Junges Gemüse aus dem All

Das Foto des Astronauten Kelly, der auf der ISS an einem Salatblatt knabbert, zog in Internet seine Kreise. Der rote Römersalat war an Bord der ISS gezüchtet worden - doch so einfach ist das Gemüseanbau im All nun wirklich nicht. „Um einen Menschen zu ernähren, braucht man etwa 100 Quadratmeter Anbaufläche“.
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Bemannte Weltraummissionen könnten in Zukunft mehrere Jahre dauern. Und dann: Nichts als Astronautennahrung? Forscher arbeiten an frischen Alternativen. Illustration: NASA/Langley/dpaFoto: NASA/Langley/dpa
Epoch Times22. März 2016

Wer den Film „Der Marsianer“ gesehen hat, der ahnt es: Kartoffelanbau auf dem Mars ist nichts für Anfänger.

Der auf dem Roten Planeten gestrandete Astronaut Mark Watney (Matt Damon) zumindest steht dabei bis zu den Knöcheln in den eigenen Exkrementen, die den Knollen als Nährboden dienen. Doch mit Blick auf künftige Weltraummissionen weit über den Mond hinaus wird die Fiktion bereits Wirklichkeit: Forscher arbeiten an Wegen, auch fern der Erde Gemüse zu züchten und Astronauten so die Möglichkeit zu geben, sich auf langfristigen Missionen selbst zu versorgen.

Das Foto des Astronauten Scott Kelly, der auf der Raumstation ISS an einem dunkelroten Salatblatt knabbert, zog in Internet und Medien seine Kreise. Der rote Römersalat war an Bord der ISS gezüchtet worden – auf kleinen Nährbodenpäckchen, beschienen von roten und blauen LED-Leuchten. Wasser, Licht und bestimmte Nährstoffe braucht es zum Pflanzenwachstum. Doch im All ist dies nicht so leicht zur Hand. Die wertvollen Ressourcen müssen idealerweise so eingesetzt werden, dass jeglicher Abfall komplett weiter- oder wiederverwendet werden kann.

Der Botaniker Ray Wheeler befasst sich bei der US-Raumfahrtagentur Nasa schon seit 1988 mit dem Thema. Er entwickelte mit Kollegen auch das nun auf der ISS erprobte Anbau-System „Veggie“, das frischen Salat und auch Blumen in der Umlaufbahn sprießen ließ. Grundsätzlich wären Kartoffeln, Süßkartoffeln, Weizen und Sojabohnen weitere geeignete Kandidaten, sagt Wheeler. Sie lieferten Kohlenhydrate, Sojabohnen wichtige Proteine. „Zusammen mit dem Salat ergäbe das schon eine recht gute Ernährung.“

Zumindest mit den Kartoffeln gibt es auch schon gewisse Erfahrungen – allerdings nur irdische. In einer Biomasse-Produktions-Kammer der Nasa in Cape Canaveral wachsen Kartoffeln von der Außenwelt abgeschlossen heran. Unter Kunstlicht und in schräg gestellten Pflanzschalen, die nicht genutztes Wasser und Nährstoffe unten wieder sammeln. „Wir müssen über Ernährungsdinge nachdenken. Was ist akzeptabel, was schmeckt gut. Denn wenn es nachher keiner essen will, funktioniert die Sache nicht“, betont Wheeler.

Seit kurzem arbeitet die Nasa im Kennedy Space Center auf Merritt Island auch an einem autonomen Pflanzen-Modul, das an eine Wohneinheit – etwa auf dem Mars – angedockt werden könnte. In dem röhrenähnlichen Mini-Treibhaus sollen die Pflanzen auf einer Fläche von rund 20 Quadratmetern platzsparend in Etagen wachsen. Das Kondenswasser wird gesammelt, um damit bei Bedarf erneut zu bewässern. Das alles soll, ebenso wie die Nährstoffzufuhr, komplett automatisch geregelt werden, so dass Astronauten nur zum kurzen Check und zur Ernte ihr „Garden Rack“ betreten müssten.

Ein wichtiges Thema ist dabei das Licht: Der weiter von der Sonne entfernte Mars bekommt nur knapp die Hälfte der irdischen Sonneneinstrahlung ab. „Auf dem Mars gibt es auch schwere Staubstürme, die viel Sonnenlicht abhalten können. Das ist ein Problem, auch wenn wir Photovoltaik-Anlagen einsetzen“, gibt Wheeler zu bedenken. Auch ist noch unklar, inwieweit sich die stärkere ultraviolette Strahlung, der veränderte Luftdruck und die abweichende Gravitation auf das Pflanzenwachstum auswirken könnten.

Letzteres versuchen auch deutsche Forscher herauszufinden. In dem DLR-Projekt „Eu:CROPIS“ sollen 2017 Tomaten in einem Forschungssatelliten mit Mini-Gewächshaus in die Umlaufbahn geschickt werden, in zwei Modulen unterschiedlich starken Gravitationskräften ausgesetzt. „Wir simulieren die Bedingungen von Mars und Mond“, erklärt der bei der DLR damit befasste Experte Jens Hauslage.

Zugleich hat das Team um Hauslage ein Biofilter-Verfahren entwickelt, das Urin in Pflanzendünger umwandelt und aus dem Ammoniak über Nitrit schließlich Nitrat macht. „Urin ist da wesentlich wertvoller als Stuhl“, betont Hauslage mit Blick auf die Anbaupraxis des „Marsianers“ Watney. Der Biofilter in Lavastein-Röhren ist eine Art Nasskomposter, in dem ein Bakteriengemisch den Urin verstoffwechselt. Zusätzliche Unterstützung erhalten die Bakterien dabei durch Augentierchen (Euglena gracilis) der Universität Erlangen, die Sauerstoff für die Nitratherstellung liefern.

„Wir hoffen, dass das System eines Tages im Weltall zur Anwendung kommt. Aber zunächst müssen wir wissen, wie es unter verschiedenen Schwerkraftbedingungen arbeitet“, sagt Hauslage. Und auch bei Erfolg ist ein weiteres Problem noch nicht gelöst: „Um einen Menschen zu ernähren, braucht man etwa 100 Quadratmeter Anbaufläche“, sagt der DLR-Fachmann. Viel Platz also. Zudem dauert es Monate, bis gepflanzte Kartoffeln oder Tomaten abgeerntet werden können. (dpa)



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