Erfolg auf der Leipziger Buchmesse – Autorin liest in Berlin am 16.3.: „Wenn das der Führer sähe“
Buchvorstellung der Schriftstellerin Jacqueline Roussety in der Max-von-Laue-Schule
Montag, 16. März 2015, Aula/Mensa 19.00 Uhr, Einlass 18.15 Uhr
Dürerstr. 27 12203 Berlin (Lichterfelde West)
Mit einem wahren Hammerschlag – einem Hitler-Zitat – beginnt die Autorin Jacqueline Roussety ihr Buch „Wenn das der Führer sähe“, das heute als eBook anlässlich der Buchmesse in Leipzig vom frankly Verlag freigeschaltet wird.
Meine Pädagogik ist hart. Das Schwache muss weggehämmert werden. In meinen Ordensburgen wird eine Jugend heranwachsen, vor der sich die Welt erschrecken wird. Eine gewalttätige, herrische, unerschrockene, grausame Jugend will ich. Jugend muss das alles sein. Schmerzen muss sie ertragen. Es darf nichts Schwaches und Zärtliches an ihr sein. Das freie, herrliche Raubtier muss erst wieder aus ihren Augen blitzen. Stark und schön will ich meine Jugend. So kann ich das Neue schaffen. Adolf Hitler
So weit, so schrecklich. – In ihrem Buch zeichnet die Autorin das Leben des Marinesoldaten Walter Gröger (1922–1945) nach. Walter Gröger wurde in den letzten Kriegsmonaten durch ein Urteil wegen angeblicher Fahnenflucht hingerichtet. Als Vertreter der Anklage fungierte der spätere Ministerpräsidenten Baden-Württembergs, Dr. Hans Karl Filbinger. Er bestätigte während des Verfahrens das Todesurteil und setzte sich auch als Leitender Offizier für die Vollstreckung ein.
Nach wenigen Zeilen spürt man schon, dass die Geschichte vom Leben und Sterben des Walter Gröger, welches die Autorin in Form eines historisch dokumentarischen Romans aufblättert, uns etwas angeht. Uns Deutsche und uns Nicht-Deutsche, die sich und andere verstehen wollen. Und nach wenigen Seiten entscheidet man schon, ob man diesen Blick auf die Entwicklung eines Schicksals vertiefen oder abwenden möchte.
Für die Kriegskinder und die Kriegsenkel
Deshalb möchte ich die Autorin weitgehend selbst zu Worte kommen lassen (Interview von 2014), denn es geht um ihr Anliegen und um die Frage ob wir es auch zu unserem machen wollen oder können.
Wir leben in einer Zeit, in der man schon wieder über Kriege redet und sie auch führt, als wären sie unvermeidlich. Und wir wollen immer noch nicht wahrhaben, wie lange die Wunden zweier Weltkriege in den Familien nachwirken oder bei Gelegenheit zur politischen Erpressung genutzt werden. Sind wir es nicht den Enkeln schuldig? Den Kriegsenkeln?
Eine bessere Begleiterin in diese deutsche Vergangenheit als Jacqueline Roussety wird man schwerlich finden. Ihre berührende aber klare Mischung aus Selbstreflexion, Betrachtung und Berichterstattung ohne Sensationsgier oder Larmoyanz, sucht ihresgleichen. Es ist, als hörte man sie sprechen und mit ihr und durch sie alle Gestalten, die in dem Buch erscheinen.
Lesen Sie selbst, zitiert aus dem zweiten Kapitel:
„Im Nachhinein sehen nicht nur die Historiker, sondern die gesamte Öffentlichkeit glasklar: Was dieses System anrichtete, gerade in den Familien und im Alltag, mündete „zwangsläufig“ in einen Jahrhundertkrieg mit mehr als 60 Millionen Todesopfern. …“
„Ich griff nun unter diesen 60 Millionen einen heraus, einen jungen Menschen, der eine Vergangenheit hatte, aber keine Zukunft bekam. Walter Gröger. Ein Sandkorn der Geschichte, so dachte ich mir. Demgegenüber stand ein Mann, der 93 Jahre alt werden durfte, immer gut gelebt hat, immer genügend Geld besaß, ohne Unterbrechung in der Politik tätig war – selbst nachdem er hatte zurücktreten müssen. Die Lebensläufe von Walter Gröger (1922–1945) und Dr. Hans Karl Filbinger (1913–2007) konnten nicht unterschiedlicher sein. Ihrer beider Begegnung im März 1945 zog für den einen eine „politische Affäre“ nach sich, für den anderen bedeutete sie den frühen, aus heutiger Sicht ungerechten Tod…“
„Folgende Frage musste ich – aus politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Aspekten – klären: Was hatte letztlich zu dem Skandal geführt, der den Sturz eines der einflussreichsten Männer der Bundesrepublik Deutschland zur Folge hatte? Und persönlich wollte ich verstehen lernen, weshalb ein Volk noch Jahrzehnte nach den fatalen Terrorjahren nicht aus seinen Fehlern lernen wollte, konnte oder durfte…“
„Hinterlässt nicht jedes einzelne Opfer tiefe Spuren in den Seelen der Angehörigen? Die Zurückgebliebenen müssen mit dem Tod eines lieben Menschen weiter leben. Den eigenen Tod stirbt man bloß, den eines geliebten Menschen jedoch muss man erdulden, mit sich nehmen und tragen wie einen schweren Koffer, den Rest seines Lebens.“
Sowohl Opfer als auch Täter?
„Walter Grögers Tod hatte der ehemalige Ministerpräsident Baden-Württembergs mit verschuldet: Dr. Hans Karl Filbinger, ehemaliger Marinerichter der Wehrmachtjustiz, der in der neu gegründeten Bundesrepublik eine Spitzenkarriere bei der CDU hinlegte. Wie so viele dieser „Blutsrichter“, wie Wissenschaftler diese Schergen im Nachhinein titulierten…“
„Dieses Buch soll verständlich machen, dass das bisschen Leben, das wir geschenkt bekommen, das kostbarste Gut ist. Und das Schönste ist doch, dieses Leben mit anderen Menschen in Liebe zu teilen.“
„Vielleicht mischt sich mein eigenes Wissen über jene Zeit in die Zeilen, vielleicht ertappen aber auch Sie sich dabei, liebe Leserin, lieber Leser, dass etwas Sie sehr vertraut anmutet. Es darf ruhig die Geschichte vieler Menschen sein, die auf der Strecke eines Lebens sowohl zum Opfer als auch zum Täter geworden sind; eine Geschichte, die nicht dem Vergessen anheimfallen soll.“
Die Rezensentin wünscht diesem Buch viele Leserinnen und Leser aus allen Schichten und aus allen Altersklassen. Abrufbar ist zunächst Band 1: Die guten Jahre / 298 Seiten / € 7,49 www.franklybooks.com
„Wenn das der Führer sähe“, Auszug Seite 264/265:
Mutter fuhr gerade mit dem Rad ins Dorf, als sie erstaunt die beiden alten Frauen wie besessen fortrennen sah: die eine humpelnd, die andere fluchend, wobei sie ihr Tuch, das ihr beständig von den Schultern rutschte, zusammenraffte. Mutter sofort hinterher. Von überall her gesellten sich andere aufgeregte Menschen dazu. Keiner wusste Genaueres, aber wenn die alte Anna lief, dann hatte das etwas zu bedeuten. Der Tross aufgeregter Menschen rannte den Hügel hinauf, jeder stellte die wildesten Vermutungen an. Einer aufgescheuchten Herde gleich.
Und dann stand da diese Limousine vor dem Pfarrhaus. Wie ein übles Insekt lauerte sie da, die Türen weit geöffnet, schwarz glänzend wie nasser Teer. Man konnte sich endlos, bis zur völligen Selbstauflösung darin betrachten. Staunend standen sie alle davor, betrachteten sich in dem Lack wie in einem polierten Spiegel und raunten einander zu, dass das nichts Gutes verhieß. Tatsächlich traten kurz darauf drei Männer mit finsteren Gesichtern und dunklen Ledermänteln aus dem Pfarrhaus. In ihrer Mitte der Pfarrer.
„Was glaubt ihr, wer ihr seid?“, brüllte Oma. „Wie könnt ihr´s wagen, Gottes Diener auf Erden einfach wie ein Viech abzuführen!“ Sie war außer sich.
„Oma Mühe, gib Ruhe! Es wird sich sicherlich alles aufklären!“, suchte der Pfarrer sie noch zu beschwichtigen.
Allgemeines Tuscheln und Stammeln hob an, aber keiner unternahm etwas. Wie hypnotisiert starrten alle auf diese Fremden, die unheimlich aussahen in ihrer schwarzen Kluft. Und im Hintergrund stand der Hans-Karl und grinste. Überall blinkten und prangten seine Abzeichen. Der Goldfasan kostete diesen Moment seines Triumphes sichtlich aus. Und über ihm wehte die Hakenkreuzfahne im Wind.
„Der Pfarrer Klaus Bredow wird in Schutzhaft genommen, da die Gefahr besteht, dass er von seiner Freiheit Gebrauch macht und sich gegen den nationalsozialistischen Staat und seiner Einrichtungen auflehnen würde“, sprach der Goldfasan, dann knallten seine Absätze zusammen, sein rechter Arm schwang sich nach oben und er brüllte: „Heil Hitler!“
Als Oma die Hand nach dem Pfarrer ausstreckte, wurde sie von den Männern unwirsch beiseite gestoßen; so heftig, dass sie hinfiel. Mutter stürzte auf sie zu und half ihr hoch. Der alten Frau liefen Tränen über die Wangen. Sie fuchtelte mit beiden Fäusten und konnte nur stammeln. Natürlich hatte die Gemeinde geahnt, dass der Pfarrer sich mit seinen politischen Attacken um Kopf und Kragen reden würde, aber nun, da der Moment gekommen war, schmeckte die Wahrheit bitter.
Mit harter Hand demonstrierte die Macht, dass auch in diesem hintersten Winkel des Landes niemand mehr seines Lebens sicher war. Und auch wenn es sie nicht offiziell gab, Blockwarte schienen nun auch unter uns zu weilen. Wir lebten in einer weitgehend kontrollierten und durch und durch beherrschten Gesellschaft. Menschen wie dieser Hans-Karl ließen einen die Existenz von Gestapo, Folter und Zuchthaus nie ganz vergessen.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion