Schwarzes Loch: Neue Bilder zeigen glühenden, flauschigen Ring und rasanten Materiestrahl

Die Weite des Universums birgt unzählige Geheimnisse, einem sind Astronomen etwas näher gekommen. Mit einem Teleskop von der Größe der gesamten Erde haben sie erstmals ein Schwarzes Loch mitsamt Materiestrahl in einem Bild festgehalten.
Materiestrahl von einem Schwarzen Loch
Dieses Bild zeigt zum ersten Mal den Materiestrahl und den Schatten eines Schwarzen Lochs.Foto: ESO | R.-S. Lu (SHAO), E. Ros (MPIfR), S. Dagnello (NRAO/AUI/NSF) (CC BY 4.0)
Von 7. Mai 2023

Die meisten Galaxien beherbergen ein supermassereiches Schwarzes Loch in ihrem Zentrum, das dafür bekannt ist, Materie in seiner unmittelbaren Umgebung zu verschlingen. Allerdings können sie auch gewaltige Materiestrahlen, sogenannte „Jets“, ausstoßen, die über die Galaxien hinausreichen, in denen sie leben. Zu verstehen, wie Schwarze Löcher solche gewaltigen Jets erzeugen, ist eine seit Langem bestehende Herausforderung in der Astronomie.

„Wir wissen, dass Jets aus der Umgebung von Schwarzen Löchern ausgestoßen werden“, sagt Ru-Sen Lu vom Shanghai Astronomical Observatory (China), „aber wir verstehen immer noch nicht ganz, wie das eigentlich passiert. Um dies direkt zu untersuchen, müssen wir den Ursprung des Jets so nah wie möglich am Schwarzen Loch beobachten.“ Das neue, erst kürzlich veröffentlichte Bild, zeigt genau das zum ersten Mal.

Penible Vorbereitung enthüllt …

Im Jahr 2017 haben Astronomen das erste Bild von einem Schwarzen Loch aufgenommen. Dies gelang mit mehreren Radioteleskopen weltweit, die so positioniert wurden, dass sie wie ein einziges Teleskop von der Größe unseres Planeten wirken. Dieses Netzwerk aus Teleskopen konzentrierte sich schließlich auf M87* – das Schwarze Loch im Zentrum der nahe gelegenen Galaxie Messier 87.

Das Ergebnis konnte sich sehen lassen: Die Aufnahmen enthüllten einen sehr dünnen leuchtenden Ring um das dunkle Zentrum, der den ersten sichtbaren Schatten eines Schwarzen Lochs darstellt.

Ein Jahr später haben Astronomen ihren Blick neu ausgerichtet, um eine neue Schicht von M87* zu erfassen. Dafür machte sich das Team erneut ein globales Netz von Observatorien (das „Global Millimeter VLBI Array“) zunutze, um das Schwarze Loch in einem größeren Ausschnitt zu erfassen. Hierfür richteten die Forscher die Teleskope auf das superheiße, glühende Plasma, das das Schwarze Loch umgibt.

16 Teleskope für ein Schwarzes Loch

Zur Aufnahme des Bildes war ein Netzwerk aus 16 Radioteleskopen weltweit notwendig. Foto: Helge Rottmann, MPIfR (CC BY 3.0)

Ein heißer, flauschiger Pfannkuchen

Auf den neuen Bildern zeigt sich dieses als ein dicker, flauschiger Ring, der 50 Prozent größer ist als der beobachtete Ring aus dem Jahr 2017. Damit konnten Astronomen erstmals sehen, dass ein Teil des Rings des Schwarzen Lochs aus dem Plasma einer umgebenden Akkretionsscheibe besteht – einem wirbelnden Pfannkuchen aus weiß glühenden Elektronen. Dieser wird nach Schätzungen des Teams auf Hunderte Milliarden Celsius aufgeheizt, wenn das Plasma mit nahezu Lichtgeschwindigkeit in das Schwarze Loch strömt.

Die Bilder zeigen auch Plasma, das aus dem zentralen Ring austritt. Laut den Wissenschaftlern könnte es sich dabei um den Teil eines relativistischen Jets (eine Art Materiestrahl) handeln, der aus dem Schwarzen Loch herausschießt. Die Wissenschaftler verfolgten diesen Ausstoß zurück in Richtung des Schwarzen Lochs und beobachteten zum ersten Mal, dass die Basis des Strahls mit dem zentralen Ring verbunden zu sein scheint.

„Dies ist das erste Bild, bei dem wir genau bestimmen können, wo sich der Ring im Verhältnis zu dem mächtigen Strahl befindet, der aus dem zentralen Schwarzen Loch austritt“, sagt Kazunori Akiyama, Entwickler der Software zur Visualisierung des Schwarzen Lochs. „Jetzt können wir damit beginnen, Fragen wie die Beschleunigung und Erwärmung von Teilchen und viele andere Rätsel rund um das Schwarze Loch tiefer zu ergründen.“

Erweitertes Auge

Um Bilder von M87* aufzunehmen, verwendeten die Astronomen eine Technik aus der Radioastronomie, bei der Radioschüsseln auf der ganzen Welt ein an der Erde vorbeiziehendes Radiosignal auffangen können. Die Wissenschaftler können dann den Zeitpunkt, an dem jede Schüssel das Signal aufzeichnete, und die Entfernung zwischen den Schüsseln bestimmen und diese Informationen so kombinieren, dass das gleiche Signal von allen Schüsseln gleichzeitig gesehen wird.

Nur wenn jedes Radioteleskop auf eine bestimmte Frequenz eingestellt ist, kann sich das Netzwerk auf ein bestimmtes Merkmal des Radiosignals konzentrieren. Das GMVA-Netzwerk wurde auf 3 Millimeter eingestellt – Bei dieser Auflösung könnte ein Betrachter in Berlin erkennen, was die Urlauber auf Gran Canaria auf dem Teller haben.

Damit dies möglich war, mussten die Forscher jedoch das „Auge“ ihres Teleskopnetzwerkes mit dem Grönland-Teleskop und dem ALMA-Teleskop in der Atacama-Wüste Chiles nach Norden und Süden erweitern. Zuvor gehörten etwa ein Dutzend Teleskope in einer Ost-West-Anordnung zu dem Netzwerk.

„Diese beiden Teleskope als Teil des globalen Netzwerkes zu haben, verbesserte die Detailgenauigkeit erheblich“, so die beteiligte Astrophysikerin Lynn Matthews.

Das Radioteleskop-Observatorium „Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array“ (kurz ALMA) in Chile. Foto: ESO/B. Tafreshi (CC BY 4.0)

Exakte Abstimmung auf Schwarzes Loch

Am 14. und 15. April 2018 begannen die Astronomen mit der Ausrichtung und Abstimmung aller Teleskope auf die Radiosignale, die aus der Richtung der Galaxie M87 kamen. Anschließend verwendeten die Wissenschaftler verschiedene Algorithmen zur Bildverarbeitung, um die erhaltenen Daten in Bilder umzuwandeln.

Die daraus resultierenden Aufnahmen zeigen mehr Plasma, das das Schwarze Loch umgibt, in Form eines größeren, flauschigeren Rings als in früheren Aufnahmen sowie Plasma, das aus dem zentralen glühenden Ring nach außen strömt.

Aufbau eines Schwarzen Lochs

Der Aufbau eines Schwarzen Lochs. Foto: ts/Epoch Times nach ESO (CC BY 4.0)

„Das Spannende ist, dass wir immer noch ein Schattenmerkmal des Schwarzen Lochs sehen, aber wir beginnen auch, einen ausgedehnteren Strahl zu sehen“, so Akiyama. „Damit ein Plasma bei dieser Wellenlänge Licht aussenden kann, muss es sehr aufgeheizt sein, sodass sich jedes Teilchen im Plasma fast mit Lichtgeschwindigkeit bewegt. Die Teilchen werden also auf relativistische Geschwindigkeiten beschleunigt. Und wir sehen, dass sich dieser Strahl im Fall von M87 über eine wirklich große Fläche ausdehnt und bewegt.“

Die Astronomen hoffen, künftig weitere Eigenschaften des Plasmas des Schwarzen Lochs zu bestimmen, wie etwa sein Temperaturprofil und seine Zusammensetzung. Durch die Beobachtung von M87* in verschiedenen Wellenlängen können sie dann ein mehrschichtiges Bild erstellen und ein detaillierteres Verständnis von diesem und anderen Schwarzen Löchern und ihrer Jets gewinnen.



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