FDP stürzt weiter ab, Wagenknecht mit viel Potenzial, große Sorgen über Lage im Nahen Osten
Wenn am kommenden Sonntag ein neuer Bundestag gewählt würde, wäre die Ampelpartei FDP hinterher nicht mehr im Plenum vertreten: Das aktuelle Umfrageminus von zwei Prozentpunkten im Vergleich zum Vormonat würde nur noch 4,0 Prozent für die Liberalen und damit deren politisches Aus auf Bundesebene bedeuten. Das geht aus der aktuellen Novemberausgabe des „ARD DeutschlandTrends“ hervor, den Infratest dimap im Auftrag der ARD erstellt hatte.
Die FDP musste damit seit der Bundestagswahl vom Herbst 2021 besonders viele Federn lassen: Mit 11,5 Prozent der Stimmen hatten die Liberalen um Christian Lindner damals fast dreimal so viele Wähler überzeugt.
Rot-Grün bei 30 Prozent
Nominell büßte die Kanzlerpartei SPD seither sogar noch mehr Zuspruch ein, nämlich 9,7 Prozentpunkte. Die aktuell konstant 16 Prozent der Sozialdemokraten würden selbst zusammen mit dem ebenfalls stabilen Koalitionspartner Grüne (14 Prozent; 2021: 14,8) nur noch für 30 Prozent genügen. Sieben von zehn Deutschen würden derzeit also anderen Parteien den Vorzug geben als jenen beiden, die zurzeit die Geschicke der BRD maßgeblich lenken.
Die mit acht Prozentpunkten Abstand klar stärkste Kraft wäre aktuell die Union aus CDU und CSU (30 Prozent, plus 2 Punkte), gefolgt von der „Alternative für Deutschland“ (AfD), die stabil bei 22 Prozent verharrt. Gäbe es keine von der Union verkündete „Brandmauer“ zur AfD, könnte ein schwarz-blaues Bündnis also mit Mehrheit regieren.
Die Linken könnten einen Prozentpunkt mehr als vor vier Wochen holen und wären mit 5 Prozent wieder im Parlament vertreten. Die Freien Wähler würden den Einzug mit derzeit drei Prozent nicht schaffen. Die Gesamtheit der noch kleineren Parteien büßte einen Prozentpunkt ein: Nur noch sechs Prozent der Wähler würden sich für eine solche Splitterpartei entscheiden.
29 Prozent Potenzial für Wagenknecht-Partei
Die noch zu gründende Partei der Politikerin Sahra Wagenknecht wurde bei der Sonntagsfrage diesmal noch nicht berücksichtigt. Dabei wäre ihre Wahl für 29 Prozent der insgesamt 1.314 Befragten zumindest eine Überlegung wert, wie ein weiterer Frageblock des „ARD Deutschlandtrends“ ans Licht brachte. Befragte mit Wohnsitz in Ostdeutschland sagten sogar zu 39 Prozent, sie könnten sich vorstellen, das frühere Zugpferd der Linken zu wählen – gegenüber nur 26 Prozent der Wähler im Westen.
61 Prozent der Wähler würden ihr Kreuzchen derzeit aber auf keinen Fall bei einem „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) machen – oder wie auch immer die Partei nach ihrer für 2024 angekündigten Gründung 2024 heißen wird.
Das größte Wählerpotenzial pro Wagenknecht gibt es im Lager der AfD-Anhänger: 55 Prozent von ihnen könnten sich vorstellen, an der Wahlurne zu wechseln, 40 Prozent lehnen das ab. Auch bei den Linken-Wählern besteht mit 40 Prozent ein hohes Wechselpotenzial. Für immerhin 19 Prozent der Unionsanhänger, 18 Prozent der SPD-Freunde und 13 Prozent der Grünen-Wähler käme die Wagenknecht-Partei grundsätzlich ebenfalls als Wahloption infrage.
Von jenen 29 Prozent, die zumindest damit liebäugeln, Wagenknecht ihre Stimme zu geben, wurde die „Enttäuschung von anderen Parteien“ von vier von zehn Befragten als Wechselgrund genannt. Um die Person ginge es nur 28 Prozent der potenziellen Wechselwähler.
Genau ein Viertel würde Wagenknecht wegen der aktuellen Migrationspolitik wählen. Andere mögliche Gründe wurden seltener bejaht: 18 Prozent nannten die „Wirtschafts- und Sozialpolitik“, jeweils elf Prozent die Außenpolitik oder den Wunsch nach „neuen Impulsen“. Wegen der Klimapolitik würden nur acht Prozent ins Lager Wagenknecht wechseln. Mehrfachnennungen waren möglich.
76 Prozent noch immer unzufrieden mit Ampel
Die Arbeit der Bundesregierung kann noch immer nur eine Minderheit überzeugen: Damit „zufrieden“ zu sein, sagten lediglich 22 Prozent der Wähler. „Sehr zufrieden“ ist offensichtlich so gut wie niemand mehr (1 Prozent). Dennoch bedeutet diese eine leichte Erholung für Scholz und Co: Im Vormonat hatten nur 18 Prozent entsprechend geantwortet.
Als „weniger zufrieden“ erklärten sich 36 Prozent (minus 3 Prozentpunkte). Die Zahl der „gar nicht“ Zufriedenen blieb mit 40 Prozent konstant. Am zufriedensten sind mit 53 beziehungsweise 51 Prozent die Wähler der Grünen und der SPD. Unter den Sympathisanten der Linken sind sieben von zehn Menschen alles andere als zufrieden, unter den Unionsanhängern sogar vier von fünf. Bei den Wählern der AfD sind beinahe alle (95 Prozent) unzufrieden.
Nahost-Konflikt: Starke Sorgen auch um palästinensische Zivilisten
Fast drei von vier Wählern (74 Prozent) gaben an, „stark“ oder „sehr stark“ vom „neu entbrannten Nahost-Konflikt“ bewegt zu sein. Bei Anhängern der SPD und der Grünen sagten dies sogar 89 Prozent. Unionswähler bekundeten zu 82 Prozent eine solche Betroffenheit, Linken-Wähler zu 78 Prozent, AfD-Anhänger zu 60 Prozent.
„Große“ oder „sehr große“ Sorgen machen sich 81 Prozent aller Befragten um die Geiseln der Hamas. Beinahe ebenso viele Menschen (78 Prozent) sorgen sich darum, dass der Konflikt sich auf die Nachbarländer ausbreiten könnte. Befürchtungen bezüglich des Wohlergehens der palästinensischen Zivilbevölkerung hegen 72 Prozent. Dass der israelischen Zivilbevölkerung etwas passieren könnte, treibt 65 Prozent der Wähler um.
Relativ gespalten ist das Meinungsbild bei der Frage, wer die Verantwortung für die Lage der Zivilbevölkerung im Gazastreifen trägt. Eine klare Mehrheit von 77 Prozent sieht zwar die „Terrororganisation Hamas“ eher oder „voll und ganz“ in der Verantwortlichkeit. Immerhin 57 Prozent aber schreiben das Israel zu.
Nach Angaben der „Tagesschau“ griff die israelische Armee seit Kriegsbeginn schon „mehr als 12.000 Ziele im Gazastreifen“ an. Mehr als 9.000 Palästinenser seien dabei getötet worden, so die „Tagesschau“ unter Berufung auf das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium im Gazastreifen.
Gut ein Drittel der Befragten (35 Prozent) ist der Ansicht, dass die militärischen Reaktionen Israels auf die Terrorattacken der Hamas vom 7. Oktober, bei denen „mehr als 1.300 Menschen getötet“ worden seien, „angemessen“ seien. Mit 41 Prozent glauben allerdings etwas mehr Leute, dass Israels Handeln zu weit gehe. Acht Prozent sehen das umgekehrt: Ihnen geht das Ausmaß der israelischen Gegenschläge nicht weit genug. Gut sechs von zehn Umfrageteilnehmern (61 Prozent) erklärten zudem, dass die militärischen Aktionen Israels „nicht gerechtfertigt“ seien, wenn die palästinensische Zivilbevölkerung davon betroffen sei. Genau ein Viertel der Befragten sieht das anders.
Gut die Hälfte befürchtet mehr Antisemitismus
Die Gefahr, dass sich Antisemitismus in Deutschland weiter ausbreiten könnte, sieht insgesamt „nur“ eine knappe Mehrheit von 52 Prozent – sieben Prozentpunkte weniger als noch vor vier Jahren. Damals hatte Infratest dimap laut „Tagesschau“ die gleiche Frage vor dem Hintergrund eines „rechtsextremen Anschlag[s] auf die Synagoge von Halle“ gestellt, bei dem zwei Menschen getötet worden waren.
Unter Grünen- (71 Prozent) und SPD-Anhängern (64 Prozent) ist die Befürchtung eines steigenden Antisemitismus in Deutschland stärker verbreitet als bei Wählern von CDU/CSU (56 Prozent), Linken (56) und AfD (40). Einzig unter den AfD-Wählern findet sich eine größere Gruppe von 46 Prozent, die nicht an eine Ausbreitung des Antisemitismus hierzulande glaubt. Bei der aktuellen November-Umfrage differenzierte das Infratest dimap aber nicht nach bestimmten gesellschaftlichen Gruppen, von denen die „Verachtung von Juden“ ausgehen könnte.
Das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap hatte eigenen Angaben zufolge 1.314 deutsche Staatsbürger online und per Telefon zwischen dem 30. Oktober und dem 1. November befragt.
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