Studie: Plasmajets aus aktiven Galaxien bringen Teilchen auf extreme Energien

Die größten Teilchenbeschleuniger des Universums sind vermutlich noch weitaus größer als gedacht. Forscher vermuten, dass die Plasmajets von Schwarzen Löchern über mehrere tausend Lichtjahre wirken und die Teilchen weit jenseits des Vorstellbaren beschleunigen.
Plasmajets Schwarzer Löcher wirken vermutlich über Tausende Lichtjahre als Teilchenbeschleuniger.
Künstlerische Darstellung eines Schwarzen Lochs mit Akkretionsscheibe und Plasmajet.Foto: NASA/JPL-Caltech
Epoch Times17. Juni 2020

In aktiven Galaxien ist die Beschleunigung von Teilchen offenbar nicht auf die Umgebung von deren zentralen Schwarzen Löchern beschränkt, wie das Deutsche Elektronensynchroton (Desy) am Mittwoch in Hamburg mitteilte. Vielmehr erstreckt sich die Beschleunigung wohl über tausende Lichtjahre – nämlich über die gesamte Länge der Plasmajets, die aus diesen Galaxien ins All hinausschießen, wie Forscher schreiben. Damit seien dies die größten „Teilchenbeschleuniger des Universums“.

Die neuen Erkenntnisse verändern das Verständnis davon, welche maximalen Energien durch die Beschleunigungsprozesse in den Jets erreicht werden können. Das internationale Team mit mehr als 200 Mitgliedern aus 13 Ländern berichtet über seine Messungen mit dem Gammastrahlenobservatorium H.E.S.S. (High-Energy Stereoscopic System) in Namibia im Fachblatt „Nature“.

An der Forschungsarbeit sind insbesondere das französische Forschungszentrum CNRS, das Max-Planck-Institut für Kernphysik und Desy in Deutschland sowie die Universität Innsbruck in Österreich beteiligt.

Plasmajets: Schneller als die (menschliche) Physik erlaubt

In den vergangenen Jahren ermöglichte die Beobachtung von Röntgen- und Gammastrahlen – also sehr energiereicher Lichtteilchen oder Photonen – grundlegend neue Einblicke ins Universum. „Diese Photonen stammen aus Systemen wie den supermassereichen Schwarzen Löchern im Herzen bestimmter Galaxien, die sich Materie einverleiben“, erläuterte der H.E.S.S.-Wissenschaftler Andrew Taylor von Desy, einer der Hauptautoren der Publikation.

Dort werden Elektronen auf enorme Energien beschleunigt, die in von Menschen gebauten Maschinen unerreichbar sind.“

In diesen aktiven Galaxien ist das zentrale Schwarze Loch von einer sogenannten Akkretionsscheibe umgeben. Darin sammelt sich Materie wie im Strudel eines Badewannenabflusses, bevor sie auf Nimmerwiedersehen hinabstürzt.

Ein kleiner Teil dieser Materie fällt jedoch nicht in das Schwarze Loch, sondern wird vorher abgezweigt. In Form zweier gigantischer Plasmajets schießen diese Teilchen senkrecht nach oben und unten weit aus der Galaxie hinaus. Da beschleunigte Elektronen im Plasmajet schnell an Energie verlieren, müssen sie dort kontinuierlich beschleunigt werden, um entlang der gesamten Jets zu existieren.

Gigantischer Teilchenbeschleuniger noch größer als gedacht

Mit den H.E.S.S.-Teleskopen beobachteten die Forscher die Radiogalaxie Centaurus A mehr als 200 Stunden lang mit unerreichter Auflösung im Gammastrahlenbereich. Radiogalaxien strahlen stark im Frequenzbereich der Radiowellen.

Detaillierte Analysen von Forschergruppen in Innsbruck und Paris ergaben, dass sich die Quelle der Gammastrahlung tatsächlich über mehrere tausend Lichtjahre erstreckt. Diese ausgedehnte Emission deutet darauf hin, dass die Teilchenbeschleunigung nicht nur in der Nähe des zentralen Schwarzen Lochs stattfindet. Stattdessen beschleunigt die gesamte Länge der Plasmajets, wie die beteiligten Gruppen in Heidelberg und Zeuthen bei Berlin darlegten.

Die größten Teilchenbeschleuniger im Kosmos sind demzufolge also noch viel größer als angenommen. Die Entdeckung weise darauf hin, dass vermutlich viele Radiogalaxien mit ausgedehnten Jets Teilchen auf extreme Energien bringen.

„Diese Entdeckung revolutioniert unser Verständnis der großräumigen Jets und bedeutet einen großen Schritt vorwärts für unser Verständnis der kosmischen Teilchenbeschleunigung insgesamt“, betonte Taylor.

Die Ergebnisse der Studie erforderten umfangreiche Beobachtungen und optimierte Analysetechniken. Das Observatorium der nächsten Generation, das Cherenkov Telescope Array, soll eine noch genauere Beobachtung dieser Phänomene ermöglichen. (afp/ts)



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