Politologe: Die Figur des Selbstmordattentäters gab es im linken Terrorismus nie

Für den Politologen Kraushaar ist bei muslimisch geprägten Attentätern typisch, dass jeder von einem Anschlag getroffen werden kann. Der linke Terrorismus der RAF richtete sich hingegen gegen "Vertreter von Politik, Wirtschaft und Banken".
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Gegen den Terror: Besucher des Musikfestivals "Rock am Ring" halten in Nürburg vor der Bühne Schilder gegen Terrorismus hoch.Foto: Thomas Frey/dpa
Epoch Times3. September 2017

Der Politikwissenschaftler Wolfgang Kraushaar sieht eine ganze Reihe von tiefgreifenden Unterschieden zwischen dem terroristischem Vorgehen der RAF und demjenigen muslimisch geprägter Attentäter. Charakteristisch für Letztere sei beispielsweise die „Beliebigkeit der Opfer“. „Heute kann jeder von einem Anschlag getroffen werden, egal wo und wann.“

Dies sei auch ein Grund für die Terrorangst, die sich latent in der Gesellschaft ausbreite. Der Politikwissenschaftler verweist zudem auf die „grundsätzliche Unkalkulierbarkeit dschihadistischer Anschläge“ – und nicht zuletzt auf die „gigantisch angestiegene Zahl der Opfer“ solcher Attentate.

„Im linken Terrorismus hat es die Figur des Selbstmordattentäters nie gegeben“, erklärt der promovierte Politikwissenschaftler von der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur. 40 Jahre nach dem Herbst, der am 5. September 1977 mit der Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer durch die RAF begann, hätten sich die Bedrohungsszenarien grundlegend geändert.

RAF: Eliten und Funktionäre waren das Ziel

„Die Anschläge der RAF galten nicht der Bevölkerung“, unterstreicht Kraushaar. Vielmehr habe die RAF damals „Vertreter von Politik, Wirtschaft und Banken“ ins Visier genommen – also sogenannte Funktionseliten, wie Politologen und Soziologen sagen.

Damit sei die RAF dem Linksterrorismus zuzurechnen, als Untergruppe des politisch motivierten Terrorismus.

Ethnisch-nationaler und religiöser Terrorismus

Daneben unterscheidet der Wissenschaftler zwischen ethnisch-national geprägtem Terrorismus, zu dem beispielsweise die Volksfront zur Befreiung Palästinas gehörte – und damit auch das palästinensische Kommando, das im Deutschen Herbst die Lufthansa-Maschine „Landshut“ entführte.

Als dritte Hauptgruppe nennt Kraushaar den religiös motivierten Terrorismus, womit der Bogen unter anderem zu Gruppen wie Al Kaida oder der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) geschlagen wäre.

„Die RAF hat in den 28 Jahren von 1970 bis 1998 insgesamt 34 Menschen getötet“, sagt Kraushaar und betont zugleich, dass natürlich jedes dieser Verbrechen unermessliches Leid über die Opfer gebracht habe. Dennoch müsse zur Kenntnis genommen werden, dass weltweit „Zehntausende, wenn nicht Hunderttausende durch Dschihadisten zu Tode gekommen sind“. (afp)



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