Gerichtsentscheidung: Zwangsgeld bei fehlendem Masernimpfnachweis ist rechtswidrig
Bußgeld, Zwangsgeld, Ersatzhaft. Einigen Eltern ist die sogenannte Masernimpfpflicht, die seit März 2020 gilt, schon zum Verhängnis geworden. Wer keinen Nachweis für die Masernimpfung oder eine Impfunfähigkeit seines Schulkindes erbringen kann, gerät schnell ins Visier der Behörden. Eine neue Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. September 2023 bringt diese Vorgehensweise ins Wanken.
In den vergangenen Monaten und Jahren haben etliche Eltern Post von Gesundheitsämtern erhalten. Sie wurden aufgefordert, eine Masernimpfung für ihre Schulkinder nachzuweisen. Sofern dieser Nachweis nicht binnen der gesetzten Frist erbracht wurde, drohte die Behörde mit einem Zwangsgeld. In den meisten Fällen lag dies bei 500 Euro, manchmal aber auch erheblich darüber, berichtet Rechtsanwältin Ellen Rohring.
„Die besondere Gefahr von Zwangsgeld ist, dass es immer und immer wieder neu angedroht und festgesetzt werden kann. Wer zunächst 500 Euro Zwangsgeld hat, muss damit rechnen, dass im nächsten Schritt 1.500 Euro angedroht werden und so weiter. Es gab zuletzt sogar einige Gesundheitsämter, die bei Uneinbringlichkeit des Zwangsgeldes ersatzweise Zwangshaft angedroht hatten“, schildert Rohring.
Gericht kippt Zwangsgeld
Doch dieses Prozedere dürfte sich nun erübrigt haben. Unter Zugrundelegung einer früheren Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im vergangenen Jahr kam auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zu dem Schluss, dass Eltern ein Freiraum zur Gesundheitssorge für ihr Kind eingeräumt werden muss. „Sorgeberechtigte Eltern können auf eine Schutzimpfung des Kindes verzichten“, heißt es auf Seite 6 des Beschlusses, welcher der Epoch Times vorliegt.
Zwar könne ein schulpflichtiges Kind einerseits der Anordnung, einen Masernimpfnachweis zu erbringen, nicht ausweichen, jedoch habe der Gesetzgeber andererseits mit der Einführung der Nachweispflicht ausdrücklich keine Impfpflicht begründen wollen.
„Die Anwendung von Verwaltungszwang in Form von Zwangsgeld darf daher bei schulpflichtigen Kindern nicht zu einer faktischen Impfpflicht führen“, so die Richter. „Die Nachweispflicht ordnet keine mit Zwang durchsetzbare Impfpflicht an.“ Die Zwangsgeldandrohung sei „rechtswidrig“.
„Die Entscheidung ist deshalb so bedeutsam, weil es sich beim Verwaltungsgerichtshof um ein Oberverwaltungsgericht handelt. Der Beschluss ist zwar nur in einem Eilverfahren ergangen, er ist aber unanfechtbar“, schildert die Anwältin weiter. „Ich gehe davon aus, dass dieser Beschluss wegweisend ist und bundesweit von den Gesundheitsämtern beachtet werden wird.“
Anlehnung an einrichtungsbezogene Corona-Impfnachweispflicht
Diese Annahme stützt die Juristin auf eine ähnliche Situation im Jahr 2022, die auf Paragraf 20a Infektionsschutzgesetz beruhte, der die Corona-Impfnachweispflicht im Gesundheitswesen regelte. Beschäftigten im Gesundheitssektor wurden im Frühjahr vergangenen Jahres teilweise Anordnungen zugesandt, wonach sie einen COVID-Impfnachweis vorlegen mussten. Andernfalls drohte ihnen Zwangsgeld.
Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hatte – ebenfalls in einem Eilverfahren – im Juni 2022 diese Vorgehensweise als nicht rechtmäßig angesehen. Daran hat sich die Verwaltungspraxis anschließend in allen Bundesländern gehalten.
Daher erwartet Rohring auch jetzt, dass sich die Gesundheitsämter ebenfalls an die Rechtsprechung des Bayrischen Verwaltungsgerichtshofs halten werden, auch außerhalb von Bayern.
Was tun, wenn Zwangsgeld droht?
Wer bereits mit einem Zwangsgeld zu tun hat, sollte umgehend die Aufhebung der Zwangsgeldandrohung bei der Behörde unter Hinweis auf den Beschuss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. September 2023 (Az. 20 CS 23.1432) beantragen, empfiehlt Rechtsanwältin Ellen Rohring.
Was im Einzelfall zu tun ist, hänge vom jeweiligen Verfahrensstadium ab und sollte anwaltlich geprüft werden. „Die Chancen, dass das Zwangsgeld nicht gezahlt werden muss, sind jedenfalls sehr gut!“
Eine Aufhebung der Impfnachweispflicht sei in dem Beschluss jedoch nicht zu sehen, erklärt die Juristin weiter. An der Tatsache, dass Eltern einen Nachweis vorlegen oder begründen müssen, warum sie ihr Kind nicht impfen lassen wollen, wird sich vorläufig nichts ändern.
Hier geht es zum Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. September 2023.
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