Steinadler: Risikofaktor Mensch

Projekt zum Schutz der letzten Steinadler Deutschlands
Titelbild
Steinadlerschutzprojekt Nationalpark BerchtesgadenFoto: J.Henkel/DeutscheWildtierStiftung.de
Epoch Times11. November 2005

In den aktuellen Roten Listen der gefährdeten Tierarten Deutschlands befindet sich der Steinadler (Aquila chrysaetos) in der Kategorie „stark gefährdet“, denn es überleben deutlich weniger Jungvögel als für eine langfristig stabile Steinadler-Population notwendig wären. Der größte Feind des imposanten Greifvogels, mit einer Flügelspannweite von bis zu 230 cm, ist heute der Mensch. Die immer intensivere Nutzung der Natur für Freizeit- und Sportaktivitäten und die damit verbundenen Störungen von Jagd- und Brutgebiet bedrohen den Bestand der Art.

Im einzigen Hochgebirgs-Nationalpark Deutschlands engagiert sich die Deutsche Wildtier Stiftung als neuer Partner des Steinadler-Schutzprojektes im UNESCO-Biosphärenreservat / Nationalpark Berchtesgaden (Bayern). Zu den gemeinsamen Zielen zählt der nachhaltige Schutz der dort lebenden 18 Brutpaare sowie ihres Lebensraums. Dazu soll die Steinadler-Population im ca. 2.000 km² großen Projektgebiet stabilisiert und der Brut-Erfolg langfristig gesteigert werden. „Ohne geeignete Schutz- und Fördermaßnahmen würde der wachsende Nutzungsdruck auf den alpinen Lebensraum zur weiteren Verlusten des Steinadler-Bestands führen“, so der Projektleiter Dipl. Biologe Ulrich Brendel.

Stress beim Jagen und Brüten

Trotz seines umfassenden Nahrungsspektrums, er ernährt sich von Säugetieren wie Hasen, Murmeltiere, jungen Gämsen aber auch Vögeln und Aas, hat der Steinadler mit existentiellem Nahrungsmangel zu kämpfen. Die Nahrungsbeschaffung ist langwieriger und insbesondere für die in der Jagd noch unerfahrenen Jungtiere oft sehr kräftezehrend geworden. Denn auch die Beutetiere erfahren durch den Menschen vermehrt Stress und werden in ihrem Lebensraum immer mehr beschnitten. Sie ziehen sich zurück, flüchten und sind damit auch für den Steinadler deutlich schlechter jagdbar.

Störungen der Horst-Bereiche durch Wanderer abseits markierter Wege, Gleitschirmflieger oder Hubschrauber in den Schutzzonen beeinträchtigen das Brutverhalten nachhaltig: wenn die brütenden Tiere, alarmiert den Horst verlassen, steigt die Gefahr, dass die Eier erkalten und die Reproduktionschancen sinken, so überlebten im Projektgebiet in diesem Jahr nur vier Jungvögel, bei 18 Brutpaaren.

In Bayern war der Brut-Erfolg bis Mitte der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts mit 0,18 flüggen Jungvögeln pro Paar und Jahr deutlich niedriger als in anderen Gebieten der Alpen.

Schutzmaßnahmen vor Ort

Der Maßnahmenkatalog des Steinadler-Schutzprojektes umfasst daher während der Brut-Saison die Überwachung und Kartierung der Brutpaare, der besetzten Horste und die Dokumentation von Veränderungen bei der Revierverteilung sowie der Zusammensetzung der Brutpaare. Da die monogam lebenden Steinadler abwechselnd verschiedene Horste nutzen, verlagern sich auch die „sensiblen“ Areale. Deshalb informiert die Nationalparkverwaltung nicht nur den Deutschen Hängegleiterverband über die aktuellen Horstkoordinaten, sondern kooperiert auch mit Hubschrauberverbänden, Bergwacht u.a., um Störungen in den Horst-Bereichen zu vermeiden. Die Analyse von Brut-Verlauf, sowie Siedlungsdichte und die Entwicklung des Beutespektrums (Monitoring) sind weitere Bestandteile der Arbeit. Projektbegleitende Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere mit Hilfe der Nationalpark-Infostelle Hintersee, aber auch Führungen im Rahmen des erfolgreichen Programms der Nationalparkverwaltung sowie die Einrichtung eines Winterfressplatzes im Klausbachtal machen die Steinadler für Besucher erlebbar und runden den Maßnahmenkatalog ab.

Indikator für den alpinen Lebensraum

Gegenwärtig besiedelt der Steinadler die bayerischen Alpen mit 45 Brutpaaren. Diese Population bildet gleichzeitig den gesamtdeutschen Bestand, da der „König der Lüfte“ innerhalb Deutschlands nur hier brütet. Der Steinadler ist eine Schlüsselart für „offene“ und „halboffene“ Lebensräume der Alpen. Veränderungen seiner Bestands- und Reproduktionssituation ermöglichen Rückschlüsse auf die Bedingungen einer Vielzahl anderer Tiere sowie den Zustand alpiner Ökosysteme.

Die gemeinnützige Deutsche Wildtier Stiftung mit Sitz in Hamburg wurde 1992 von Haymo G. Rethwisch gegründet. Ihr Ziel ist es, einheimische Wildtiere in ihren natürlichen Lebensräumen zu schützen und erlebbar zu machen. Mit einem Stiftungskapital von 45 Millionen Euro zählt die Deutsche Wildtier Stiftung zu den bedeutendsten Stiftungen für Natur- und Wildtierschutz in Europa. (sfr/idw-online)

Weitere Informationen: http://www.DeutscheWildtierStiftung.de



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion