Lösung fürs Rohstoffproblem? Bakterien sch(l)ürfen Seltene Erden
Smartphones, E-Autos, Windturbinen, Festplatten, Kameras, Magnete sowie LEDs und Energiesparlampen sind nur einige Produkte, die Seltene Erden benötigen. Hinter diesem Begriff stecken 17 chemisch ähnliche Metalle, deren Vorkommen, wie ihr Name sagt, begrenzt ist. Zudem ist ihre Gewinnung oft aufwendig und umweltschädlich. Dennoch sind sie für viele moderne Anwendungen unentbehrlich, was Nachfrage und Preise in die Höhe treibt.
Auch die geografische Verteilung ist überschaubar und konzentriert sich in China. Die Entdeckung neuer Vorkommen von mehr als eine Million Tonnen im schwedischen Kiruna klingt zwar vielversprechend, wann und ob diese abgebaut werden, ist allerdings noch offen. Um wirtschaftliche Abhängigkeiten zu minimieren, steht daher das Recycling dieser Metalle im Vordergrund.
Mit diesem Thema beschäftigten sich auch Forscher der Hochschule Kaiserslautern und der Technischen Universität München, die in der Natur winzige Helfer gefunden haben. So können mehrere, bisher nicht untersuchte Bakterienstämme diese Metalle aus wässriger Lösung recyceln.
Bakterien: erneuerbar, sensibel und schnell
Das Forscherteam um den Münchner Professor Thomas Brück bestimmte dabei die Fähigkeit bestimmter Cyanobakterien, Metalle aufzunehmen, die sogenannte Biosorption. Die meisten dieser Bakterienstämme waren zuvor noch nie auf ihr biotechnologisches Potenzial hin untersucht worden. Sie stammen aus Lebensräumen mit extremen Umweltbedingungen wie den Wüsten Namibias, Natronseen im Tschad oder Felsspalten in Südafrika. Andere kamen aus verschmutzten Bächen in der Schweiz, heißt es auf der Website der TU München.
Wie die Wissenschaftler feststellten, können die untersuchten Cyanobakterien Mengen der Seltenen Erden adsorbieren, die bis zu zehn Prozent ihrer Trockenmasse entsprechen. Erstautor Michael Paper erklärt: „Die Biomasse aus Cyanobakterien weist einen hohen Anteil an Zuckerverbindungen auf, die negative Ladungen tragen. Diese ziehen positiv geladene Metallionen an, die so an die Biomasse gebunden werden.“
„Ein großer Vorteil ist außerdem, dass der Prozess reversibel ist“, ergänzt Prof. Brück. „Das bedeutet, wir können die Metalle auswaschen und die Biomasse wiederverwenden.“
Auch konnten die Forscher beobachten, dass die Biosorption von Seltenen Erden durch Cyanobakterien selbst bei niedrigen Konzentrationen der Metalle möglich ist – und ausgesprochen schnell geht. So wurde gelöstes Cer größtenteils innerhalb von fünf Minuten nach Beginn der Reaktion gebunden.
Saubere Abwässer lassen sich besser reinigen
In der Fachzeitschrift „Frontiers in Bioengineering and Biotechnology“ beschreiben die Forscher zudem Experimente mit den Seltenen Erden Lanthan, Neodym und Terbium. Diese kosten als Rohstoffe teilweise mehrere Tausend Euro pro Kilogramm. Andererseits gehen sie in Abwässern aus dem Bergbau und der Metallurgie oder beim Recycling von Elektroschrott bisher häufig verloren.
Wir „haben wir die Bedingungen für die Aufnahme von Seltenen Erden durch die Cyanobakterien-Biomasse optimiert und die wichtigsten chemischen Mechanismen für die Bindung dieser Erden charakterisiert. Diese Cyanobakterien könnten in Zukunft in umweltfreundlichen Prozessen zur gleichzeitigen Rückgewinnung von Seltenen Erden und zur Behandlung von Industrieabwässern eingesetzt werden“, hebt Prof. Brück die Vorteile hervor.
Die Effektivität der Biosorption hängt stark vom Säuregrad ab und funktioniere am besten bei einem pH-Wert zwischen fünf und sechs, so die Forscher. Eine weitere Rolle spielten „Verunreinigungen“ mit positiven Ionen anderer Metalle. Konkurrierten Zink, Blei, Nickel oder Aluminium um Cyanobakterien, sinkt die Ausbeute an Seltenen Erden.
Weitere Forschung und Versuche in einem größeren Maßstab sollen folgen, um die industrielle Anwendung der Ergebnisse voranzubringen.
Preise für Seltene Erden steigen weiter
Die Vorteile einer „Kreislaufwirtschaft“, in der alle Ressourcen recycelt und wiederverwendet werden, liegen auf der Hand. Günstiger werden Seltene Erden aber aller Voraussicht nicht, auch nicht mithilfe von Bakterien.
„Es ist zu erwarten, dass dieses System in naher Zukunft wirtschaftlich realisierbar sein wird“, prognostizierte Prof. Brück und ergänzte, „da die Nachfrage und die Marktpreise für Seltene Erden in den kommenden Jahren wahrscheinlich erheblich steigen werden.“
Mit anderen Worten, das Verfahren ist für den wirtschaftlichen Betrieb derzeit zu teuer. Erst weiter steigende Preise auf dem Weltmarkt machen diesen Nachteil mittelfristig wett und die Biosorption wettbewerbsfähig.
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