Als Hemingway das Ritz befreite

Titelbild
Hemingway-Statue im La Floridita, HavannaFoto: Bernd Kregel
Epoch Times18. August 2019

Ernest Hemingway liebte das Ritz. Er war noch ein armer, unbekannter Schreiberling, als er Ende der 1920er Jahre das Pariser Luxushotel an der Place Vendôme für sich entdeckte. Die Drinks in der Bar musste damals noch sein Freund und Kollege Francis Scott Fitzgerald für ihn bezahlen.

Während der deutschen Besatzung der französischen Hauptstadt trafen sich statt Literaten Nazi-Größen wie Hermann Göring und Joseph Goebbels in der Bar des Ritz. Offenbar eine unerträgliche Vorstellung für Hemingway: Ein französischer Widerstandskämpfer erzählte nach dem Krieg, der spätere Nobelpreisträger habe von kaum etwas anderem gesprochen, als „der erste Amerikaner in Paris“ sein zu wollen und „das Ritz zu befreien“.

Hemingway arbeitete Ende des Zweiten Weltkrieges als Kriegsreporter für das US-Magazin Collier’s. Er landete gemeinsam mit den US-Truppen in der Normandie und diente sich auch dem Geheimdienst als Freiwilliger an. Einen Monat lang pendelte er im Jeep zwischen den Fronten, knüpfte Kontakte zum französischen Widerstand, war mehr Kriegsteilnehmer als Reporter. Genau die Art von riskantem Einsatz, die der Romancier und Draufgänger liebte. Seine damalige Frau, Martha Gellhorn, nahm ihren Job als Kriegsreporterin deutlich ernster.

Dank seiner Kontakte zur US-Armee gelang es Hemingway, den französischen General Philippe Leclerc zu treffen. Hemingway bat ihn, er möge ihm genügend Männer überlassen, um gemeinsam mit ihnen schnurstracks nach Paris zu fahren und die Bar seines geliebten Hotels zu befreien. Doch Leclerc erteilte dem Schriftsteller eine Abfuhr.

Hemingway ließ sich nicht beirren: Am 25. August 1944, dem Tag der Befreiung von Paris, saß Hemingway in einem Jeep mit französischen Widerstandskämpfern und aufgesetztem Maschinengewehr. Als der Wagen vor dem Ritz vorfuhr, sprang Hemingway heraus und stürmte ins Hotel.

Der Manager Claude Auzello stellte sich ihm in den Weg. „Wo sind die Deutschen?“, fragte der Schriftsteller. „Ich bin gekommen, um das Ritz zu befreien.“ „Die sind schon lange weg“, antwortete der Manager. „Und mit der Waffe kann ich Sie hier nicht reinlassen.“

„Er trug Uniform und gab Befehle mit solcher Autorität, dass viele dachten, er sei ein General“, erinnerte sich Colin Field, der Chefbarkeeper des Ritz. Laut Hemingways Bruder Leicester durchsuchte der Schriftsteller mit seinen Männern den Keller, nahm zwei Gefangene und entdeckte zudem ein paar Flaschen besten Brandys. In den oberen Stockwerken und dem Dach fand die Truppe nichts als Leintücher, die im Wind trockneten. Vorsichtshalber – falls doch noch Deutsche hinter ihnen lauern sollten – durchlöcherten sie sie mit Kugeln. 51 Dry Martinis bestellte Hemingway an diesem Tag in der Bar des Ritz – die Rechnung blieb offen.

Hemingways eigenmächtige Aktion blieb seinen Vorgesetzten nicht verborgen. Einige forderten, ihn vors Kriegsgericht zu stellen, weil er als Kriegsreporter eine Waffe getragen hatte. Zur Anklage kam es nicht – auch, um dem US-Geheimdienst die Peinlichkeit zu ersparen. Später wurde der Schriftsteller sogar für seine Verdienste als Kriegskorrespondent geehrt. Auch das Ritz hat Hemingway verziehen: 1994 benannte es eine der Hotelbars nach ihm. (afp)



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