Antimikrobielle Nanofasern schützen altägyptische Papyri
Dem heutigen Stand der Technik entsprechend erfolgt nach einem Bakterien- oder Schimmelbefall von Textilien oder Büchern eine Behandlung im Autoklaven mit Ethylenoxid, einer abtötenden, giftigen Chemikalie, oder eine energiereiche Bestrahlung, zumeist mit γ-Strahlen. Gegen beide Verfahren gibt es wegen der Giftigkeit bzw. der radioaktiven Strahlenquellen beträchtliche Vorbehalte. Das erklärt den Bedarf nach einem leicht handhabbaren, ungiftigen und für den Bearbeiter ungefährlichen Verfahren.
Der ägyptische Chemiker M.Sc. Ashraf Asran erlernte im halleschen Institut für Physik (Allgemeine Werkstoffwissenschaften) eine Nanotechnologie zur Herstellung von Nanofasern mittels Elektrospinnen. „Nanofasern sind 100 bis 1000 Mal dünner als ein menschliches Haar und besitzen damit eine extrem vergrößerte Oberfläche bezogen auf das Volumen“, sagt Professor Goerg H. Michler vom halleschen Institut für Physik, der das Projekt wissenschaftlich begleitete. „Als Nanoteilchen können auch antibakteriell wirksame Partikel verwendet werden.“
Aufgrund seiner Herkunft und bestehender Kontakte zum National Research Centre in Kairo, einer führenden ägyptischen wissenschaftlichen Einrichtung, entwickelte sich die nahe liegende Idee, antimikrobiell ausgerüstete Nanofasern zum Schutz altägyptischer Kunstwerke einzusetzen.
Zur Ermittlung der antibakteriellen und fungiziden Wirkung der Nanofaserbeschichtung wurden Nanofasermatten mit unterschiedlichem prozentualen Gehalt von Silber-Nanoteilchen und Raschit (seit langem als fungizider Wirkstoff in der Konservierung und Restauration von Büchern und Handschriften eingesetzt) in Kulturen von Bakterien und Schimmelpilzen auf ihre Wirksamkeit geprüft. Die mikrobiologischen Untersuchungen fanden unter Leitung von Dr. Matthias Dürr am Institut für Hygiene der MLU statt. „Die Ergebnisse der Forschungsarbeiten zeigen, dass polymere Nanofasermaterialien durch Dotierung mit geeigneten Wirkstoffen in der Lage sind, das Wachstum von Mikroorganismen zu hemmen, die organische Substrate bedrohen“, fasst Michler zusammen.
„Damit erscheint es möglich, wertvolle kulturelle Überlieferungen auf Papyrus, Wolle oder Leder bereits vorab mit einer Schutzschicht gegen den Angriff von Mikroorganismen zu versehen und nicht wie bisher, erst dann konservatorisch tätig zu werden, wenn bereits Schäden an den häufig einmaligen Kunstwerken eingetreten sind“, betont Goerg Michler. Polymere Nanofasern können so dünn aufgesponnen werden, dass sie für den Betrachter unsichtbar bleiben und trotzdem ihre Wirksamkeit zum Schutz der antiken Kunstwerke entfalten.
Weitere Untersuchungen sind erforderlich, um die Haltbarkeit der Polymerbeschichtung, die Dauer der antimikrobiellen Wirkung und die Eignung des Verfahrens für verschiedene Kunstgegenstände unter Beweis zu stellen.
Außerdem gilt es zu prüfen, ob alle Keime, die Schäden an Büchern, Handschriften und tierischen Materialien wie Wolle oder Leder hervorrufen, von den hier erwähnten antimikrobiell wirksamen Substanzen erfasst und wirksam bekämpft werden können. „Gern würden wir die viel versprechende Zusammenarbeit mit unseren ägyptischen Partnern vom NRC und dem Ägyptischen Museum Kairo auf diesem ebenso spannenden wie herausfordernden Gebiet fortsetzen“, so Michler. (idw-online /sfr)
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