Ärztin: Alzheimer ist „umkehrbar“ – Frühdiagnose entscheidend

Alzheimer wird oft zu spät diagnostiziert. Dabei könnte eine Früherkennung den Krankheitsverlauf verlangsamen oder sogar stoppen, meinen einige Mediziner. Ein amerikanisches Forscherteam hat nun wichtige Grundlagen für eine frühzeitige Diagnose herausgefunden.
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Eine frühzeitige Diagnose von Alzheimer ist entscheidend. Symbolbild.Foto: iStock
Von 2. August 2023

Amerikanische Wissenschaftler haben möglicherweise einen Schlüssel zur frühzeitigen Erkennung von Alzheimer gefunden. Demnach könnte der Ursprung dieser degenerativen Erkrankung im Darm liegen.

Einer kürzlich veröffentlichten Studie der Washington University School of Medicine zufolge treten Veränderungen der Darmflora, wie sie bei Alzheimer-Patienten beobachtet wurden, bereits im Vorstadium der Erkrankung auf. Folgt man dieser wissenschaftlichen Erkenntnis, könnten Untersuchungen der bakteriellen Zusammensetzung im menschlichen Darm Aufschlüsse darüber geben, ob eine Person an Alzheimer erkrankt, noch bevor erste Symptome sichtbar werden. Eine Früherkennung sei entscheidend für den Krankheitsverlauf.

In der Studie, die in der Zeitschrift „Science Translational Medicine“ veröffentlicht wurde, haben die Wissenschaftler das Mikrobiom von 164 Personen untersucht. Bei 49 von ihnen wurden im Gehirn die Proteine Beta-Amyloide und Tau-Fibrillen gefunden. Diese Eiweißablagerungen gelten als charakteristisch für die Alzheimer-Krankheit.

Die Forscher stellten außerdem eine signifikante Veränderung im Darmmikrobiom dieser Personen fest. Zu dem Zeitpunkt wiesen alle Studienteilnehmer keine kognitiven Einschränkungen auf. Das Team schlussfolgerte daraus, dass die beobachtete Veränderung der Darmflora ein Vorbote für Alzheimer sein könnte. Ob diese letztendlich auch mit der Auslösung der Erkrankung in Verbindung steht, ist bisher jedoch unklar.

Darmmikrobiom spielt wichtige Rolle bei Früherkennung

Diese Entdeckung stützen frühere Untersuchungen, die einen Zusammenhang zwischen einer Dysbiose – einem Ungleichgewicht des Darmmikrobioms und der Alzheimer-Krankheit – nahelegten. Allerdings ist bisher nicht geklärt, ob das veränderte Mikrobiom die Krankheit auslöst oder eine Folge davon ist. Um diese Frage zu klären, haben die Forscher der University Washington eine Folgestudie gestartet.

Professor Gautam Dantas, Mitautor der Studie, äußerte sich dazu: „Bakterien sind wie kleine Chemiefabriken, und einige ihrer Produkte können Entzündungen im Darm beeinflussen oder sogar in den Blutkreislauf gelangen und das Immunsystem im gesamten Körper beeinträchtigen.“

Er fügte hinzu: „Diese Ideen sind zurzeit noch Hypothesen, aber falls ein ursächlicher Zusammenhang bestätigt wird, könnten wir darüber nachdenken, ob die Unterstützung von ‚guten‘ Bakterien oder das Entfernen von ‚schlechten‘ Bakterien dazu beitragen könnte, den Verlauf der Alzheimer-Krankheit zu verlangsamen oder sogar zu stoppen.“

Die Behandlung sollte jedoch frühzeitig erfolgen. Wie Dr. Beau Ances, Professor für Neurologie und Mitautor der Studie, bemerkte, gibt es bereits signifikante, oft irreversible Veränderungen im Gehirn, wenn bei Patienten erste kognitive Symptome auftreten. „Wenn es möglich wäre, jemanden in einem sehr frühen Stadium des Krankheitsprozesses zu diagnostizieren, wäre das der optimale Zeitpunkt, um mit einer Therapie wirksam einzugreifen.“

Stuhlprobe statt Gehirnscan: Zukünftige Alzheimer-Diagnostik?

Bis vor etwa zwei Jahrzehnten war es nur möglich, Biomarker für Alzheimer an Verstorbenen nachzuweisen – in der Regel durch eine Autopsie. Heute kann die Krankheit durch eine Reihe von Tests am lebenden Menschen festgestellt werden. Bluttests allein reichen jedoch nicht aus, um eine Diagnose zu stellen. Sie messen lediglich die Konzentration von Beta-Amyloid – dem Protein, das sich in den Gehirnen von Alzheimer-Patienten vermehrt anreichert. Diese sollten daher in Kombination mit bildgebenden Verfahren durchgeführt werden.

Ein weiteres Werkzeug zur Diagnose ist der von der britischen „Alzheimer Gesellschaft“ empfohlene Montreal-Cognitive-Assessment-Test – kurz MoCa-Test. Dieses Instrument besteht aus einem etwa 10-minütigen Test mit 30 Fragen. Dabei werden verschiedene kognitive Fähigkeiten wie zum Beispiel Gedächtnisleistung, Sprache, Konzentration oder Orientierung getestet.

Mit Blick auf die zukünftige Diagnostik sagte Dr. Ances: „Eines Tages könnten Menschen eine Stuhlprobe abgeben und herausfinden, ob sie ein erhöhtes Risiko haben, an Alzheimer zu erkranken. Das wäre viel einfacher und weniger invasiv und für einen großen Teil der Bevölkerung, insbesondere für unterrepräsentierte Gruppen, zugänglicher als ein Gehirnscan oder eine Lumbalpunktion“, bemerkte Ances. Bei einer Lumbalpunktion entnimmt der Arzt mit einer speziellen Nadel im unteren Teil des Rückens eine kleine Menge Rückenmarksflüssigkeit.

Prävention ist möglich

Dr. Ann Hathaway, die sich auf die Behandlung von Alzheimer spezialisiert hat, und andere Ärzte in den Vereinigten Staaten rekrutieren derzeit Teilnehmer für eine Studie. Ziel ist es, herauszufinden, ob durch Präzisionsmedizin und Lebensstiländerungen frühe und milde Formen von Demenz reversibel, also umkehrbar sind.

Laut Hathaway wird die Umkehrung von Alzheimer schwieriger, je länger die kognitiven Fähigkeiten abnehmen. Daher liegt der Schwerpunkt darauf, die Krankheit so früh wie möglich zu erkennen.

„Wenn die kognitiven Fähigkeiten erst einmal fünf oder zehn Jahre lang abgenommen haben, ist es viel schwieriger, die Krankheit rückgängig zu machen“, so Hathaway. „Deshalb ist es unsere Aufgabe, zu versuchen, die Krankheit frühzeitig zu erkennen.“

Inzwischen bieten einige Mediziner Behandlungsansätze an, die den geistigen Verfall verlangsamen sollen. So bietet beispielsweise Sharp Again Naturally Online-Gruppen- und Einzelcoaching an, um umweltbedingte Risikofaktoren von Morbus Alzheimer durch Lebensstiländerungen anzugehen.

Hathaway stellte fest: „Viele Menschen sind sich immer noch nicht bewusst, dass die Krankheit umkehrbar ist. Diese Information ist noch nicht weit verbreitet.“ Sie sieht Alzheimer als eine Krankheit mit vielen Faktoren und empfiehlt jedem, das persönliche Risiko zu ergründen – am besten schon mit Anfang 40.

Dieser Artikel erschien zuerst auf theepochtimes.com unter dem Titel „Early Detection Through the Gut Could Change the Course of Alzheimer’s“ und ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Gesundheitsfragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt. (Redaktionelle Bearbeitung dl)



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