Tagebücher alter Seefahrer zeigen: Eisberge und Eisgebiete seit 300 Jahren unverändert

Wo der britische Entdecker und Seefahrer James Cook „Eisinseln“, „Eiseilande“ und „Eishügel“ im Südpolarmeer beobachtete, schwimmen auch heute noch Eisberge. Dass sie sich seither nicht verändert haben sei „faszinierend“, sagen Forscher, die die alten Tagebücher auswerteten.
Eisberge vor Grönland
Eisberge im Polarmeer.Foto: iStock
Von 6. Februar 2023


In den letzten 150 bis 100 Jahren sind die Temperaturen der Erde nachweislich gestiegen. Klimawissenschaftler warnen daher vor einer weiteren Erwärmung und ihren Folgen, einschließlich des Abschmelzens der Gletscher, Pole und Eisberge.

Insbesondere Eisberge scheinen von den Klimaveränderungen der letzten 300 Jahre jedoch unberührt. Sie treiben – damals wie heute – in den gleichen Gewässern. Das zeigt ein Vergleich historischer Aufzeichnungen der berühmten Seefahrer wie Edmond Halley, Lozier Bouvet, Edward Riou und James Cook mit modernen Satellitendaten.

Professor David G. Long von der Brigham Young University (BYU) erklärte dazu: „Wo sie [die alten Seefahrer] Eisberge sahen, sehen wir heute Eisberge; wo sie sie nicht sahen, sehen wir sie nicht.“ Mit anderen Worten: Große antarktische Eisberge sind heute in denselben Gebieten zu finden, in denen sie vor drei Jahrhunderten lokalisiert wurden.

Die Studie erschien Mitte Dezember im „Journal for Glaciology“.

Eisberge damals und heute

Darin zeigt Prof. Long mit zwei Kollegen von der NASA sowie der School of Oceanography der University of Washington, dass die alten Entdecker trotz ihrer rudimentären Hilfsmittel ihr Handwerk wirklich verstanden. Und sie bestätigten, dass sich die Eisberge seit mehr als 300 Jahren gleichbleibend verhalten haben, heißt es in der Pressemitteilung vom 10. Januar.

Nur wenige Tage später berichteten Forscher des British Antarctic Survey, dass sich ein rund 1.550 Quadratkilometer großer Eisberg vom Brunt-Schelfeis gelöst hat. Der Abbruch am 22. Januar wurde erwartet und habe „nichts mit dem Klimawandel zu tun“. Einen früheren Abbruch haben Forscher jedoch genau diesem zugewiesen. Die Auswertung alter Tage- und Logbücher stellt diese Einschätzung zumindest infrage.

Der jüngste Eisberg werde voraussichtlich wie sein Vorgänger entlang des antarktischen Küstenstroms abtreiben, einem Gebiet, in dem auch die alten Seefahrer regelmäßig Eisberge sichteten.

Die Uhr, die so viel kostete wie ein Viertel vom Forschungsschiff

Während heute Forscher und Interessierte mithilfe von Satelliten Eisberge von über all auf der Welt beobachten können, war dies vor dreihundert Jahren lediglich Seefahrern vorbehalten. Die Grundlage für die Studie bilden dabei die Beobachtungen von James Cooks Reisen von 1772 bis 1775.

Sie machen 95 Prozent der historischen Daten aus und entstammen der zeilenweisen Suche in seinem Tagebuch: „A Voyage Towards the South Pole, and Round the World“. Es stellte sich heraus, dass Cook, wenn möglich, seine Position zusammen mit seinen Eisbergbeobachtungen aufzeichnete, die er als „Eisinseln“, „Eiseilande“ und „Eishügel“ bezeichnete.

„Die alten Daten dieser Entdecker waren vielleicht nicht sehr gut, aber sie sind alles, was wir aus dieser Zeit haben – und sie sind gut genug“, erläutert Professor Long. „Er [Cook] nahm sich einige Tage frei. Manchmal schrieb er einfach ‚sah eine Menge Eis im Meer‘. Ich wünschte, es wäre ein bisschen besser, aber andererseits war es ziemlich einzigartig.“

Wie einzigartig die Aufzeichnungen sind, erklärt ein Blick auf die damaligen Methoden. Cooks Mannschaft nutzte eine spezielle Uhr in Kombination mit einem Sextanten, um den Längengrad und schließlich ihre Position zu bestimmen. Diese Larcum-Kendall-K1-Uhr kostete ein Viertel (450 Pfund) der 33 Meter langen „HMS Resolution“ (1.800 Pfund) – das Forschungsschiff, mit dem Cook seine Reise unternahm.

James Cooks Forschungsschiff im ewigen Eis. William Hodges (1773), Staatliche Bibliothek von New South Wales. Foto: public domain

Aufgrund des enormen Preises verlangte Cook, dass Kommandant, Oberleutnant und Bordastronom anwesend waren, wenn sie benutzt wurde. Zusätzlich zeichnete der Bordastronom ebenfalls Beobachtungen über Eisberge auf, was dazu beitrug, einige Lücken in Cooks Aufzeichnungen zu schließen.

„Gute Erinnerung, ein Tagebuch zu führen …“

Aus diesen und Aufzeichnungen weiterer Seefahrer des 18. Jahrhunderts erstellten die Forscher zunächst eine Tabelle. Anschließend zeichneten sie die Reisen und Beobachtungen auf einer Karte der Antarktis ein, die auch die modernen Eisbergdaten verschiedener Quellen enthält.

So fanden sie heraus, dass Cooks Beschreibung der Eisbergfahne östlich des Amery-Schelfeises in der Antarktis sowie die Verteilung der Eisberge im Weddell-, Ross- und Amundsen-Meer mit modernen Daten übereinstimmen.

Sie fanden auch heraus, dass weitere Eisbergspuren von Edmond Halley im Jahr 1700, Lozier Bouvet im Jahr 1739 und Edward Riou im Jahr 1789 mit modernen Beobachtungen übereinstimmen.

Satellitendaten von Eisbergen (rot= BYU/NIC, orange= Alfred-Wegener-Institut) und Beobachtungen alter Seefahrer stimmen überraschend genau (leere Kreise = kein Eis, kleine blaue Kreise = wenig Eis, große blaue Kreise = viele Eisberge). Foto: Martin et al. (2022); doi.org/10.1017/jog.2022.111

Laut Prof. Long erfassen die verwendeten modernen Datenbanken eher große Eisberge, die nicht so empfindlich auf Klimaveränderungen reagieren. Aus diesem Grund stelle die Studie nicht unbedingt eine Verbindung zu Fragen der globalen Erwärmung her. Aber das Ergebnis, dass sich die Eisberge zwischen den Jahren 1700 und 2000 nicht wesentlich verändert haben, sei „faszinierend“.

„Es ist der erste Vergleich einer Satelliten-Eisbergdatenbank mit Daten aus der Vormoderne, von dem ich weiß“, so Long weiter. „Ich war immer stolz darauf, dass meine Datenbank mehrere Jahrzehnte zurückreicht, aber hier gehen wir mehrere Jahrhunderte zurück […] Ich denke, es ist eine gute Erinnerung daran, ein Tagebuch zu führen. Man weiß nie, wie es in der Zukunft verwendet werden wird“, schließt der Professor.



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