SERIE: 15 Irrtümer über Atomkraft – Teil 1

Teil 1: Uranreserven – Begrenzte Ressource ohne Zukunft Atomare Energiewirtschaft keine Alternative zu Erneuerbaren Energiequellen und zu Verbrauchsenkung.

Der russisch-ukrainische Gasstreit und stark steigende Öl- und Gaspreise haben jüngst deutlich gemacht, wie abhängig und gefährdet die fossile Energieversorgung

der Europäische Union ist. Atombefürworter rufen daher nun laut nach einem Ausbau der Atomkraft. Aber: Uran ist ebenso nicht unbegrenzt verfügbar. Und Uran macht ebenso importabhängig.

Uranproduktion

Die Reserven in Westeuropa sind verschwindend gering und nur unter höchstem

Kostenaufwand gewinnbar. 96 Prozent der globalen Uranreserven finden sich in nur zehn Staaten der Erde. Über die meisten wirtschaftlich nutzbaren Reserven verfügen dabei Kanada und Australien, die heute zusammen für ca. 45 Prozent der geförderten Mengen stehen, gefolgt von Kasachstan, Süd-Afrika und Brasilien. Außerdem finden sich noch nennenswerte Vorkommen in Brasilien, Namibia, Usbekistan, den USA, Niger und Russland. Auffällig ist, dass große Produzenten wie Australien, Niger und Namibia selbst über gar keine Atomkraftwerke verfügen.

Die Abhängigkeit von Rohstoff-Importen lässt sich mit der Atomkraft nich tlösen.

Europa bezieht seine Uranimporte hauptsächlich aus Kanada (21%), zu 32% aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion (Russland, Kasachstan, Usbekistan, Ukraine inkl. sekundärer Quellen wie Waffen-Uran und Lagerbeständen), aus Niger (17%) und Australien (16%).

Ein Blick in eine atomare Zukunft

Würden die derzeit diskutierten Ausbaupläne der Atomindustrie Wirklichkeit, wäre wohl mit einem baldigen Ende der Uranreserven zu rechnen. Derzeit beträgt der jährliche Uranbedarf ca. 65.000 Tonnen. Die Summe der „gesicherten und vermuteten“ Uranreserven wird mit 3,5 Mio Tonnen (bei einem Förderpreis bis zu 80 $/kgU) beziffert.

Die rechnerische Reichweite der Uranreserven, ausgehend vom derzeitigen Verbrauchsniveau, umfasst also ein halbes Jahrhundert.

In einem Szenario für 2030, das mit steigendem Stromverbrauch und einem Anstieg des weltweiten Atomstromanteils auf 50 Prozent rechnet, ergibt sich eine drastische Verknappung der Uranressourcen. Wenn die Atomstromerzeugung ab dem Jahr 2010 linear ansteigt und 2030 das 5-fache des derzeitigen Niveaus erreicht, dann würden bis 2030 etwa 4,5 Mio Tonnen verbraucht. Das wäre rund ein Drittel mehr als es an „gesicherten und vermuteten“ Uranreserven gibt. Die mit enormem Kostenaufwand gebauten Atomkraftwerke hätten dann aber bei weitem noch nicht das Ende ihrer Betriebsdauer erreicht. Das heißt, um auch nur näherungsweise die betriebswirtschaftlichen Kosten des Baus zu decken, müssten die Atomkraftwerke darüber hinaus noch viel länger betrieben werden, was ohne Rohstoff jedoch nicht möglich ist

Besonders bedenklich: Die scheinbare Energieschwemme, die die Atomkraft verspricht, fördert den Ausbau einer energieintensiven Infrastruktur in der Wirtschaft und rückt die eigentliche Waffe im Kampf gegen den Treibhauseffekt, die Energieeffizienz und die Erneuerbaren Energien, aus dem Blickfeld und zögert ihren Einsatz um Jahrzehnte hinaus. Kommt dann die Energieknappheit, müssen Privathaushalte, Staaten und Industrie radikal und unter hohen Kosten umsteuern.

Wiederaufbereitung – gescheiterter Lösungsversuch mit Bombengefahr

In Wiederaufbereitungsanlagen werden abgebrannte Brennelemente mechanisch und chemisch zerlegt, um Uran und das neu entstandene Plutonium zu separieren. Das Plutonium sollte dann als Brennstoff für „Schnelle Brüter“ verwendet werden, um auf diese Weise die begrenzten Uranreserven um den Faktor 60 zu strecken. Immer allerdings wurde dieses Konzept im Zusammenhang mit dem Bau von Atombomben mittels des gewonnen Plutoniums gesehen. Die Risiken des Konzepts liegen angesichts der Bedrohung nicht zuletzt durch den internationalen Terrorismus auf der Hand, Bemühungen um die weltweite Abrüstung und die Verringerung der weltweiten Atomwaffenarsenale sprechen klar gegen die Wiederaufbereitung.

Gleichzeitig ist die Aufbereitung aus Umweltsicht der gefährlichste und unfallträchtigste Schritt der nuklearen Brennstoffkette: Die Geschichte der Anlagen von La Hague (Frankreich) und Sellafield (England) zeigt, dass schon der „Normalbetrieb“ zu radioaktiver Verseuchung führt. Für La Hague wurde errechnet, dass 20-mal mehr Müll entsteht, als die ursprünglichen abgebrannten Brennelemente darstellten. Radioaktive Nuklide, die von beiden Anlagen ins Meer gepumpt werden (z.B. Technetium-99) sind noch an der norwegischen und grönländischen Küste nachweisbar. Hochproblematisch ist es auch, dass für die Anlieferung der Brennelemente und den Rücktransport der Reststoffe und Abfälle zahlreiche Transporte von und zu den Wiederaufarbeitungsanlagen nötig sind. Und mit jedem Transport steigen die Kosten, vor allem die Risiken einer radioaktiven Verseuchung durch Unfälle oder einen Terrorangriff.

Die Lösung: Erneuerbare Energien und Energieeffizienz

Die prognostizierten Energieverbrauchssteigerungen sind nicht unabänderlich: Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, Energie effizienter zu nutzen. Erneuerbare Energien aus Wind, Sonne, Wasser, Biomasse und Erdwärme sind tatsächlich heimische und damit sichere Energieträger. Verbunden mit Effizienzverbesserung und Stromeinsparung sind sie die umweltfreundliche und wirtschaftliche Lösung für die Energieprobleme der Zukunft.

Silva Herrmann, Energiereferentin GLOBAL 2000

Serien-Überblick

ROHSTOFF URAN

  • Teil 1: Begrenzte Uranressourcen – die Lüge von der unendlichen Atomkraft
  • Teil 2: Uranabbau – Rohstoff mit Umweltfolgen
  • Teil 3: Uran – Waffenfähiges Material in Zeiten des Terrors

DIE TECHNOLOGIE

  • Teil 4: Europas gefährlichste Reaktoren
  • Teil 5. AKW Temelin: Traurige Geschichte von 100 Unfällen
  • Teil 6: Milliarden Euro Steuergelder – Atomenergie kostet
  • Teil 7: Atomforschung kassiert – Erneuerbare bleiben auf der Strecke
  • Teil 8. Atomenergie kann das Weltklima nicht retten
  • Teil 9: Weltweite radioaktive Verseuchung
  • Teil 10: Atomstromimporte in atomfreie Staaten

ATOMMÜLL

  • Teil 11: Atomare Verseuchung in Österreich: Damals und heute!
  • Teil 12: Atommüllager rund um Österreich und weltweit
  • Teil 13: Atommülltransporte und Wiederaufbereitung
  • Teil 14: Die größten Atomunfälle: Von Hiroshima bis Tschernobyl
  • Teil 15: Tschernobyl-Tag: Die Opfer der Tschernobylkatastrophe heute


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