Proxima b: „ESPRESSO“ bestätigt lebensfreundliche Erde in kosmischer Nachbarschaft

In "nur" 4,2 Lichtjahren Entfernung liegt unser nächster kosmischer Nachbar, der Rote Zwergstern Proxima Centauri. Seit 2016 vermuten Forscher einen erdähnlichen Planeten als seinen Begleiter. Neueste Messungen bestätigen die Existenz von Proxima b – und lassen Bedingungen für mögliches Leben vermuten.
Titelbild
Künstlerische Darstellung der Oberfläche von Proxima b. Der erdähnliche Planet umkreist den Roten Zwergstern Proxima Centauri, jenen Stern, der unserem Sonnensystem am nächsten liegt.Foto: ESO/M. Kornmesser
Von 3. Juni 2020

Forscher der Universität Genf (UNIGE) haben die Existenz des extrasolaren Planeten Proxima b bestätigt. Messungen mit dem in der Schweiz gebauten Spektrografen „ESPRESSO“ zeigen zudem, dass der Planet eine Masse von 1,17 Erdmassen hat, sich in der bewohnbaren Zone seines Sterns Proxima Centauri befindet, 11,2 Tage für eine Umrundung seiner Sonne benötigt und möglicherweise nicht allein ist.

Zu diesem Ergebnis kommt ein Internationales Forscherteam unter Beteiligung der Universität Genf. Dank dem derzeit genauesten Spektrografen der Welt konnten die Forscher etwa dreimal genauer als mit vorherigen Geräten Messungen der Radialgeschwindigkeit durchführen.

Daten von HARPS, dem Vorgänger von ESPRESSO, zeigten bereits 2016 eine „geringe Störung in der Geschwindigkeit des Sterns“. Nach vier Jahren konnten die Forscher nun ihre Vermutung um einen möglichen kosmischen Begleiter bestätigen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie Ende Mai in der Zeitschrift „Astronomy and Astrophysics“.

„Unerhörte“ Genauigkeit: Forscher entdecken bereits mit dem ersten ESPRESSO hunderte Exoplaneten

„Wir waren bereits sehr zufrieden mit der Leistung von HARPS, das in den letzten 17 Jahren für die Entdeckung von Hunderten von Exoplaneten verantwortlich war“, sagte Francesco Pepe, UNIGE-Professor für Astronomie und Verantwortlicher von ESPRESSO. Alejandro Suarez Mascareño, Hauptautor der Studie, fügt hinzu: „Die Bestätigung der Existenz von Proxima b war eine wichtige Aufgabe, und es ist einer der interessantesten bekannten Planeten in der solaren Nachbarschaft.“

Die von ESPRESSO durchgeführten Messungen haben klargestellt, dass die Mindestmasse von Proxima b 1,17 Erdmassen beträgt – die vorherige Schätzung lag bei 1,3 – und dass er seinen Stern in nur 11,2 Tagen umkreist.

„ESPRESSO hat es ermöglicht, die Masse des Planeten mit einer Genauigkeit von mehr als einem Zehntel der Erdmasse zu messen“, sagt Michel Mayor. „Das ist völlig unerhört“ fügte der Nobelpreisträger für Physik 2019 und ‚Architekt‘ aller Instrumente vom Typ ESPRESSO hinzu.

Stellenweise flüssiges Wasser möglich

Obwohl Proxima b etwa 20 Mal näher an seinem Stern liegt als die Erde an der Sonne, erhält der Planet eine vergleichbare Energie wie die Erde. Das könnte bedeuten, dass seine Oberflächentemperatur ähnlich der Erde ist und dass Wasser, wenn es welches gibt, stellenweise in flüssiger Form vorliegen kann.

Ob tatsächlich Leben auf Proxima b existiert, hängt jedoch auch maßgeblich von der Existenz einer Atmosphäre ab. Tatsächlich ist Proxima Centauri ein aktiver Roter Zwerg, der seine(n) Planeten mit Röntgenstrahlen bombardiert. Diese Strahlung ist etwa 400 Mal stärker als das, was die Erde empfängt.

„Gibt es eine Atmosphäre, die den Planeten vor diesen tödlichen Strahlen schützt?“, fragt der für die Datenverarbeitung von ESPRESSO verantwortliche Forscher Christophe Lovis. „Und wenn diese Atmosphäre existiert, enthält sie dann die chemischen Elemente, die die Entwicklung des Lebens fördern (z.B. Sauerstoff)? Wie lange existieren diese günstigen Bedingungen schon?“

Mit der nächsten Instrumenten-Generation wollen die Forscher auch diese Fragen beantworten. Künftige Instrumente wie das, speziell für den Nachweis des von Proxima b ausgestrahlten Lichts gebauten, RISTRETTO-Spektrometer sowie Zusatzinstrumente des 39-m-Riesenteleskop ELT der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile sollen dabei helfen.

Doch die Forscher beschäftigt noch eine weitere Frage.

Komische Überraschung: Gibt es einen zweiten Planeten?

Das Team hat in den Daten Hinweise auf ein zweites Signal gefunden, ohne die definitive Ursache dafür feststellen zu können. „Wenn das Signal planetarischen Ursprungs wäre, hätte dieser potenzielle andere Planet, neben Proxima b, eine Masse von weniger als einem Drittel der Masse der Erde“, sagte Professor Pepe. Damit wäre er der kleinste Planet, der jemals mit der Radialgeschwindigkeitsmethode gemessen wurde, erklärt er weiter.

Außerdem weist der Leiter des ESPRESSO-Projekts daraufhin, dass, obwohl der 2017 in Betrieb genommene ESPRESSO-Spektrograf noch in den Kinderschuhen steckt, diese ersten Ergebnisse bereits ungeahnte Möglichkeiten eröffnen.

Die Entdeckung des ersten extrasolaren Planeten durch Michel Mayor und Didier Queloz, beide UNIGE, ebnete den Weg für eine rasante Entwicklung. Im Jahr 1995 wurde der Gasriese 51Peg b mit dem ELODIE-Spektrografen mit einer Genauigkeit von 10 Metern pro Sekunde (m/s) entdeckt.

ESPRESSO misst bereits heute mit 30 cm/s. Nach einer weiteren Anpassung soll die Messgenauigkeit auf 10 cm/s steigen. Vielleicht, so die Forscher, ist es dann möglich, Welten zu erforschen, die uns an die Erde erinnern.

(Mit Material der Universität Genf)



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