Selbst-Zensur: Beitrag der EU-Vertretung in China-Zeitung um Corona-Ursprung gekürzt

Die EU-Vertretung in Peking hat einen Gastbeitrag zum 45. Jahrestag der Aufnahme von Beziehungen zu China nur in der von Chinas Außenministerium erlaubten Fassung veröffentlicht. Die Streichung betraf zwei Satz-Passagen über den Ausgangspunkt der weltweiten Corona-Krise. Anschließend relativierte die EU die Selbst-Zensur mit anderen wichtigen zu publizierenden Aussagen.
Titelbild
Chinas Außenminister Wang Yi.Foto: JOHN THYS/AFP via Getty Images

Den Stein des Anstoßes lieferte ein den wahren Gegebenheiten entsprechender Teil eines Satzes in einem Gastbeitrag der 27 europäischen Botschafter und der EU-Vertretung in Peking in der englischsprachigen chinesischen Staatszeitung „China Daily“. Diese Worte bereiteten den Zensoren des Regimes derart Kopfzerbrechen, dass sie sogar die EU-Botschafter veranlassten, diese zu opfern.

Offenbar war diese einfache Wahrheit nach Ansicht der Kommunistischen Partei dem chinesischen Volk nicht zumutbar bzw. der allseits im Land propagierten Glorifizierung der Linksdiktatur abträglich.

Chinas KP im Kampf gegen die Wahrheit

Bei dem von der „China Daily“ zensierten Satz handelte es sich um folgenden Teil des Beitrags der EU-Vertretung:

Doch der Ausbruch des Coronavirus in China und seine anschließende Ausbreitung auf den Rest der Welt in den letzten drei Monaten hat dazu geführt, dass unsere bereits bestehenden Pläne vorübergehend auf die lange Bank geschoben wurden, da sowohl die EU als auch China voll mobilisiert sind, um sich einer Herausforderung von wahrhaft globalem Ausmaß zu stellen.“

(EU-Vertretung in Peking, 6. Mai 2020)

Original-Version, EU-Vertretung

Marking 45 years of EU-China diplomatic relations in a time of global crisis

(45 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen der EU und China in einer Zeit der globalen Krise)

Zensur-Version, China Daily

EU-China ties vital amid global crisis

(Die EU-China-Verbindungen sind in der globalen Krise von entscheidender Bedeutung)

As recently as mid-January, the year 2020 had been hailed as a crucial one for EU-China relations, with numerous high-level meetings aimed at deepening EU-China cooperation. But the outbreak of the coronavirus in China, and its subsequent spread to the rest of the world over the past three months, has meant that our pre-existing plans have been temporarily side-tracked as both the EU and China are fully mobilised to tackle what has now become a challenge of truly global proportions. However, we are currently rescheduling the annual EU-China summit, which was originally due to take place in Beijing in March, and plans for a special summit of leaders of EU Member States and China in Leipzig in September are on track. As recently as mid-January, the year 2020 had been hailed as a crucial one for EU-China relations, with numerous high-level meetings aimed at deepening EU-China cooperation. But the outbreak of the coronavirus in China, and its subsequent spread to the rest of the world over the past three months, has meant that our pre-existing plans have been temporarily side-tracked as both the EU and China are fully mobilized to tackle what has now become a challenge of truly global proportions. However, we are currently rescheduling the annual EU-China summit, which was originally due to take place in Beijing in March, and plans for a special summit of leaders of EU Member States and China in Leipzig in September are on track.

In dem englischsprachigen Artikel anlässlich des 45. Jahrestags der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen wurde der Part gestrichen, in dem China als das Land bezeichnet wurde, in dem das Coronavirus „ausgebrochen“ sei und „von wo aus es sich in den vergangenen drei Monaten im Rest der Welt verbreitet“ habe, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“ (Donnerstagausgabe) unter Berufung auf eigene Recherchen.

EU-Vertretung relativiert

Die EU-Vertretung habe laut einer Sprecherin des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell gegenüber China deutlich gemacht, dass sie „ernsthafte Bedenken“ gegen diese Vorgehensweise habe. Später erklärte die Sprecherin, dass man dies auch nur „mit erheblichem Widerwillen“ getan habe, es aber wichtig gewesen sei, andere Botschaften der EU – etwa zum Klimaschutz, Menschenrechten, Multilateralismus und zur weltweiten Bekämpfung von SARS-CoV-2 – publik zu machen.

Der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) verwies zudem darauf, dass etwa die Botschaften Deutschlands und Frankreichs, sowie die EU-Vertretung in Peking den Originaltext auf ihren Internetseiten veröffentlicht haben und ihn auch via Social Media verbreiten, berichtet die „SZ“ weiter. Allerdings fehlte auf den Websites ein Hinweis darauf, dass der Text in China nur zensiert erschienen war. Schließlich machte die Sprecherin noch klar, dass man sich weiter für Pressefreiheit in China einsetzen werde.

Der „SZ“ teilte der EAD mit, dass man bedauere, dass der Beitrag „nicht vollständig“ von „China Daily“ veröffentlicht worden sei. Die EU-Vertretung sei informiert worden, „dass die Publikation nur mit Zustimmung des chinesischen Außenministeriums“ möglich sei, und habe dazu „klipp und klar“ ihre Bedenken geäußert.

Der Preis der Leugnung

Die von der EU-Vertretung als wichtiger als die Wahrheit zur Corona-Pandemie erachteten „Botschaften“ waren dann im Text auch recht unausgewogen verteilt. Während dem „Klimawandel“ die kompletten letzten beiden Abschnitte des Textes gewidmet wurden, erwähnte man die Menschenrechte in China fast nur beiläufig in zwei Sätzen:

  1. „Obwohl wir unsere Differenzen haben, insbesondere in Bezug auf die Menschenrechte, ist unsere Partnerschaft reif genug geworden, um eine offene Diskussion über diese Themen zu ermöglichen.
  2. „Lassen Sie uns gemeinsam in intelligente und umweltfreundliche Lösungen für einen nachhaltigeren und gesünderen Planeten investieren, die den universellen Grundsätzen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte voll und ganz entsprechen.“

Ob diese schon ewig wiederholten und offensichtlich wirkungslosen diplomatischen Sätze es wert waren, dafür die Wahrheit des Ursprungs der Corona-Pandemie in 187 Ländern der Erde mit mittlerweile 3,7 Millionen Infizierten und über 260.000 Toten zu verleugnen, wird man sich ernsthaft fragen müssen, auch wenn die EU-Vertretung in Peking nur „mit erheblichem Widerwillen“ mit dieser Selbst-Zensur einverstanden war.

Der zahnlose europäische Löwe

„Das bedeutet nicht, dass wir Zensur als akzeptabel betrachten“, sagte ein Sprecher von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und verwies darauf, dass die Beziehungen zu China „komplex“ seien. Dies habe die EU-Kommission im vergangenen Jahr auch in ihrer Strategie zur Volksrepublik deutlich gemacht. Demnach sei China in einigen Bereichen „Partner“, in anderen „ein Wirtschaftskonkurrent“ und schließlich „ein System-Rivale“ mit Blick auf die Regierungsführung, so der EU-Sprecher, der damit den Ausdruck „Menschenrechtsverbrecher“ umging und ebenso die Tatsache, dass das Regime für den Tod von Zigmillionen Menschen verantwortlich ist.

Während der grüne EU-Politiker Reinhard Bütikofer das Vorgehen der EU-Vertretung als „einfach lächerlich“ bezeichnete, sprach Norbert Röttgen von der CDU noch etwas deutlicher und beklagte, dass der Text aller EU-Botschafter „großzügig“ die chinesischen Narrative übernehme „und dann stimmt die EU-Vertretung auch noch der Zensur dieses Textes zu!“, postete der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag auf Twitter und erinnerte: „Mit einer Stimme sprechen ist schön und gut, aber sie muss auch unsere Werte und Interessen widerspiegeln.“



Eine Buchempfehlung vom Verlag der Epoch Times

Viele bezeichnen ihr berufliches oder soziales Umfeld metaphorisch als „Schlachtfeld“ – doch für die KP China bedeutet es Krieg im wahrsten Sinne des Wortes. Diese Partei, die die Regierung Chinas stellt, vertritt den Grundgedanken der „uneingeschränkten Kriegsführung“: „Einfach ausgedrückt, Schwarzkopf [Oberbefehlshaber der multinationalen Streitkräfte des Golfkriegs] + Soros + Morris [Schöpfer des Morris-Wurm-Computervirus] + bin Laden? Das ist unsere wahre Karte, die wir ausspielen“, so zwei chinesische Oberste, die „Erfinder“ der „Uneingeschränkten Kriegsführung“.

Der Schlüsselpunkt dazu sind nicht unbedingt die unter Waffen stehenden Streitkräfte, sondern die „Generalisierung von Krieg“ für jeden chinesischen Landesbürger. „Uneingeschränkte Kriegsführung“ meint, dass „alle Waffen und Technologien nach Belieben eingesetzt werden können; was bedeutet, dass alle Grenzen zwischen Krieg und Frieden, zwischen militärischer Welt und ziviler Welt aufgebrochen werden.“

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