Das ABC der Winterreifen: Von A wie Anforderungen in Europa bis S wie Spikes

Die kalte Jahreszeit steht vor der Tür und mit ihr kommt die Frage: Welche Regeln gelten für Winterreifen in Europa?
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Alljährlich wieder: die Sommerreifen runter, die Winterreifen rauf. Was gilt bei Fahrten ins Ausland?Foto: iStock
Von 6. November 2023

Von Oktober bis Ostern (O bis O) seien Winterreifen nötig, lautet eine Faustregel für Autofahrer. Rechtliche Relevanz hat das nicht, auch eine generelle Winterreifenpflicht gibt es in Deutschland nicht.

Stattdessen gilt in Deutschland eine situative Winterreifenpflicht: Sind die Straßenverhältnisse winterlich, also beispielsweise bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch oder Reifglätte, darf man nur mit Winterreifen unterwegs sein. Alle vier Räder müssen dann Winterreifen drauf haben. Sind Schneeketten drauf, dann beträgt die Höchstgeschwindigkeit nur 50 km/h.

Im benachbarten Ausland sieht es hingegen teilweise anders aus, wie der ADAC meldet. Hier ein Überblick über die Winterreifenpflicht in den unterschiedlichen europäischen Ländern, Bußgelder und auch die Unterschiede zwischen Winterreifen, Sommerreifen und Allwetterreifen. Wann sind Spikes sinnvoll – und wo sind sie erlaubt?

Was gilt wo?

In Belgien, Dänemark, Großbritannien, Griechenland, den Niederlanden und Polen gibt es keine Winterreifenpflicht. Statt Winterreifen können zeitweise auch Schneeketten an den Antriebsrädern verwendet werden, sofern die Straße durchgängig oder fast durchgängig mit Schnee oder Eis bedeckt ist.

Österreich:

  • Bei winterlichen Straßenverhältnissen müssen vom 1. November bis 15. April Winterreifen oder je nach Beschilderung Schneeketten aufgezogen werden. Es herrscht Winterreifenpflicht. Das gilt für Pkw, Pkw mit leichtem oder schwerem Anhänger und für Klein-Lkw, der Fachbegriff ist „witterungsabhängige Winterausrüstungspflicht“.
  • Winterreifen müssen mit den Bezeichnungen ‚M+S‘, ‚M.S.‘ oder ‚M & S‘ gekennzeichnet sein und mindestens 4 mm Profiltiefe aufweisen.
  • Ganzjahresreifen sind nur dann als „Winterreifen“ anzusehen, wenn sie über eine M+S Kennzeichnung verfügen.
  • Lkw über 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht müssen vom 1. November bis 15. April des Folgejahres zumindest an den Rädern einer Antriebsachse mit Winterreifen ausgerüstet sein. Gleiches gilt für Wohnmobile, empfehlenswert ist, zusätzlich geeignete Schneeketten für mindestens zwei Antriebsräder mitzuführen.

Schweiz:

  • Es gibt keine generelle Winterreifenpflicht in der Schweiz, Winterreifen werden bei winterlichen Straßenverhältnissen empfohlen.
  • Mit extra Beschilderungen kann eine Schneekettenpflicht angeordnet werden.

Italien:

  • Es gibt keine landesweit einheitlichen Regelungen, jede Provinz kann selbst entscheiden. Auf die Regelungen wird an den jeweiligen Straßen mit Beschilderungen hingewiesen.
  • In Südtirol gilt beispielsweise für Kraftfahrzeuge auf den Straßen im Stadtgebiet Bozen und auch auf der Brennerautobahn A22 bis Affi vom 15. November bis 15. April eine allgemeine, witterungsunabhängige Winterausrüstungspflicht. Auf den übrigen Straßen Südtirols besteht lediglich eine situative Pflicht bei winterlichen Straßenverhältnissen.
  • In Südtirol sind Krafträder (Mopeds, Motorroller, Motorräder, Quads, Trikes) bei winterlichen Verhältnissen verboten, sie dürfen auch bei beginnendem Schneefall nicht fahren.
  • Falls Schneeketten notwendig werden, beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit 50 km/h.
  • Alle Reifen, die mit einer M+S-Kennzeichnung versehen sind, gelten in Italien als Winterreifen.

Frankreich:

  • Seit 2022 besteht in Frankreich eine permanente Winterreifenpflicht in den Bergregionen zwischen dem 1. November und 31. März. Davon sind 48 der 96 Departments betroffen, wie diese Karte von Securite Routiere zeigt.
  • Durch Beschilderung kann auch in anderen Regionen kurzfristig eine Winterreifenpflicht angeordnet werden.
  • Winterreifen sind in Frankreich Reifen mit M+S, MS bzw. M&S-Kennzeichnung oder mit Alpine-Symbol und einer Mindestprofiltiefe von 3,5 Millimetern.
  • Alternativ sind Schneeketten oder sogenannte Schneesocken erlaubt, die bei winterlichen Straßenverhältnissen auf die Räder der Antriebsachse aufgezogen werden müssen. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit mit Schneeketten ist ebenfalls 50 km/h.

Tschechien:

  • Vom 1. November bis zum 31. März müssen Fahrzeuge bis 3,5 t mit Winterreifen ausgestattet sein, wenn winterliche Straßenverhältnisse herrschen.
  • Zugelassen sind Reifen mit M+S-Kennzeichnung, bei Pkw mit einer Mindestprofiltiefe von 4 Millimetern.
  • Schwere Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen benötigen Winterreifen nur an der Antriebsachse mit einer Mindestprofiltiefe von 6 mm.

Slowakei:

  • Bei Schnee, Eis, Glätte und Co. müssen Kraftfahrzeuge mit einem maximalen Gewicht von 3,5 t mit Winterreifen ausgestattet sein. Die Mindestprofiltiefe für Winterreifen beträgt 1,6 mm.
  • Es müssen immer vier Winterreifen aufgezogen sein.

Slowenien:

  • Es besteht Winterreifenpflicht zwischen dem 15. November und 15. März sowie bei winterlichen Straßenverhältnissen.
  • Winterreifen müssen eine Mindestprofiltiefe von 3 Millimetern aufweisen.
  • Anstelle von Winterreifen können auch Ganzjahresreifen (M+S) mit einer Mindestprofiltiefe von 3 Millimetern verwendet werden.

Für viele weiteren europäischen Ländern gibt es eine Winterreifenpflicht, teilweise jedoch mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen, z. B. hinsichtlich des Zeitraums. In Serbien sind beispielsweise bei winterlichen Straßenverhältnissen zwischen dem 1. November und 1. April Winterreifen im Kofferraum mitzuführen und bei Bedarf zu montieren.

Finnland hat eine Winterreifenpflicht vom 1. Dezember bis zum 28. Februar, in Schweden vom 1. Dezember bis 31. März. In Norwegen werden Unterschiede zwischen Lkw und Pkw gemacht: Pkw haben keine generelle Winterreifenpflicht, schwerere Fahrzeuge müssen vom 15. November bis zum 31. März zu Winterreifen greifen.

Informationen zu weiteren Ländern bietet der ADAC.

Welche Bußgelder gibt es?

Wird gegen diese Regelungen verstoßen, droht ein Bußgeld. Die Höhe ist europaweit unterschiedlich.

  • Deutschland: Das Bußgeld für den Verstoß gegen die Winterreifenpflicht beträgt 60 Euro für den Fahrer und 75 Euro für den Halter
  • Österreich: Verstöße gegen die angeordnete Winterreifenpflicht werden normalerweise mit Bußgeldern von 42 bis 345 Euro geahndet. Es sind Bußgelder bis 5.000 Euro möglich.
  • Frankreich: Wer ohne Winterausrüstung unterwegs ist, muss mit einer Geldbuße von 135 Euro rechnen. Außerdem kann die Weiterfahrt untersagt werden.
  • Italien: Bei Verstößen gegen die Winterreifenpflicht in Italien gibt es Bußgelder von 87 bis zu 345 Euro.
  • Schweiz: Es kann Geldbußen geben, wenn es wegen ungeeigneter Bereifung zu Verkehrsbehinderungen kommt. So droht eine Mithaftung, wenn es zu Unfällen mit Sommerbereifung bei winterlichen Verhältnissen kommt. Das Bußgeld beträgt nach Angaben von ADAC-Juristen ca. 105 Euro.
  • Slowakei: Bußgelder können ab 60 Euro betragen.
  • Norwegen: Auch hier gibt es Bußgelder, die bei 75 Euro beginnen.
  • Tschechien: Bei Verstößen gegen die Winterreifenpflicht drohen Bußgelder zwischen 55 und 92 Euro.
  • Slowenien: Bei Verstößen droht eine Geldbuße von 40 Euro. Wird eine Verkehrsbehinderung verursacht, beträgt die Buße 500 Euro.

Was sind die Unterschiede von Sommer- und Winterreifen?

Winterreifen, Sommerreifen und Allwetterreifen unterscheiden sich in Bezug auf ihre Gummimischung und ihr Profil. Die Wahl des richtigen Reifens hängt von den Wetterbedingungen und den individuellen Fahrbedingungen ab.

Winterreifen sind in kalten und schneereichen Regionen unerlässlich, während Sommerreifen in wärmere Regionen oder zu trockenen Bedingungen passen. Allwetterreifen sind eine praktische Option für Autofahrer, die in Regionen mit gemäßigtem Klima leben oder nicht zwischen den Jahreszeiten wechseln möchten. Hier einige der wichtigsten Unterschiede.

Winterreifen:

  • Winterreifen haben eine weichere Gummimischung, die bei kalten Temperaturen flexibler bleibt und eine bessere Haftung auf Schnee und Eis bietet.
  • Typisch ist ein tieferes Profil mit Lamellen, die sich in den Schnee graben und eine bessere Traktion bieten.
  • Sie sind nicht für den Einsatz bei hohen Temperaturen geeignet, da sich die weiche Gummimischung schneller abnutzt und der Bremsweg länger wird.
  • Gesetzlich als Winterreifen anerkannt sind Reifen mit Kennzeichnung wie M+S, M.S. oder M & S (Mud-and-Snow, Matsch+Schnee). Seit Dezember 2018 sind auch Reifen mit Schneeflockensymbol (ein Bergpiktogramm mit Schneeflocke) erlaubt.

Sommerreifen:

  • Sommerreifen bestehen aus einer härteren Gummimischung, die sich bei hohen Temperaturen nicht so schnell abnutzt und eine bessere Stabilität bietet.
  • Sie haben ein flacheres Profil mit groben Einschnitten, die für eine bessere Haftung auf trockenen Straßen sorgen.
  • Diese Art Reifen ist nicht für den Einsatz bei niedrigen Temperaturen oder Schnee geeignet, da die härtere Gummimischung weniger flexibel ist und eine schlechtere Traktion bietet.

Verschiedene Winterreifenmodelle in Finnland. Foto: iStock

Was ist mit Allwetterreifen?

Allwetterreifen werden als Kombination aus Winter- und Sommerreifen und für den Einsatz bei allen Wetterbedingungen angeboten. Sie gelten als praktische Option für Autofahrer, die nicht zwischen den Jahreszeiten wechseln möchten.

  • Allwetterreifen bestehen aus einer Gummimischung, die bei niedrigen Temperaturen flexibel bleibt und sich bei hohen Temperaturen nicht so schnell abnutzt.
  • Sie haben ein Profil mit Lamellen und groben Einschnitten, das für eine bessere Traktion auf Schnee und eine bessere Haftung auf trockenen Straßen sorgt.
  • Werden diese im Winter benutzt, müssen sie per Gesetz die M+S-Kennzeichnung aufweisen. Testvorgaben hierfür gibt es nicht, ganz im Gegensatz zu Reifen mit dem Schneeflocken-Symbol. Diese sind entsprechend getestet.
  • Sie sind meist nicht so effizient wie Winterreifen. Verglichen mit Sommerreifen haben sie einen längeren Bremsweg, reiben sich schneller ab und verlieren eher ihre Form als Sommerreifen.

Sind Spikes erlaubt?

In vielen europäischen Ländern sind Spikes auf Winterreifen verboten. Spikereifen sind spezielle Winterreifen, die auf der Lauffläche kleine Metallstifte haben. Diese stehen etwa zwei Millimeter über und verhindern auf Eis und Schnee ein Rutschen des Fahrzeugs – beschädigen jedoch Straßen, die ohne Schnee und Eis sind. Während Schneeketten eine bessere Traktion auf tiefem Schnee liefern, greifen Reifen mit Spikes besser auf vereisten Straßen.

Ein typisches Land für die Nutzung von Spikes ist Island. Zwischen November und Mitte April kann in Island mit Spikes gefahren werden, Autovermieter bieten sie normalerweise an. Im Winter empfehlen Einheimische sie für nahezu alle Straßen außerhalb von Reykjavik.

Wo sind sie erlaubt?

  • Deutschland: Spikes auf Winterreifen sind in Deutschland fast überall verboten, außer in einem kleinen Gebiet nahe der österreichischen Grenze, wo es regelmäßig zu starkem Schneefall und Glätte kommt – beispielsweise von Lofer bis Bad Reichenhall. Wird ein Autofahrer mit Spikes erwischt, wo sie nicht ausdrücklich erlaubt sind, wird ein Bußgeld von 50 Euro fällig. Für Einsatzfahrzeuge gilt das generelle Verbot nicht.
  • Österreich: Spikes auf Winterreifen sind erlaubt, aber nur von Anfang Oktober bis Ende Mai und für Autos unter 3,5 Tonnen. Die Stahlstifte der Reifen dürfen nicht mehr als 2,0 mm haben. Motorräder dürfen keine Spikereifen haben.
  • Schweiz: Spikes auf Winterreifen sind nur erlaubt von November bis April, dabei beträgt die Höchstgeschwindigkeit 80 km/h auf Landstraßen. Auf Autobahnen sind sie verboten.
  • Finnland: Spikes auf Winterreifen sind in Finnland erlaubt und weitverbreitet. Die Anzahl der Spikes ist auf maximal 50 pro Meter Abrollumfang des Reifens begrenzt.
  • Schweden: Spikes auf Winterreifen sind in Schweden von Anfang Oktober bis Mitte April erlaubt. Die Anzahl der Spikes ist auf maximal 50 pro Meter Abrollumfang des Reifens begrenzt.
  • Norwegen: Spikes auf Winterreifen sind in Norwegen erlaubt, aber nur von Anfang November bis kurz nach Ostern. In einigen Regionen sind sie von Mitte Oktober bis Anfang Mai erlaubt.

Generell verboten sind Spikes in folgenden Ländern, wie „t-online“ berichtet: Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Niederlande, Mazedonien, Montenegro, Polen, Portugal, Rumänien, Serbien, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn.

Autofahren in Island bedeutet oft das Fahren auf vereisten Straßen, auf denen der Schnee durch böigen Wind weggeweht wurde. Foto: iStock



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