Chinesische Forscher: Coronavirus bereits seit Januar mutiert – Subtypen aggressiver und ansteckender

Der mutierte Subtyp (Typ L) scheint aggressiver und ansteckender zu sein als das ursprüngliche Virus (Typ S). Infizierte zeigen nicht nur Veränderungen der Lunge, sondern auch an Milz, Gallenblase, Leber und Nieren, Schleimhäute, sowie des Lymphsystems.
Von und 6. März 2020

Bei den im Fachjournal National Science Reviews veröffentlichten Untersuchungen von 103 Virusgenomen von Patienten aus Wuhan und anderen Provinzen fand das chinesische Forscherteam 149 Mutationen im Genom des Coronavirus. Dadurch teilten die Wissenschaftler das Virus zumindest in zwei eindeutige Subtypen ein. In ungefähr 70 Prozent der Fälle trugen die Infizierten bereits den mutierten Subtyp L in sich. Die übrigen Fälle wurden dem Subtyp S zugeordnet.

Weitere Analysen des Virusgenoms ergaben, dass Subtyp S die ursprüngliche Form des Coronavirus ist. Diese ursprüngliche Form zeigt sich weniger aggressiv als der mutierte Subtyp. „Es könnte sein, dass die Maßnahmen der Menschen zur Einschränkung des Virus den selektiven Druck erhöht haben, was ein möglicher Grund ist, warum Typ L viel ansteckender und aggressiver ist“, schrieben die Forscher in der Publikation.

Laut den Wissenschaftlern könnte es noch mehrere Subtypen geben. Sie raten dazu, dringend eine größere Zahl an Proben zu untersuchen und die klinischen Verläufe des ursprünglichen und mutierten Virus zu vergleichen und zu dokumentieren.

Berichte über zahlreiche pathologische Veränderungen

Am 4. März veröffentlichte das National Health Committee der Kommunistischen Partei Chinas Informationen über pathologische Veränderungen während der Infektion. Die Aufzählung enthielten laut der chinesischsprachigen Epoch Times, Veränderungen der Lunge, Milz, Gallenblase, Leber und Nieren, Schleimhäute, sowie des Lymphsystems.

Während die Lunge unter anderen Fibrosen zeigte, wurde die Leber durch die Infektion mit dem neuen Coronavirus stark vergrößert und gerötet, sowie die Gallenblase zu einem hohen Maß gefüllt. Die Nieren wiesen laut klinischen Berichten erhöhten Proteinkonzentration im Exsudat auf sowie eine Schädigung des Nierentubulus.

Die muköse Schutzschicht der Schleimhäute vom Mund, Magen- und Darm Bereich zeigen Einrisse oder ist stellenweise vollkommen zerstört. Die Folge davon können unter anderem Ödeme und Ulzerationen sein, was zur Schädigung der körpereigenen Barrieresysteme führt.

SARS-CoV-2 greift Zentralnervensystem an

Untersuchungen zeigten, dass der Virus bei mehreren Patienten auch in der Zerebrospinalflüssigkeit nachgewiesen werden konnte. Bei 30 Prozent von 214 mit dem neuartigen Coronavirus infizierten Patienten zeigten sich laut Forschern der Neurologischen Abteilung der Huazhong University of Science and Technology, neurologisch auffällige Symptome.

Dazu gehörten in der ersten Kategorie Kopfschmerzen, Schwindel, Verlust des Bewusstsein, Hirngefäßerkrankungen bis hin zu Schlaganfällen. In einer zweiten Kategorie dokumentierten die Forscher Beschwerden des peripheren Nervensystems, wie Verlust von Geschmacks- und Geruchssinn oder Nervenschmerzen.

Die Studie zeigte zudem, dass vor allem bei Patienten, bei denen die Infektion einen schweren Verlauf nimmt, das Zentralnervensystem betroffen ist. Welche Symptome den jeweiligen Subtypen des neuartigen Coronavirus zugeordnet werden können, ist Gegenstand zukünftiger Untersuchungen.

Kritische Haltung von Forschern der Universität Glasgow

Kurz nach der Veröffentlichung der Studie erschien ein kritischer Kommentar zu dieser Studie von Wissenschaftlern des Institutes für Virusforschung der Universität in Glasgow.

David Robertson, Professor und Leiter der Abteilung für Viral Genomics and Bioinformatics und sein Team kritisierten in drei Punkten die Durchführung und Interpretation der Studie. Kritikpunkte sind unter anderem die kleine Probandenzahl, die Auswahl der Analysemethoden sowie die „Überinterpretation“ der Daten. Anhand der Datenlage sei es nicht möglich, einen der Subtypen als „aggressiver“ einzustufen oder zu interpretieren, dass die gefundenen Mutationen Auswirkungen auf die Verbreitung des Virus hätten.

„Aufgrund dieser Schwachpunkte sind wir der Meinung, dass Tang et al. ihre Veröffentlichung zurückziehen sollten, da die Behauptungen nicht fundiert sind und dadurch riskiert wird, in dieser kritischen Zeit des Virusausbruchs gefährliche Falschmeldungen zu verbreiten“, schreiben die Forscher der Universität Glasgow.

Der Kommentar von Robertson und seinem Team erhielt bisher eine Antwort von Forschern aus Japan, die in ihren Untersuchungen jedoch ebenfalls auf Unterschiede in den viralen Genomen von Infizierten aus den USA, Taiwan und Japan hinweisen.

Zum jetzigen Zeitpunkt wurde die Publikation von Tang et al. noch nicht zurückgezogen und auch eine Stellungnahme der chinesischen Forscher ist ausständig.

Chinesisches Forscherteam hält an Daten fest

Nun reagierte auch Jian Lu, Korrespondenzautor der Studie Tang et al., auf der Plattform „Virological.org“.

Sie hält den veröffentlichten Daten über die Mutation von SARS-CoV-2 fest und argumentieren unter anderem, dass die Autoren MacLean et al., die Regeln der Populationsgenetik in ihrer Antwort nicht berücksichtigt hätten.

Lu kündigte an, dass sowohl ihr Forscherteam als auch das Team von David Robertson an der Universität in Glasgow, zugestimmt hätten den Austausch in Form von zwei vollwertigen Publikationen in dem Journal National Science News fortzuführen.

Der Editor des Journals hat dem bereits zugestimmt und bestätigt, dass für beide Artikel weitere Experten zur Beurteilung der Daten herangezogen werden.

Anm. d.Red: Der kritische Kommentar von Forschern der Universität Glasgow und die Reaktion des chinesischen Forscherteams wurde von uns im Artikel am 8. März ergänzt.

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