und er ist eine Gefahr“, sagt der Toxikologe Dietrich Mebs, der früher am Universitätsklinikum Frankfurt lehrte. Er ist Fachmann für Fischgifte und hat das Buch „Gifte im Riff“ geschrieben.

Jetzt steige die Zahl der Exemplare auch im Westen des Mittelmeeres, sagt Maria Corsini-Foka. Sie ist Meeresbiologin am Griechischen Zentrum für Meeresforschung auf Rhodos, an dessen Küste der Kugelfisch recht häufig ist.

Inzwischen taucht er sogar in den Gewässern um Spanien auf. Vor sechs Jahren ging dort vor Katalonien der erste ins Netz, bis 2013 fünf weitere – und im vergangenen Jahr allein waren es nach Angaben der Behörden schon zehn. Aus Malta, Italien und Algerien gibt es ebenfalls Meldungen.

Nicht grillen! Hochgiftig!

Toxikologe Mebs fürchtet, dass der Fisch in der Bevölkerung nicht bekannt genug ist. Erkennbar ist er an dem silbernen Rücken, gesprenkelt mit schwarzen Punkten, und einem weißen Bauch. Der Kopf ist groß und in die Länge gezogen – und er trägt keine Schuppen, sondern kleine Stacheln an Kopf und Rücken. Er kann bis zu einem Meter lang werden.

Ans Mittelmeer reisen jedes Jahr unzählige Touristen. Und das Gift des Kugelfisches – das Tetrodotoxin – gehört zu den tödlichsten Nervengiften, die derzeit bekannt sind. Alle Kugelfische tragen es in sich, es komme aber auch in Landtieren vor, sagt Mebs. Wer den Hasenkopf-Kugelfisch isst, vergiftet sich.

Berichte von Vergiftungen gab es zunächst in der Türkei, wo der Kugelfisch 2003 vor Akyaka zum ersten Mal im Mittelmeer entdeckt worden war. Auf einem Markt hatten unbedarfte Fischer den Fisch verkauft. Auch in Israel gab es einen dokumentierten Fall: Ein Hobbyfischer konnte gerade noch gerettet werden.

Die Lähmung befalle das äußere Nervensystem, gehe also nicht vom Gehirn aus, erklärt Mebs. „Das heißt: Ich kriege das bei vollem Bewusstsein mit.“ Zuerst verschwindet das Gefühl unter anderem in den Fingerspitzen. Dann greift die Lähmung um sich. Sobald sie die Atemmuskulatur erreicht, besteht akute Lebensgefahr. Einzige Rettung: künstliche Beatmung.

Türkische, griechische und zypriotische Behörden verboten den Fang und Verkauf von Kugelfischen. Auch in Deutschland ist er illegal. In Japan dagegen werden verschiedene Kugelfischarten – meist von spezialisierten Köchen zubereitet – als Delikatesse verzehrt.

Der Kugelfisch zerfetzt auch Netze

An den östlichen Küsten leiden einige Fischer unter dem Kugelfisch. Nicht nur weil er ihne die Tintenfische wegfrisst und als unverkäuflicher Fang Platz im Netz wegnimmt, sondern weil er auch Netze zerfetzt. Das Tier hat sehr kräftige Zähne – vier Zahnplatten, um genau zu sein. Der Jäger zertrümmert damit die Schalen von Muscheln oder Krustentieren. Angelhaken aus Metall durchzubeißen ist für ihn kein Problem.

Dass Urlauber beim Baden im Mittelmeer einem Kugelfisch begegnen, ist nicht zu befürchten, Taucher könnten sie jedoch sehen. Die Tiere leben nach Angaben von Experten zwischen 10 und 100 Meter unter der Wasseroberfläche, zuweilen auch noch tiefer.

Der L. sceleratus ist nicht die einzige Kugelfisch-Art im Mittelmeer – und auch nicht die einzige giftige. Er ist, anders als seine Artverwandten, ein guter Schwimmer: Er blase deshalb seinen Bauch nicht so häufig auf, und der Ballon werde nicht so rund wie bei anderen Kugelfisch-Arten, die man aus Aquarien kennt. Und wenn er sich bedroht fühlt? Dann haut er von selbst ab. (dpa/ks)



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