Großbritannien: Polizei befürchtet Gewaltwelle wegen explodierender Energiepreise

In Großbritannien bereitet sich die Polizei auf mögliche Unruhen und Armutsrevolten infolge der Energiekrise vor. Erinnerungen an London 2011 werden wach.
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Britische Polizei. Symbolbild.Foto: iStock
Von 18. September 2022

Am 6. September hat Boris-Johnson-Nachfolgerin Liz Truss ihr Amt als Premierministerin in Großbritannien angetreten, und schon jetzt steht sie unter Zugzwang. Wie mehrere Medien unter Berufung auf interne Quellen berichten, bereitet sich die Polizei auf eine mögliche Welle der Gewalt vor, die das Land heimsuchen könnte, wenn die Regierung keinen Weg zur Bändigung der Energiepreisentwicklung findet.

Häusliche Gewalt und sexuelle Ausbeutung als weitere Risiken

Wie die „Times“ berichtet, rechnen führende Beamte mit einer „Flutwelle“ an Gewaltverbrechen und öffentlichen Unruhen. Akte der Gesetzlosigkeit würden demnach vor allem dort zu befürchten sein, wo „das Ausnutzen finanzieller Verwundbarkeit“ eine Rolle spiele und Menschen durch die explodierenden Preise unter Druck gerieten.

Neben politisch motivierten Ausschreitungen könne es auch zu einer Zunahme von Verbrechen im Bereich der Gangkriminalität, der häuslichen Gewalt und der sexuellen Ausbeutung kommen.

Was die Verantwortlichen in der Exekutive besonders beunruhigt, ist, dass die Netzagentur Ofgem im kommenden Monat die Obergrenze für Energiekosten pro Haushalt um 80 Prozent auf 3.549 Pfund Sterling (etwa 4.084 Euro) anheben wird und sich heute schon 88 Prozent der erwachsenen Briten Sorgen um die Kosten für Gas und Strom machen.

Engpass an Speicherkapazitäten in Großbritannien selbst

Die gedrosselten Gaslieferungen der Russischen Föderation nach Europa über die Pipeline Nord Stream 1 beunruhigen auch die Menschen auf der Insel. Zwar ist die direkte Abhängigkeit Großbritanniens von russischem Erdgas vernachlässigbar, allerdings hat Großbritannien 15 Prozent seiner eigenen Gasversorgung auf den europäischen Kontinent geliefert. Dies geschieht nicht nur, um die dortige Gasknappheit zu lindern, sondern auch, um eigenes Gas aufzubewahren, für das es zu wenig Speicher auf der Insel selbst gäbe.

Eine Verschärfung der Situation würde die Briten vor die Notwendigkeit stellen, einen Rückkauf zu veranlassen, schreibt die „Daily Mail“. Dieser würde jedoch nur zu deutlich höheren Preisen stattfinden können, und es ist alles andere als sicher, dass die Europäer sich vor dem Hintergrund eigener Knappheit darauf einlassen werden, sofern es keine vertraglichen Vereinbarungen gibt.

Viele Städte und Gemeinden werden in diesem Jahr auf Weihnachtsbeleuchtung verzichten, und es ist sehr wahrscheinlich, dass eine Vielzahl an Privathaushalten ihnen dies gleichtun wird. In der zu erwartenden Dunkelheit und angesichts der prekären Situation vieler Haushalte befürchten Polizeieinrichtungen jedoch mehr als nur Einschränkungen der gewohnten Lebensqualität.

Zunehmende Neigung zur Korruption auch in der Polizei befürchtet

Einige Dienststellen bereiten sich darauf vor, dass nicht nur Straftaten aus finanzieller Not begangen werden, sondern dass auch mehr Kinder in Drogenbanden hineingezogen werden. Andere befürchten, dass Frauen Opfer von sexueller Ausbeutung werden könnten.

Es wird auch befürchtet, dass die Opfer häuslicher Gewalt ihren Partner seltener anzeigen werden, weil sie sich stärker auf die andere Person verlassen, schreibt die „Daily Mail“. „Die Krise der Lebenshaltungskosten wird es den Tätern noch leichter machen, Menschen zu manipulieren und zu kontrollieren“, erklärt Emily Spurrell, Kommissarin für Polizei und Kriminalität in Merseyside.

Eine größere finanzielle Anfälligkeit könne zudem „einige Mitarbeiter einem höheren Korruptionsrisiko aussetzen, insbesondere diejenigen, die in erhebliche Schulden oder finanzielle Schwierigkeiten geraten“, heißt es in einem internen Dokument weiter.

Großbritannien könnte in der EU um Energielieferungen fragen müssen

In dem Dokument wird auch eine Erwartungshaltung an die neue Premierministerin formuliert, ein „bedeutendes“ Paket zu schnüren, um die Auswirkungen der Krise zu lindern und die Kriminalität einzudämmen.

Sollten politische Schritte zur Linderung der Not unterbleiben, drohten „ähnliche Szenen wie 2011“. Damals wurden im Sommer des Jahres mehrere Städte des Vereinigten Königreiches von einer Welle der Gewalt heimgesucht, nachdem ein 29-jähriger Afro-Brite bei einem Polizeieinsatz erschossen worden war.

Aurora Energy Research schätzt, dass das Vereinigte Königreich in diesem Winter mindestens zehn Prozent seines Gases aus der EU importieren muss, um den Bedarf zu decken. S&P Global Commodity Insights prognostiziert hingegen, dass Großbritannien in diesem Winter ein Nettoexporteur in die EU sein wird, da weiterhin LNG-Lieferungen eintreffen werden. An einzelnen kalten Tagen werde das Land jedoch wahrscheinlich immer noch einige EU-Importe benötigen.



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