Nach drei Wochen „Hochdruck“: Faeser verhängt Verbote gegen pro-palästinensische Gruppierungen

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat ein Betätigungsverbot für die Hamas in Deutschland erlassen und die Auflösung des pro-palästinensischen Solidaritätsnetzwerks Samidoun bekannt gegeben. Die „humanitäre Hilfe“ für palästinensische Gebiete war zuletzt deutlich erhöht worden.
Von 35 pro-palästinensischen Kundgebungen in Berlin seit dem 24. Oktober wurde etwa die Hälfte untersagt - die Berliner Polizei betont aber, es werde jeder Einzelfall geprüft.
Archivbild: Seit dem 7. Oktober versammeln sich immer wieder pro-palästinensische Aktivisten in den deutschen Städten. Die Bundesregierung will einschreiten lassen, „sobald antisemitische Hetze droht“. Die Hamas und das Netzwerk Samidoun wurden nun wie angekündigt verboten.Foto: Sven Käuler/dpa
Von 2. November 2023

Nach der Regierungserklärung zu Israel durch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) konnten die radikalislamische Organisation Hamas und das pro-palästinensische Gefangenensolidaritätsnetzwerk „Samidoun“ in der Bundesrepublik noch rund drei Wochen lang legal weiter arbeiten. Nun aber sind ihren Aktivitäten Grenzen gesetzt: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat ein Betätigungsverbot für die Hamas erlassen und das Vereinsverbot von Samidoun bekannt gegeben.

Zur Begründung nannte das Bundesinnenministerium (BMI) seine Einschätzung, dass die Hamas sich „gegen den Gedanken der Völkerverständigung“ richte und zudem „erhebliche Interessen“ der Bundesrepublik beeinträchtige. Was den Verein Samidoun anginge, so befürworte dieser „Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung politischer Belange“. Außerdem unterstütze Samidoun „Vereinigungen, die Anschläge gegen Personen oder Sachen veranlassen, befürworten und androhen“.

Faeser: „Antisemitismus mit aller Kraft bekämpfen“

Ähnlich argumentierte BMI-Chefin Faeser: Sie nannte die Hamas eine „Terrororganisation“, die das Ziel verfolge, „den Staat Israel zu vernichten“. Den Verein Samidoun beschrieb sie als „internationales Netzwerk“, das „unter dem Deckmantel einer ‚Solidaritätsorganisation‘ für Gefangene in verschiedenen Ländern israel- und judenfeindliche Propaganda“ verbreite. Zudem glorifiziere Samidoun verschiedene ausländische Terrororganisationen, unter anderem die Hamas.

Das „antisemitische, menschenverachtende Weltbild von Samidoun“ sei „auf besonders widerwärtige Weise“ erkennbar geworden, als es spontane „Jubelfeiern“ gegeben habe, nachdem die Hamas ihre „furchtbaren Terroranschläge“ gegen Israel gestartet habe. Es seien Anhänger von Samidoun gewesen, die die Attacken der Hamas auf Israel in Deutschland gefeiert und dabei Süßigkeiten verteilt hätten. Faeser versprach:

Antisemitismus hat in Deutschland keinen Platz, wir werden ihn mit aller Kraft bekämpfen.“

Deutlich schneller als üblich

Bereits seit Tagen hatte das Bundesinnenministeriums (BMI) immer wieder betont, mit Hochdruck am Ende für die Hamas und Samidoun in Deutschland zu arbeiten. „Wir bereiten die Verbote mit den beteiligten Sicherheitsbehörden momentan intensiv vor und werden sie schnellstmöglich vollziehen“, hatte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums (BMI) auf Anfrage der Epoch Times kurz vor dem Feiertag Allerheiligen mitgeteilt.

Es gelte, ein „eindeutiges Signal“ zu setzen, dass „Solidarisierung und Unterstützung des Terrors der Hamas“ unterbunden werde: Die „steigende Gefahr“ entsprechender Aktionen bereite dem Ministerium Sorge.

Nähere Details wollte die Sprecherin aber nicht preisgeben, um die „Maßnahmen nicht zu gefährden.“

Versammlungsverbote, „sobald antisemitische Hetze droht“

Dessen ungeachtet setze das Ministerium „alle rechtsstaatlich zugelassenen polizeilichen und nachrichtendienstlichen Mittel gegen die islamistische Szene ein“, erklärte die Sprecherin. Dafür arbeite das BMI mit den Bundesländern zusammen, denn das „Versammlungsrecht“ sei „nach der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes Aufgabe der Länder“. Wie das Ministerium auf seiner Netzseite  betont, können „Versammlungsverbote durchgesetzt werden […], sobald antisemitische Hetze droht“.

„Alle 16 Länder und der Bund“ zögen „an einem Strang“, betonte das BMI gegenüber der Epoch Times. Man habe sich dafür bereits am 13. Oktober „in einer Sonder-Innenministerkonferenz mit den Ländern abgestimmt“.

Wir sind uns hier mit den Ländern einig, der Rechtsstaat kann Antisemitismus nicht dulden. Wir begegnen derartigen Versammlungen mit Versammlungsverboten, wenn antisemitische Hetze droht, und hartem polizeilichen Einschreiten. Die Bundessicherheitsbehörden unterstützen die Länder mit aktuellen Lagebewertungen zum Demonstrationsgeschehen. Außerdem werden wir alle rechtlichen Möglichkeiten zur Ausweisung von Hamas-Unterstützern nutzen.“

Im engen Austausch mit dem Zentralrat der Juden

Der „Schutz von Jüdinnen und Juden in Deutschland und von jüdischen und israelischen Einrichtungen“ habe „allerhöchste Priorität“ und sei „nochmals verstärkt“ worden: „Wir sind hierzu im engen Austausch mit den jüdischen Gemeinden und allen voran dem Zentralrat der Juden in Deutschland“.

Der Zentralrat hatte allerdings erst vor wenigen Tagen stark kritisiert, dass Deutschland sich bei der Abstimmung zur UN-Resolution zum Israel-Hamas-Krieg enthalten hatte. Die Resolution hatte eine „sofortige humanitäre Waffenruhe“ im Gazastreifen gefordert.

Mit ihrer Enthaltung habe die Regierung die „relativierende Haltung der UN gegenüber Israel“ unterstützt, stellte etwa Zentralratspräsident Josef Schuster fest. Dass Deutschland die Forderung nicht klar abgelehnt habe, sei eine „Enttäuschung für die Juden in Deutschland“.

Die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) hatte sich „entsetzt“ über das deutsche Abstimmungsverhalten gezeigt. Ihr Präsident Volker Beck (Grüne) hatte bemängelt, dass es bei der Unterstützung Israels „keine falschen Rücksichtnahmen auf Andere geben“ dürfe, „wenn das Bekenntnis zur Staatsräson ernst gemeint“ sei.

Seit Hamas-Angriffen: Antisemitische Straftaten mehr als verdreifacht

Nach Angaben des „Statistischen Bundesamts“ waren allein in den ersten acht Tagen nach den Terroranschlägen der Hamas vom 7. Oktober gut 200 gemeldete antisemitische Vorfälle in Deutschland gemeldet worden. Der Löwenanteil von 183 Meldungen bezog sich allerdings „nur“ auf „Verletzendes Verhalten“, wie der „Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus“ (RIAS) festgestellt habe. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres seien „lediglich 59 antisemitische Vorfälle“ registriert worden.

Aktuell habe es sich bei sieben der 202 Ereignisse um „gezielte Sachbeschädigungen“ gehandelt. Nach Informationen der „Bundeszentrale für politische Bildung“ hatte es neben „zerrissenen Israel-Flaggen und antisemitischen Parolen“ auch „Brandanschläge auf jüdische Gemeinden“ und „mit Davidstern beschmierte Häuser“ gegeben. Wie der Bundesverband RIAS mitteilte, sei unter anderem die „Synagoge und das Gemeindezentrum von Kahal Adass Jisroel“ in Berlin-Mitte Opfer am 18. Oktober eines Brandanschlags geworden. Dabei sei allerdings kein Mensch zu Schaden gekommen, und auch das Gebäude selbst sei von den Molotow-Cocktails verfehlt worden. „Ein Feuer auf dem Bürgersteig wurde von Sicherheitskräften gelöscht“, heißt es im RIAS-Berlin-Bericht über antisemitische Vorfälle in Berlin (PDF-Datei). Und weiter:

Dieser versuchte Anschlag hat zu einer enormen Erschütterung des Sicherheitsgefühls in den jüdischen und israelischen Gemeinschaften geführt.“

„Vor allem in der Hauptstadt Berlin kam und kommt es immer wieder vor allem im Bezirk Neukölln zur Verherrlichung der Hamas-Taten sowie zu gewalttätigen Protesten pro-palästinensischer Demonstranten“, berichtet der „Business Insider“ (Bezahlschranke). Im Jahr 2022 hatte es nach Informationen des „Statistischen Bundesamts“  2.641 antisemitische Delikte in Deutschland gegeben, die polizeilich erfasst worden waren. Im Jahr davor sogar etwas mehr als 3.000. 2019 war die Marke von 2.000 Vorfällen pro Jahr erstmals seit Jahrzehnten überschritten worden. Die Dunkelziffer ist jeweils unbekannt.

Nach Angaben des Bundesamts geht die Zahl der Menschen jüdischen Glaubens in Deutschland seit Mitte der 2000er Jahre stetig zurück: Von über 108.000 Personen im Jahr 2005 auf knapp 91.000 im Jahr 2022. Im selben Jahr hätten weltweit etwa 15,3 Millionen Jüdinnen und Juden gelebt, die meisten von ihnen in Israel und in den USA.

„Humanitäre Hilfe“ für palästinensische Gebiete deutlich erhöht

Schon vor rund zwei Wochen hatte die Bundesregierung angekündigt, ihre Zahlungen „für Menschen in den Palästinensischen Gebieten“ aufstocken zu wollen – wegen der „katastrophalen humanitären Lage“ vor Ort. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) versprach 50 Millionen Euro mehr für den Gazastreifen als ursprünglich geplant. Denn auch „Palästinenserinnen und Palästinenser“ seien „Opfer dieses terroristischen Angriffs der Hamas geworden“.

Das Geld werde „internationale Organisationen“ wie dem „Welternährungsprogramm, UNICEF, und vor allen Dingen auch UNWRA“ zur Verfügung gestellt. Beim UNWRA („united nations relief and works agency for palestine refugees in the near east“) handelt es sich um ein Hilfswerk der Vereinten Nationen speziell für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten. „Konkret geht es um Grundnahrungsmittel, medizinische Versorgung und Hygieneprodukte“, hieß es in einer Presseerklärung des Auswärtigen Amts. Demnach werde das Geld wie folgt verteilt:

  • UNWRA: 19 Millionen Euro für Gaza
  • UN-Welternährungsprogramm: 18,7 Millionen für Gaza und das Westjordanland
  • UNICEF: 5 Millionen für Gaza, die Westbank und Ostjerusalem
  • Internationales Komitee des Roten Kreuzes: 5 Millionen
  • Deutsches Rotes Kreuz und Roter Halbmond: 2,3 Millionen

Abgesehen von den 50 Millionen Zusatzhilfe habe Deutschland 2023 bereits weitere 73 Millionen Euro „für humanitäre Hilfe in den Palästinensischen Gebieten zur Verfügung gestellt“. Das Technische Hilfswerk (THW) ist nach BMI-Angaben derzeit nicht in der Region Israel/Gaza/Westjordanland tätig.

Israels Sicherheit „deutsche Staatsräson“

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am 12. Oktober eine Regierungserklärung zur Lage in Israel abgegeben. Dabei hatte er angekündigt, die Hamas und ihr nahestehende Vereine verbieten zu lassen. Geldleistungen sollten „auf den Prüfstand“, Antisemitismus sollte nicht mehr länger geduldet werden. Die Sicherheit Israels sei „deutsche Staatsräson“.



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