Großbritannien: Polizisten mit Scharfblick schlagen KI

Während Künstliche Intelligenz und neue Technologien zur Gesichtserkennung weltweit Einzug auf den Polizeiwachen halten, setzt Großbritannien zusätzlich auf Beamte mit dem Superblick.
Polizisten bei einer Demonstration auf dem Londoner Trafalgar Square.
Polizisten bei einer Demonstration auf dem Londoner Trafalgar Square.Foto: Yui Mok/PA Wire/dpa
Epoch Times2. September 2023

Ihr Gedächtnis für Gesichter ist verblüffend, sie erkennen Menschen selbst auf unscharfen Fotos wieder. So genannte Super-Recogniser prägen sich Gesichtszüge mühelos ein.

Nur ein Prozent der Menschen habe diese angeborene Fähigkeit, „diese Superkraft“, sagt die Überwachungs-Expertin Tina Wallace von der Thames Valley Police westlich von London. Ihr Team begann 2017, Super-Recogniser zu rekrutieren, heute sind es etwa 20.

Eine von ihnen ist Alex Thorburn, die seit 17 Jahren bei der Polizei arbeitet. „Ich war schon immer gut darin, Gesichter zu erkennen. Also habe ich mitgemacht, als sie die Tests ausgeschrieben haben“, erzählt Thorburn. „Mir wurden zehn bis 30 Jahre Fotos von zehn Leuten gezeigt. Die musste ich dann inmitten der Menschenmenge in einem Einkaufszentrum finden. Und ich habe sie alle gefunden, obwohl sie ganz anders aussahen als auf den Fotos. Das war wirklich faszinierend.“

Das Expertenteam der Thames Valley Police wertet das Bildmaterial von Sicherheitskameras aus, ist aber auch vor Ort unterwegs. Bei der Krönung von König Charles III. im Mai mischte sich Thorburn unter die Schaulustigen vor Schloss Windsor. „Uns wurden viele Fotos von Menschen gezeigt, die von der Königsfamilie besessen sind. Unsere Aufgabe war es herauszufinden, ob jemand von ihnen da war und Schwierigkeiten machen könnte“, sagt die Polizistin. „Zum Glück ist alles gutgegangen.“

„Es ist eine billige und effektive Art der Verbrechensbekämpfung“, urteilt Mike Neville, der bei der Londoner Polizei vor Jahren das erste Team von Super-Erkennern zusammengestellt hat. Heute ist Neville im Ruhestand und leitet das Unternehmen Super Recognisers International, das sich selbst als „weltweit führend in der Menschenerkennung“ bezeichnet.

Einer der ersten großen Erfolge gelang den Londoner Spezialisten 2011 bei Ausschreitungen, die sich am Tod eines von der Polizei erschossenen Schwarzen entzündeten. Die Polizei sichtete damals 200.000 Stunden Videomaterial von Überwachungskameras. „Zwanzig Beamte identifizierten 600 Randalierer“, sagt Josh Davis, Professor für angewandte Psychologie an der Universität Greenwich, der auch für Super Recognisers International arbeitet. Ein einziger Polizist habe bei der Analyse der Bilder 180 Straftäter erkannt – darunter mehrere, die er nie persönlich gesehen hatte und deren Gesichter zum Teil verdeckt waren.

Unter anderem schickt die Thames Valley Police ihre Super-Recogniser an bestimmten Abenden vor Bars und Clubs, um polizeibekannte Sexualstraftäter aufzuspüren. „Wir setzen Beamte in Zivil ein, die auf ein bestimmtes Verhalten achten“, sagt Tina Wallace. Innerhalb von drei Jahren seien 520 Verdächtige festgenommen worden. „Zwei Fünftel der Festgenommenen waren zuvor bereits wegen Vergewaltigung oder schwerer sexueller Übergriffe verurteilt worden“, sagt Wallace.

Künstliche Intelligenz und Gesichtserkennungstechnologie entwickeln sich rasant. Die Super-Recogniser werden dennoch weiter gebraucht, ist Neville überzeugt. „KI funktioniert gut bei hoher Bildqualität und frontal aufgenommenen Bildern. Menschen sind besser, wenn die Qualität schlecht ist, wenn das Gesicht geneigt oder teilweise durch eine Sonnenbrille oder eine Maske verdeckt ist“, erläutert er.

Der pensionierte Polizist sieht KI und Super-Erkenner nicht als Konkurrenten: „Sie können zusammen eingesetzt werden“, sagt Neville. „Außerdem müssen KI-Identifizierungen nach britischem und EU-Recht vor einer Festnahme ohnehin durch einen Menschen verifiziert werden.“

Die Nachfrage nach Super-Recognisern wachse weiter, besonders bei der Polizei in Deutschland und in Australien, beobachtet Neville. Psychologe Davis hat einen Test für potenzielle Super-Erkenner ins Internet gestellt, bei dem maximal 14 Punkte gesammelt werden können. „Wenn Sie weniger als zehn oder zwölf Punkte erzielen, sind Sie kein Super-Recogniser“, sagt er. „Aber wenn Sie 14 erreichen, melden Sie sich bitte bei mir!“ (afp)



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