Corona-Impfung: Professor Hockertz warnt vor „Menschenexperimenten“

Neuer Impfstoff, unklare Nebenwirkungen und zu wenig Daten. Nie stand ein Impfstoff so sehr im Fokus von Forschern und der Öffentlichkeit. Die Ansprüche an einen Corona-Impfstoff sind hoch. Doch reicht die kurze Zeit aus, um eine Zulassung zu ermöglichen? Der Immunologe Professor Stefan Hockertz teilte seine Bedenken in einem Interview vor dem Corona-Ausschuss mit.
Von 8. Dezember 2020

Seit Monaten bemüht sich der Corona-Ausschuss um den Juristen Dr. Reiner Füllmich um die Aufarbeitung der Corona-Pandemie. In einem Gespräch mit dem Immunologen, Toxikologen und Pharmakologen Professor Stefan Hockertz ging es in einer am 6. Dezember veröffentlichten Anhörung um den neuen Corona-Impfstoff.

Erst vor wenigen Tagen wurde ein neuer COVID-19-Impfstoff von BioNTech und Pfizer  in Großbritannien zugelassen. Dies geschah, so Hockertz „interessanterweise in einem Land, was uns vor drei oder vier Wochen über eine öffentliche Ausschreibung bekannt gemacht hat, dass dort Computer und Server neu angeschafft werden müssen, um der Höhe und der Schwere der Nebenwirkungen, die zu erwarten sind durch eine solche mRNA-Impfung Herr zu werden“.

Die Behörden wissen sehr wohl, was da auf sie zukommt und trotzdem lassen sie es zu“, sagte der Toxikologe weiter.

Er habe grundsätzlich eine positive Haltung gegenüber Impfungen, die er für eine „der größten medizinischen Errungenschaften“ hält, sagte Hockertz gegenüber „Radio München“ und verwies dabei auf die Pockenimpfung. Seit über 30 Jahren beschäftigt sich der Mediziner mit der Arzneimittelentwicklung, steht in engem Austausch mit dem Paul-Ehrlich-Institut, das für die Zulassung neuer Impfstoffe zuständig ist, und berät auch Pharmabetriebe, die neue Impfstoffe entwickeln.

Gentechnik mittels Impfung

Bislang handelte es sich bei Impfstoffen um abgetötete oder abgeschwächte Viren oder Bakterien, die einen Menschen infizieren, sodass das Immunsystem bei einer Neuinfektion mit dem Erreger reagieren kann. Bei dem neuartigen mRNA-Impfstoff werde nun die genetische Information eines Virus über einen Transportmechanismus, ähnlich einem LKW, in die Zelle hineintransportiert, um dort abgelesen zu werden, so Hockertz weiter.

Mit der Entwicklung der Corona-Impfstoffe würden die Richtlinien der letzten 30 bis 40 Jahre nicht mehr eingehalten werden, erklärte Hockertz: „Es handelt sich hier nicht nur um Impfstoffe, sondern ganz neu um gentherapeutisches Material. Es werden uns Gene, Messenger-RNA zugeführt, die zudem noch künstlich ist. Also befinden wir uns, auch juristisch, auf der Ebene der Gen-Therapie“.

Für den Wissenschaftler ist es ein Rätsel, dass die Gen-Impfungen bei bestimmten Parteien keine Bedenken hervorrufen, hingegen aber gentechnisch veränderter Mais in Deutschland für große Bedenken sorgt.

Mais isst man, den spritzt man nicht, dieser Mais wird im Magen und im Darm verdaut zur Unkenntlichkeit, wir kommen damit so gut wie nicht in Berührung. Ganz anders jetzt. Da wir diese RNA nicht essen, sondern ungefiltert in unseren Körper gespritzt bekommen, wundert es mich doch sehr, dass genau die gleichen Parteien, die gegen gentechnisch veränderten Mais gewettert haben, jetzt stillhalten und, mehr noch, diese Impfung propagieren.“

Die Nebenwirkungen einer solchen Impfung könnten vielfältig sein, so Hockertz. In einer Notsituation, „in der wir uns zwar nicht befinden, aber die uns die Politik einredet“, dürfe man bei der Impfstoffentwicklung teilweise bei den durchzuführenden Studien die Phase-III-Bereiche verkürzen.

Allerdings habe man nach Hockertz Ansicht weder eine Phase I noch eine Phase II vernünftig durchgeführt, noch etwas im präklinischen Bereich gemacht. „Und das ist das eigentliche Verbrechen: Man geht sofort in den Menschen, in eine verkürzte Phase III.“ Es seien frühzeitige Auswertungen durchgeführt worden, anstatt ein Ende der Studie abzuwarten.

Aufgrund der Neuartigkeit der Impfung könne man auf keine vergleichbaren Daten zugreifen, gibt der Experte zu bedenken. Normalerweise dauere es etwa vier bis viereinhalb Jahre, bis ein neues Impfprinzip unter den Aspekten von Toxikologie und Pharmakologie geprüft wurde.

Tierversuche – Menschenexperimente

Hockertz erklärt das normale Vorgehen bei der Erforschung eines Impfstoffs: Am Anfang der Impfstofftests stehen Tierversuche. Dabei werde die Immunogenität, also die Immunantwort, bei den Tieren gemessen. Über einen Testzeitraum von 90 Tagen sammle man dabei Daten, die nach eineinhalb Jahren vollständig ausgewertet worden sind. Bei einem Test von 28 Tagen brauche man etwa ein halbes Jahr für eine Auswertung. Diese Tests müssten in einem Tier, das für derartige Tests geeignet ist, durchgeführt werden.

Erst im Mai habe man herausgefunden, dass ein geeignetes Tier das Frettchen sein könnte. Wenn man dann den Impfstoff an „vielen, vielen Tieren“ ausprobiert habe, müssten die Forscher Leber, Niere, Milz und das gesamte Gewebe betrachten, was „sehr aufwändig“ ist. Gleichzeitig müssen dabei auch die Funktionen, insbesondere die des Immunsystems, nachgewiesen werden.

„Das ist ja alles nicht gemacht worden“, kritisiert Hockertz. Definitiv lägen keine Toxdaten vor. „Das weiß ich aus zwei Gründen“, erklärt der Toxikologe. Zum einen habe er beim Paul-Ehrlich-Institut und auch BioNtech mehrfach dazu befragt und keinerlei Antworten erhalten. „Aber noch schlimmer: Die Firma Pfizer, die uns nämlich nicht anlügt – und das muss man auch mal ehrlich sagen – die hat mir deutlich mitgeteilt, dass sie „No data available yet“ [derzeit keine Daten verfügbar] schreiben.“

Auf der einen Seite herrsche also Schweigen zu diesem Aspekt, auf der anderen Seite komme dazu die Bestätigung, dass tatsächlich keine Daten vorliegen. „Das heißt, wir machen Menschenexperimente, ohne über die Sicherheit des Produktes Bescheid zu wissen.“

Schweizer Behörde fordert weitere Daten vor Zulassung

Die Schweizer Medizinbehörde Swissmedic kritisierte am 1. Dezember, dass ihr wichtige Daten zu Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität des Impfstoffs fehlen. Claus Bolte, Leiter der Zulassungsabteilung bei Swissmedic, sagte bei einer Pressekonferenz am 1. Dezember:

Uns fehlen Daten zur Wirksamkeit der klinischen Studien und zu den wichtigen Untergruppen, die an diesen großen Studien teilgenommen haben.“

So wollte Swissmedic etwas über die bereits bestehenden Krankheiten der Personen wissen, die an diesen Studien teilgenommen haben. Da die Akzeptanz derart schnell entwickelter Impfstoffe ein hohes Maß an Vertrauen in Hersteller und Zulassungsbehörden darstelle, sei es wichtig, die Auswirkungen auf verschiedene Personengruppen sehr genau zu untersuchen. 

Für eine derartige Einschätzung erntete die Behörde Lob von Professor Hockertz. Auf Twitter schrieb er: „Respekt Swissmedic. Ihr habt Sachverstand.“




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