Und sie hatten doch Recht – Chinin

Epoch Times2. März 2011

Wirkstoffe aus der Chinarinde, sogenannte Cinchona-Alkaloide, werden seit alters her in der Heilkunde verwendet. Prominentester Vertreter ist Chinin, ein bitterer Stoff, der in Getränken wie Tonic Water enthalten ist und in der modernen Medizin beispielsweise als Malaria-Mittel eingesetzt wird. Bereits 1945 hatten Robert Burns Woodward und William von Eggers Doering (Harvard University) beschrieben, wie sich Chinin im Labor nachbauen lassen könnte. Der letzte Schritt dieser „formalen“ Totalsynthese, eine von Paul Rabe und Karl Kindler bereits 1918 beschriebene dreistufige Reaktionsfolge, ist bis heute Gegenstand heftiger Kontroversen. Aaron C.Smith und Robert M. Williams von der Colorado State University (USA) haben das Rabe-Kindlersche Protokoll jetzt erfolgreich „nachgekocht“. Wie sie in einem Doering zum 90. Geburtstag gewidmeten Artikel in der Angewandten Chemie berichten, wiederholten sie die komplette Prozedur – ohne den Einsatz moderner Methoden.

Hatten sie’s oder hatten sie’s nicht, das war jahrzehntelang die Frage. Woodward und Doering veröffentlichten 1944 die Synthese von d-Chinotoxin. Aus einer 1918 von Rabe und Kindler beschriebenen Umwandlung von d-Chinotoxin in Chinin leiteten sie einen Anspruch auf die Totalsynthese von Chinin ab, hatten diesen letzten Schritt jedoch in den Arbeiten zu ihrer berühmten Veröffentlichung gar nicht nachgekocht. Ihre „formale“ Totalsynthese wurde stark angezweifelt und in 2001 von Gilbert Stork (Columbia University) gar als „Mythos“ abgetan.

„Chinin und Cinchona-Alkaloide spielen eine wichtige Rolle in der modernen Medizin. Daher ist es verwunderlich, dass noch keine Versuche veröffentlicht sind, die Rabe-Kindler-Umsetzung von Chinotoxin zu Chinin zu wiederholen,“ wundert sich Williams. Smith und Williams haben sich die alten Unterlagen durchgesehen, weitere Referenzen recherchiert und sich daran gemacht, die von Rabe und Kindler aufgezeichneten Versuchsanleitungen nachzuahmen – und zwar ausschließlich mit damals bereits zur Verfügung stehenden Techniken. Zunächts stießen sie auf Schwierigkeiten, die Ausbeute an Chinin war viel zu gering. Als Knackpunkt erwies sich das im letzten Reaktionsschritt als Reduktionsmittel eingesetzte Aluminiumpulver: Es darf nicht frisch sein, sondern muss bereits eine Weile an der Luft gealtert sein, damit ein wenig Aluminiumoxid entstehen kann. Dann klappt es auch mit dem Chinin in Ausbeuten, wie in den alten Veröffentlichungen beschrieben.

„Analytisch reines Chinon lässt sich daraus isolieren durch eine selektive Kristallisation der entsprechenden Tartratsalze, so wie Rabe das 1939 beschrieben hat,“ sagt Williams. „Damit haben wir die 1918er Veröffentlichung von Rabe und Kindler bestätigt. Diese Reaktionsfolge hätte theoretisch auch 1944 von Woodward und Doering nachgekocht werden können.“  (idw-online / sfr)

 

 



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