Harte Kritik an politischer Ideologie der Grünen: Droht die Stromunterversorgung?

Stimmen aus FDP, CDU und CSU werden lauter, die in der Energiepolitik erhebliche Risiken für Deutschland sehen. Die Pläne der Grünen werden teils als ideologischer Irrweg angesehen, eine Expertin des DIW sieht jedoch kein erhebliches Risiko.
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In einem Monat werden die letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet. Unter ihnen Isar 2 in Bayern.Foto: iStock/captamotion
Von 15. März 2023

FDP-Vize Wolfgang Kubicki und Jens Spahn (CDU) üben offen Kritik an den Plänen, die AKWs im April stillzulegen. Befürchtet werden großräumige Stromausfälle, eine Versorgungssicherheit durch erneuerbare Energien wird stark bezweifelt. Es gibt auch Forderungen, dass der Rückbau der Atomkraftwerke ausbleiben solle. Es bahnt sich eine Debatte um den Rückbau an.

Im Oktober sprach Bundeskanzler Olaf Scholz ein Machtwort und entschied, dass die letzten drei Atomkraftwerke noch bis April laufen sollen. Ab dem 15. April ist Schluss mit der Atomkraft und die Kraftwerke werden stillgelegt.

Weiterbetrieb der Atomkraftwerke

Kubicki wünscht sich einen Weiterbetrieb der Atomkraftwerke und verweist auf den letzten Winter: „Wir hatten großes Glück, dass wir über den Winter die Kernkraftwerke hatten zur Stabilisierung unseres Netzes und Stromverbrauchs.“ Weiter sagt er: „Wir wären gut beraten, wenn wir das noch den nächsten Winter hätten.“ Das Risiko eines Blackouts müsse die Politik abwenden.

Und auch Spahn nennt es einen Fehler, „drei klimaneutrale Kernkraftwerke mitten in der Energiekrise abzuschalten“. „Die Kernkraftwerke sollten mindestens in der Reserve bleiben, damit man sie im Ernstfall zurückholen kann.“

Blackout – wahrscheinlich oder nicht?

Die Expertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Claudia Kemfert, hält einen Blackout für unwahrscheinlich. „Wir haben kein Versorgungsproblem“, sagt sie und meint, dass andere Komponenten den Strom, welchen Atomkraftwerke produzieren, problemlos ersetzten können. Derzeit produzieren Atomkraftwerke in Deutschland 11 Prozent des Stroms. Die erneuerbaren Energien tragen bei der Stromerzeugung einen Anteil von 52 Prozent.

Im Fokus der Diskussionen steht unter anderem, inwieweit weiterentwickelte Atomkraftwerke eine sichere Energieversorgung gewährleisten und gleichzeitig Bedingungen des Klimaschutzes erfüllen können. Das DIW ist der Meinung, dass alle derzeit diskutierten neuen Kernkraftprojekte „ökonomisch und technisch weder zukunftsfähig noch sinnvoll“ seien. Vor allem liege das an den hohen Kosten.

Zu beobachten ist, dass der Strombedarf konstant steigt. Es findet ein Ausbau der E-Mobilität statt und Autos benötigen mehr Strom für den Betrieb. Außerdem sollen Millionen Wärmepumpen nach den Plänen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sämtliche Öl- und Gasheizungen im Land ersetzen, was ebenfalls einen erheblich höheren Energiebedarf auslöst.

„Diese Pläne treiben den Stromverbrauch weiter nach oben und könnten am Ende zu einer Rationierung von Strom führen“, erklärt der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Den Grünen wirft Söder ein ideologisches Verbot von Kernenergie und Gasförderung vor. Die Partei bezeichnet er als Blackout- und Wohlstandsrisiko.

Netzbetreiber sollen Strom steuern

Die Deutsche Energie-Agentur äußerte aus aktuellem Anlass, dass der stetige Anstieg neuer Verbraucher die Stromnetze vor große Herausforderungen stellt. Demnach sei ein Netzausbau notwendig, der jedoch mit einem erheblichen finanziellen sowie zeitlichen Aufwand verbunden ist und zudem etliche Fachkräfte benötigt, an denen es momentan mangelt. 

Um Stromengpässe zu vermeiden, soll daher ab Januar 2024 ein Regelwerk für „netzorientierte Steuerung“ gelten. Nach der Neufassung des Energiewirtschaftsgesetzes kann die Bundesnetzagentur bundeseinheitliche Regelungen treffen, um Kapazitätsengpässe im Stromverteilnetz zu verhindern, einen sicheren Netzbetrieb zu erhalten sowie Engpässe und lokale Stromausfälle zu vermeiden. Konkret bedeutet das: Netzbetreiber sollen den Strombezug im Bedarfsfall künftig steuern können.

Die Regelung sieht vor, dass Betreiber nur temporär so viel steuern dürfen, wie unbedingt nötig. Als Gegenleistung erhalten Verbraucher einen pauschalen Rabatt auf das Netzentgelt.

Der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) schließt aus, dass Verbrauchern der Strom zu 100 Prozent gedrosselt werde. Es gebe Mindestgrenzen, die nicht unterschritten werden dürften. „Selbst der Ladevorgang eines E-Autos ist damit möglich, wenn auch mit reduzierter Leistung und damit längerer Ladezeit“, so der VDE.

Versorgungssicherheit garantieren

Die FDP verordnet die Lösung eines möglichen Versorgungsproblems in der Wirtschaft und nicht bei den privaten Haushalten. Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion im Bundestag, Lukas Köhler, warnt vor einem raschen Rückbau der drei noch am Netz befindlichen Atomkraftwerke in Deutschland und sagt:

Als FDP-Fraktion hätten wir uns bekanntlich auch eine etwas längere Laufzeit vorstellen können. Aber selbst wenn die Kernkraftwerke bald abgeschaltet werden, sollten wir mit dem Rückbau noch warten.“

Mit der Äußerung gibt die FDP den Widerstand gegen das Abschalten der Atomkraftwerke auf, sie hält sich aber eine Hintertür offen. Die Versorgungssicherheit bezeichnet Köhler als unverzichtbar. Es müsse sich auf alle Eventualitäten vorbereitet werden:

Falls es die Situation in Zukunft doch noch mal erfordert, müssen die Kraftwerke möglichst schnell wieder in Betrieb gehen können.“

Auch die umweltpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Judith Skudelny, meint, dass es im kommenden Winter noch einmal schwierig werden könnte. Ihrer Einschätzung nach sei es voraussichtlich erst im Frühjahr 2024 möglich, die russischen Energielieferungen in vollem Umfang zu ersetzen.

„Solange wir nicht hundertprozentig sicher sein können, dass wir gar nicht auf die Kernenergie zurückgreifen müssen, wollen wir, dass diese Kernkraftwerke zumindest im Grundsatz nicht zurückgebaut, sondern einsatzbereit gehalten werden“, so die Politikerin.

Kritik an Atomkraft auch in der EU

Nicht nur in Deutschland, auch in der EU mehren sich kritische Stimmen. So fordert die europäische Nuklearallianz die Förderung „neuer gemeinsamer Projekte“ sowie bereits existierender Atomkraftwerke. „Atomenergie ist eines der vielen Instrumente für das Erreichen unserer Klimaziele, für die Produktion der Strom-Grundlast und für die Versorgungssicherheit“, heißt es in der veröffentlichten Erklärung.



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