Eroberung Taiwans: Ein Ziel, das Xi Jinping niemals erreichen kann – Teil 2

Wird Xi Jinping wegen Taiwan in den Krieg ziehen? Vier Gründe sprechen dagegen. In diesem zweiten Teil des Kommentars geht es unter anderem darum, ob der mächtigste Mann Chinas auch tatsächlich so mächtig ist, wie er scheint.
Wird Xi Jinping wegen Taiwan in den Krieg ziehen?
Chinesische Soldaten marschieren am 30. Juli 2017 bei einer Militärparade auf dem Übungsplatz Zhurihe in der nördlichen Inneren Mongolei. Symbolbild.Foto: STR/AFP via Getty Images
Von 9. Januar 2023


Im ersten Teil dieses Kommentars wurden zwei Gründe aufgeführt, warum Chinas Staatschef Xi Jinping nicht in der Lage sein wird, Taiwan militärisch anzugreifen. Zum einen würde die Kommunistische Partei Chinas (KPC) ihren Zugang zu wichtigen Technologien verlieren. Diese benötigt das Regime, um seine Kontrolle und Macht im Land aufrechtzuerhalten. Zum anderen würde der Krieg die chinesische Wirtschaft zum Einsturz bringen. Ohne eine starke Ökonomie könnte die kommunistische Führung ihre Macht und Alleinherrschaft in China nur schwer legitimieren.

Es gibt noch zwei weitere wichtige Gründe: Xi Jinpings Machtsicherheit und die hohe Wahrscheinlichkeit, dass er den Krieg verlieren wird.

Xis Machtsicherheit

Eine militärische Invasion Taiwans würde bedeuten, dass Xi Jinping die modernsten Waffen an seine Streitkräfte aushändigen müsste. Auch das Kommando über die Armee müsste er an die Truppenführer abgeben. Dies ist für Chinas Staatschef kein ungefährlicher Schritt. Man wüsste nicht, auf wen die Soldaten ihre Gewehre richten würden, sobald sie die Waffen in die Hände bekämen. Diese Sorge ist nicht unbegründet.

Es ist weltweit bekannt, dass die KP Chinas am 4. Juni 1989 ein Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking verübte. Der damalige Parteiführer im Hintergrund, Deng Xiaoping, setzte 300.000 Feldsoldaten ein, um Studenten und Bürger, die Demokratie forderten, zu unterdrücken und anzugreifen. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich allerdings nicht mehr viele Studenten auf dem Tiananmen-Platz. Deng hätte theoretisch nur 10.000 Soldaten gebraucht, um dem Protest ein blutiges Ende zu setzen. Aber warum mobilisierte er 300.000?

Der Grund war simpel: Deng konnte nicht sicherstellen, dass die Truppen seinen Befehl auch tatsächlich ausführen, wenn er nur 10.000 Soldaten entsenden würde. Seine Befürchtung war, dass einige Soldaten sich mit den Studenten solidarisieren könnten und das Hauptquartier der KP-Regierung – Zhongnanhai – stürmen würden.

Mit 300.000 Streitkräften sah die Situation anders aus und er konnte unbesorgt bleiben. Deng hatte die Soldaten in verschiedene Einheiten aufgeteilt. Die Truppen wussten jeweils nicht, ob die anderen die Befehle ausführen würden. So ging jeder Truppenführer davon aus, dass er von den anderen Soldaten eingekreist und vernichtet werden würde, wenn er sich auf die Seite der Studenten stellte. Auf diese Weise dienten die verschiedenen Einheiten der gegenseitigen Abschreckung.

Deng war einer der Begründer der KPC-Armee. Während des Bürgerkriegs zwischen der KP Chinas und der Kuomintang verfügte die Kommunistische Partei über vier Feldarmeen. Deng Xiaoping war der Politkommissar der Zweiten Feldarmee.

Doch selbst mit seiner langjährigen Erfahrung und seinem hohen Ansehen in der Armee hatte Deng es nicht riskieren wollen, den Truppen einfach so die Waffen zu überlassen. Er musste ihre jeweiligen Interessen erkennen und das Zusammenspiel der Armeen berücksichtigen.

Politische Rivalen lauern

Xi Jinping hingegen genießt keine besondere Anerkennung beim Militär. Um so unbehaglicher müsste ihm zumute sein, wenn er eine noch größere Anzahl an Soldaten einsetzen und sie für den Angriff gegen Taiwan mit hochmodernen Waffen ausrüsten müsste.

Ein weiteres Gedankenspiel: Geht man nun von dem eher unwahrscheinlichen Szenario aus, die chinesische Invasion Taiwans gelänge. Xi Jinping würde dennoch nicht als Sieger hervorgehen. Am Ende würden es die Truppenanführer sein, die ein hohes Ansehen genießen würden. Mit den ihnen zur Verfügung stehenden Truppen verfügten die Generäle über genügend politische Macht, um Xi vom Thron zu stürzen. Solche Beispiele sind in der chinesischen Geschichte häufig zu finden. Xi dürfte damit vertraut sein. So wie jeder im Westen die Geschichte von Julius Caesar kennt, als er den Rubikon überschritt.

Der preußische Generalmajor Carl von Clausewitz sagte einst: „Der Krieg ist nicht bloß ein politischer Akt, sondern ein wirkliches politisches Instrument, eine Fortsetzung des politischen Verkehrs, ein Durchführen desselben mit anderen Mitteln.“

Ob Xi Jinping letzten Endes gegen Taiwan in den Krieg zieht, sei einmal dahingestellt. Wenn eine erfolgreiche Invasion jedoch den Weg für Xis neue politische Rivalen ebnet, was nutzt ihm eine Wiedervereinigung Taiwans überhaupt noch?

Xi Jinping kann den Krieg nicht gewinnen

Abgesehen davon kann Xi Jinping den Krieg nicht gewinnen. Das führt zum vierten Grund, warum Chinas Staatschef Taiwan nicht mit Militärgewalt erobern könnte. Wie „Bloomberg“ berichtet, hat das Zentrum für internationale und strategische Studien im August 2022 eine Reihe von Kriegsszenarien durchgeführt. Diese zeigen, dass die KPC Taiwan nicht übernehmen kann. Es sei denn, die Vereinigten Staaten greifen nicht in den Krieg ein und Japan bleibt neutral.

Dabei wurde die Korruption des KPC-Militärs nicht berücksichtigt. Während seiner Regierungszeit seit dem Jahr 2012 hat Xi Jinping eine Reihe von Generälen entlassen. Unter ihnen waren Admiral Guo Boxiong, Admiral Xu Caihou und Logistikminister Gu Junshan.

Klar ist: Die Korruption innerhalb des Militärs beeinträchtigt die Einsatzfähigkeit der Truppen und die Logistik. Die Befehlshaber der KPC wenden viel Energie auf, um ihren Vorgesetzten zu gefallen und ihre Karriere voranzutreiben. Sie konzentrieren sich viel mehr darauf, sich selbst zu bereichern, als sich mit einer zeitgemäßen Kriegsführung zu beschäftigen.

Selbst wenn Xi die Augen vor diesen Problemen verschließen würde, so sind sie den Beamten auf allen Ebenen des Militärs bekannt. Am 9. August 2021 enthüllte die „South China Morning Post“ einen internen Streit und zitierte dabei einen politischen Insider. Demnach hatte das Verteidigungsministerium die „Wolfskrieger“-Diplomatie des Außenministeriums stark kritisiert. Diese habe die demokratischen Länder verärgert. Der Streit zwischen den Ministerien soll sich vor den Augen des Staatschefs Xi Jinping abgespielt haben, so die Quelle.

Geht man davon aus, dass Xi Jinping die Wiedervereinigung Taiwans aus politischen Gründen anstrebt, wäre es demnach wahrscheinlich, dass er in einen Krieg zieht, den er mit Sicherheit verlieren wird? Bei einer Niederlage wird Xi selbst fallen. Wäre es nicht naheliegender, so zu tun, als sei er bereit, den Krieg zu führen, dann auf die Verzögerungstaktik zu setzen, um seine Regierungszeit zu verlängern?

Dr. Zhang Tianliang (Shujia Gong), ehemaliger Assistenzprofessor der George Manson University, ist Dekan der Abteilung für freie Künste und Wissenschaften an der New Yorker Feitian Academy und schreibt über Chinas Geschichte und Politik. Er schreibt für eine Reihe von Publikationen, darunter The Arts. Er ist ein beliebter Kolumnist der Epoch Times und leitender Kommentator des in New York ansässigen „New Tang Dynasty Television“ sowie Gastkommentator des chinesischen Dienstes von „Voice of America“. Er ist der Autor von „Chinas Weg zum friedlichen Übergang“.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: Invading Taiwan: A Goal Xi Jinping Can Never Achieve (redaktionelle Bearbeitung dl)

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion