Polizeichef von Shanghai entlassen – Beginn einer innerparteilichen Säuberungskampagne

Seit dem letzten Nationalkongress der Kommunistischen Partei Chinas im Jahre 2017 wurde kein hochrangiger KP-Politiker mehr entlassen. Nun trifft die Säuberungskampagne von Xi Jinping den Polizeichef in Shanghai. Experten vermuten, dass der Grund die Loyalität zum ehemaligen Parteichef Jiang Zemin und seinen Anhängern sein könnte.
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Ein Polizeibeamter hält in Shanghai Wache.Foto: WANG ZHAO/AFP über Getty Images lesen
Von 24. August 2020

Gong Dao‘an, Direktor des Shanghaier Polizeibüros und stellvertretender Bürgermeister der Stadt, wurde am 18. August entlassen. Damit ist er der erste Beamte Shanghais und der dritte Spitzenbeamte des Sicherheitsapparats des chinesischen Regimes, der in diesem Jahr gehen musste.

Schanghai ist als Hochburg einer politischen Fraktion bekannt, welche dem ehemaligen Führer der Kommunistischen Partei Chinas, Jiang Zemin, loyal ist. Jiang gilt als der wichtigste politische Rivale des derzeitigen Führers Xi Jinping.

Die parteiinterne Anti-Korruptions-Aufsichtsbehörde der Partei, die Zentralkommission für Disziplinarinspektionen (abgekürzt CCDI), kündigte am 18. August an: „Gong Dao‘an wird verdächtigt, ernsthaft gegen Vorschriften und Gesetze verstoßen zu haben, und wird derzeit polizeilich untersucht und überprüft“.

Nach dieser Ankündigung veranstalteten noch am selben Tag der Parteichef von Shanghai, Li Qiang und der Bürgermeister von Shanghai, Gong Zheng, zwei dringende Treffen mit hohen Parteifunktionären in Shanghai, um ihre Loyalität gegenüber Xi Jinping und ihr Vertrauen in die Zentralregierung zum Ausdruck zu bringen.

Der in den USA lebende Kommentator für China-Angelegenheiten Li Linyi analysierte, dass Gong Dao‘an dem ehemaligen Jiang-Loyalisten, Meng Jianzhu, sehr nahe stand. Meng ist der ehemalige Leiter der Kommission für politische und rechtliche Angelegenheiten. Die Kommission ist eine Parteibehörde, welche den Sicherheitsapparat des Landes, einschließlich Polizei, Gerichte und Gefängnisse, beaufsichtigt.

„Die Behörden des chinesischen Führers Xi Jinping ermitteln gegen Gong, um Meng Jianzhu ins Visier zu nehmen“, sagte Li.

Die steile Karriere von Gong Dao‘an

Gong war Direktor des Shanghaier Polizeibüros und sechster der acht stellvertretenden Bürgermeister von Shanghai. Der staatlichen „Xinhua“-Nachrichtenagentur zufolge begann Gong seine Karriere als Polizeibeamter in der Provinz Hubei und arbeitete sich in den Rängen nach oben.

Im Jahr 2010 wurde der 55-jährige Politiker zum stellvertretenden Direktor des Büros Nr. 12 befördert, der kriminalpolizeilichen Abteilung des chinesischen Ministeriums für öffentliche Sicherheit. Zwei Jahre später war er schon Direktor der Abteilung. Im Juni 2017 ernannte man Gong zum Direktor des Polizeibüros von Shanghai. Im Januar 2018 wurde er einer der stellvertretenden Bürgermeister von Shanghai.

Nachdem das CCDI seine Untersuchung von Gong angekündigt hatte, wurde sein Lebenslauf von der offiziellen Website der Stadtregierung von Shanghai entfernt. Die Aufsichtsbehörde gab keine Einzelheiten über Gongs mutmaßliches Fehlverhalten bekannt.

Als stellvertretender Bürgermeister von Schanghai behielt Gong den zweithöchsten Rang als Beamter auf Provinzebene innerhalb des bürokratischen Systems der Partei. Er ist der erste Beamte dieses Ranges in Shanghai, der seit dem Nationalkongress vor drei Jahren jetzt entlassen wurde.

Meng Jianzhu treibt doppeltes Spiel

Als Gong im Ministerium für öffentliche Sicherheit arbeitete, war Meng Jianzhu der Minister. Gong galt dem Minister gegenüber als loyal.

Der in Taiwan ansässige Kommentator für China-Angelegenheiten Chen Simin schrieb 2017 in einem Kommentar, dass Gong in Fälle verwickelt war, welche von Minister Meng geführt wurden.

Meng ist wiederum gegenüber dem ehemaligen Parteichef Jiang Zemin loyal. Als Xi Jinping im November 2012 die Macht übernahm, hat Meng im Rahmen einer breit angelegten Antikorruptionskampagne versucht, Beamte, die Jiang loyal gegenüberstanden, zu entlasten.

Dazu gehören der ehemalige Chef der Kommission für politische und rechtliche Angelegenheiten Zhou Yongkang, der ehemalige Parteichef der Stadt Chongqing, Bo Xilai, und der ehemalige stellvertretende Vorsitzende des obersten chinesischen Militärrats Guo Boxiong.

Im Gegensatz zu seinen Amtskollegen verließ Meng die Jiang-Fraktion und zeigte seine Loyalität gegenüber Xi Jinping im Februar 2012, als dieser an die Macht kam. China-Beobachter spekulieren jedoch, dass Meng ein doppeltes Spiel trieb und tatsächlich immer noch Jiang Zemin treu war. Meng ging 2017 in den Ruhestand.

Das Ziel ist, Jiangs Anhänger zu verhaften

In den vergangenen vier Monaten wurden zwei von Mengs Anhängern entlassen. Am 19. April kündigte das CCDI eine Untersuchung gegen Sun Lijun an, der verdächtigt wurde, „schwere Verstöße gegen die Parteidisziplin und das Gesetz“ begangen zu haben. Sun war Vizeminister Nr. 5 innerhalb des Ministeriums für öffentliche Sicherheit.

Am 14. Juni gab die CCDI die Entlassung von Deng Huilin bekannt. Deng Huilin war Direktor des Polizeibüros von Chongqing.

Eingeweihte aus der chinesischen Zentralregierung berichteten gegenüber Epoch Times im April, dass Sun an einem Putsch beteiligt war, um Xi zum Rücktritt zu zwingen. Die Epoch Times konnte diese Information nicht unabhängig verifizieren.

Der Kommentator Li Linyi analysierte, dass die entlassenen Spitzenpolitiker eng miteinander zusammengearbeitet haben, um Meng zu unterstützen.

„Ich glaube, dass [Xi’s] Ziel Meng Jianzhu ist. Er wendet eine ähnliche Strategie an wie bei der Untersuchung und Festnahme von Zhou Yongkang, bei der gegen die Anhänger der Zielperson ermittelt wird, um Beweise zu sammeln. Dann wird die Zielperson festgenommen“, sagte Li.

Landesweite „Säuberungskampagne“

Li analysierte, dass vermutlich demnächst gegen Zhao Fei ermittelt wird. Zhao, der derzeitige Direktor der Kommission für politische und rechtliche Angelegenheiten der Stadt Tianjin, ist ein weiterer wichtiger Verbündeter von Meng.

Im Juli war der Generalsekretär der Kommission Chen Yixin Gastgeber eines Treffens in Peking, um eine landesweite „Säuberungskampagne“ innerhalb der Behörde zu beginnen. Chen kündigte an, dass die Partei die Säuberungskampagne bis zum ersten Quartal 2022 abschließen wird – kurz vor dem 20. Nationalkongress, der alle fünf Jahre stattfindet, um die nächste Führungsriege der Partei festzulegen.

Der Originalartikel erschien in The Epoch Times USA (deutsche Bearbeitung von sza)
Originalfassung: Shanghai Police Director Sacked as Chinese Regime Targets Security Apparatus for Purge



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