Totalüberwachung beim Autofahren – Versicherer berechnen Tarif nach Fahrstil

„Ein moderner Golf sammelt heute fast schon mehr Informationen als ein Raumschiff“, sagt ADAC-Vizepräsident Ulrich Klaus Becker. Und viel zu viele Unternehmen haben daran Interesse.
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Die Technik macht's möglich: KFZ-Versicherer berechnen Tarife nach dem Fahrstil der Kunden.Foto: iStock
Epoch Times15. Juli 2015

Mehrere Versicherer haben in den vergangenen Wochen die Einführung sogenannter Telematik-Tarife angekündigt. Das heißt, das Auto kommuniziert ohne das Wissen des Fahrers mit der Versicherung und speichert u.a. das Fahrverhalten.

Dabei wird der Fahrstil, also beispielsweise das Beschleunigung- und Bremsverhalten, eines Versicherten aufgezeichnet, übermittelt und ausgewertet. Die Idee dahinter: Wer vernünftiger fährt, soll weniger bezahlen. Außerdem soll es im Falle eines Unfalls einen automatischen Notruf geben.

Aus den Daten lassen sich exakte Verhaltens- und Bewegungsprofile des Fahrers erstellen. Viele Firmen haben daran großes Interesse: der eigene Arbeitgeber, das Finanzamt, Versicherungen, Autowerkstätten, Fahrzeughersteller, Gesundheitsdienstleister. Vielleicht auch die Maut-Behörde und Geheimdienste.

Konkret ist das von folgenden Versicherungen bekannt:

– Die HUK-Coburg bestätigt, dass das Unternehmen derzeit entsprechende Aufzeichnungsgeräte testet.

– Die Allianz arbeitet in Italien schon seit Jahren mit Telematik-Tarifen und beobachtet die Entwicklung in Deutschland.

„Wir sind der Meinung, dass die deutschen Autofahrer einen Telematik-Tarif annehmen werden, sofern er die Datensicherheit der Kunden sicherstellt und deutliche Vorteile für die Zielgruppe bringt“, sagte Allianz-Vorstand Alexander Vollert. Die Allianz plant die Einführung der Tarife 2016.

S-Direkt, die Sparkassen Direktversicherung (in Zusammenarbeit mit O2) lässt die Daten einer Auto-„Blackbox“ von einem externen Dienstleister in einen Punktwert umrechnen und sinkt dieser, bezahlt der Autofahrer weniger.

– die Webseite Versicherungsbote.de nennt noch die VHV, Itzehoer sowie Axa, die im Herbst 2015 damit beginnen werden. Die Signal Iduna-Versicherung (Sijox) hat bereits eine „Pay as you drive“-Versicherung am Start, allerdings mit Fahrern unter 30 Jahren.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat daraufhin vor einer Totalüberwachung von Autofahrern durch Versicherungsunternehmen gewarnt. In einem Gastkommentar für das „Handelsblatt“ (Montag) schrieb Maas: „Weil Menschen die Freiheit behalten müssen, über ihr Verhalten selbst zu entscheiden, müssen sie über die Verwendung ihrer Daten autonom entscheiden.“

Maas war zuletzt für seine Zustimmung zur Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung von Netzaktivisten heftig kritisiert worden. Er stellt sich in seinem Beitrag nicht generell gegen diese Technologie. Er fordert jedoch die Einhaltung gewisser Regeln. Dazu gehört: Daten, die nur zur Steuerung im laufenden Verkehr gebraucht werden, sollen anschließend gleich gelöscht werden. Und: „Es muss immer einen Aus-Knopf geben“. (dpa/ks)



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