„Das Ende der europäischen Naivität“: EU will Auslandsinvestitionen künftig genau unter die Lupe nehmen
In Hinblick auf die Investitionen aus China hat sich die EU vorläufig auf eine Regel-Vereinbarung zur Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in Europa geeinigt.
Am Dienstag schlossen die Vertreter des Europäischen Parlaments und der 28 EU-Mitgliedstaaten die Vereinbarung mit der EU-Kommission in Brüssel ab. Zuvor gab es eine 14-monatige Beratungszeit.
Die EU-Kommission machte bereits im September 2017 den Vorschlag, ausländische Investitionen in Europa zu überprüfen. Der Grund: Auslandsinvestitionen in europäische Unternehmen, die kritische Funktionen in der Gesellschaft erfüllen, sollten verhindert werden. Diese Investitionen könnten „der Sicherheit und der öffentlichen Ordnung der EU oder ihrer Mitgliedstaaten“ schaden.
Reuters berichtete am Mittwoch: EU-Beamte wären wegen chinesischer Übernahmetransaktionen in Schlüsselbranchen wie Technologie und Automobil in Europa besonders alarmiert.
„Europa muss seine strategischen Interessen verteidigen. Dieser neue Rahmen wird uns dabei helfen. Wir müssen die Investitionen von ausländischen Unternehmen, die auf die strategischen Vermögenswerte Europas ausgerichtet sind, genau prüfen“, betonte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in einer Pressemitteilung.
Die neuen Regeln würden es der EU ermöglichen, Investitionen in kritischen Bereichen, einschließlich Energie, Kommunikation und Finanzinfrastruktur, sowie Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz, Robotik und Halbleiter genau zu überprüfen.
„Es wird das Ende der europäischen Naivität markieren“, sagte Franck Proust, Leiter des Parlament-Verhandlungsteam zu Reuters.
Alle Weltmächte – die Vereinigten Staaten, Japan und China – haben ein Verfahren zur Überprüfung. Nur Europa nicht.“
In den USA ist das Committee on Foreign Investment in the United States (CFIUS) für die Überprüfung der Auswirkungen auf die nationale Sicherheit bei Geschäften mit ausländischen Investoren zuständig. Es ist ein behördenübergreifender Ausschuss, der 1975 vom ehemaligen US-Präsidenten Gerald Ford eingerichtet wurde.
CFIUS wurde durch den vom US-Kongress im August verabschiedeten National Defense Authorization Act gestärkt. Mit dem neuen Gesetz wurde der Überprüfungsumfang des Ausschusses erweitert. Damit können nun Investitionen aus China in 27 sensible Industrien – einschließlich Halbleiter- und Flugzeugbau – eingeschränkt werden.
Die neuen vorgeschlagenen EU-Vorschriften nennen China nicht namentlich, aber die Beschwerden über Investitionen staatlicher chinesischer Unternehmen in der EU und über Technologietransfer sind klare Hinweise auf Peking.
Der EU-Vorschlag muss noch von den 28 EU-Mitgliederstaaten auf einer Sitzung am 5. Dezember abgesegnet werden. Frankreich, Deutschland und einige andere Länder unterstützen das Vorhaben. Es gibt aber auch eine Reihe von Ländern die sich dagegen ausgesprochen haben – darunter Zypern, Griechenland, Luxemburg, Malta und Portugal. Das EU-Parlament wird im Februar oder März 2019 über den Vorschlag abstimmen.
Chinesische Investitionen in bestimmten europäischen Ländern haben für Peking bereits Früchte getragen. Beispielsweise blockierte Griechenland im Juni 2017 eine EU-Erklärung, die die Menschenrechtsbilanz Chinas und sein Vorgehen gegen Aktivisten und Dissidenten kritisiert. Der Einfluss Chinas auf Griechenland ist groß. Der wichtige griechische Hafen Piräus ist mehrheitlich im Besitz der staatlichen chinesischen Firma COSCO-Shipping.
2017 erreichten Chinas ausländische Direktinvestitionen in Europa 65 Milliarden Euro. Das ist ein Anstieg von mehr als 2 Milliarden Euro seit 2010, berichtet das in Tokio ansässige Magazin The Diplomat unter Berufung auf Statistiken der Anwaltskanzlei Baker McKenzie.
Den EU-Gesetzgebern ist es gelungen, eine strengere Prüfung durchzusetzen. Dazu gehört die Verpflichtung der EU-Kommission Geschäfte mit ausländischen Investoren zu prüfen, zudem sind die EU-Länder zur Zusammenarbeit verpflichtet.
Die einzelnen EU-Länder sind dazu verpflichtet, andere EU-Staaten und die EU-Kommission darüber zu informieren, bevor eine Auslandsinvestition durchgeführt wird. Wenn ein Drittel der Mitgliedstaaten Bedenken hinsichtlich einer geplanten Auslandsinvestition äußert, ist die Kommission dazu verpflichtet, ihre Stellungnahme abzugeben.
Allerdings können mit den vorgeschlagenen Vorschriften nur die einzelnen EU-Länder und nicht die EU-Kommission die endgültigen Entscheidungen treffen, ob ausländische Investitionen aus Gründen der Sicherheit und des öffentlichen Interesses blockiert werden sollen.
Peking hat den europäischen Vorschlag bisher noch nicht offiziell kommentiert. Aber ein Leitartikel vom 21. November in der chinesische staatliche Tageszeitung Reference News behauptet: Chinas Investitionen in Europa seien „rein geschäftlich ohne politischen Ehrgeiz“. Der Artikel impliziert, dass die EU bei chinesischen Investitionen nicht wachsam sein müsste. (yz/so)
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