Natur statt Bildschirm: Australische Studie bestätigt psychologische Vorteile von „Grünzeit“ für Kinder
Psychische Erkrankungen unter Kindern und Jugendlichen nehmen weltweit zu. Die technologischen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte haben die Auseinandersetzung junger Menschen mit bildschirmbasierten Technologien verstärkt. Gleichzeitig nimmt der Kontakt junger Menschen mit der Natur immer weiter ab. Diese Kombination von hoher Bildschirmzeit („screen time“) und niedriger Naturzeit („green time“) kann die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden beeinträchtigen.
Forschungsarbeiten, die die psychologischen Auswirkungen der Bildschirmzeit oder der grünen Zeit untersuchen, betrachten jedoch in der Regel jeden Faktor isoliert. Damit versäumen sie es, die Wechselwirkungen zwischen dem Einsatz von Hochtechnologie und dem geringen Kontakt mit der Natur auf die psychische Gesundheit und die kognitiven Ergebnisse abzugrenzen.
Um dieser Frage nachzugehen, analysierten die Doktorandin Tassia Oswald und Kollegen von der University of Adelaide, Australien, die Ergebnisse von 186 Studien. Ihre Erkenntnisse veröffentlichten sie am 4. September in der Open-Access-Zeitschrift „PLOS ONE“. Darin zeigen die Forscher Zusammenhänge zwischen Bildschirmzeit, grüner Zeit und psychologischen Ergebnissen – einschließlich psychischer Gesundheit, kognitiver Funktionen und akademischer Leistungen – bei Kindern und Jugendlichen und jungen Erwachsenen.
Unvollständige Studien erschweren ganzheitlichen Blick und Lösungen
Im Allgemeinen scheint ein hohes Maß an Bildschirmzeit mit ungünstigen psychologischen Ergebnissen verbunden zu sein. Auf der anderen Seite werde Naturzeit mit günstigen psychologischen Ergebnissen assoziiert. „Erfahrungen mit psychischen Erkrankungen in der Kindheit oder Jugend haben Auswirkungen auf den lebenslangen Verlauf der psychischen Gesundheit eines Menschen“, sagte Oswald im Rahmen ihrer Doktorarbeit. Weiter sagte sie:
„Wenige Forschungsarbeiten haben die Wechselwirkungen zwischen hoher Bildschirmzeit und geringer grüner Zeit untersucht, so dass es schwer zu sagen ist, ob hohe Bildschirmzeit allein, niedrige grüne Zeit allein oder die Kombination von hoher Bildschirmzeit und niedriger grüner Zeit für die schlechtere psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen verantwortlich ist.“
Aus diesem Grund ist bisher nicht geklärt, ob es für das psychische Wohlbefinden vorteilhaft wäre, „die Bildschirmzeit junger Menschen zu reduzieren oder wenn wir einfach die Naturzeit neben der Bildschirmzeit erhöhen würden.“
Frühere Studien beschränkten sich zudem auf bestimmte Schichten der Gesellschaft. So fehlten laut Oswald „junge Menschen mit niedrigem sozioökonomischen Hintergrund“. Aufgrund ihrer Lebensumstände könnten sie unverhältnismäßig stark betroffen sein. Das macht diese Gruppe zu einer prioritären Gruppe für die zukünftige Forschung.
Außerdem konzentrierte sich ein großer Teil der Forschung zur Bildschirmzeit auf ältere Formen der Technologie – Fernsehen, Videospiele, Computer. Die Auswirkungen von Smartphones, Tablets und anderer tragbarer Elektronik fehlten in der Betrachtung.
Die Natur als „unterschätzte Ressource des öffentlichen Gesundheitswesens“
Zudem seien zusätzliche Untersuchungen erforderlich, um festzustellen, ob eine Verkürzung der Bildschirmzeit und eine Verlängerung der Naturzeit die psychologischen Ergebnisse verbessern würde. Den Autoren zufolge deuten einige Studien zumindest darauf hin.
So könne die „Zeit im Grünen“ die Folgen der hohen Bildschirmzeit potenziell abfedern. Mit anderen Worten: Zeit im Grünen könne das psychologische Wohlbefinden junger Menschen in einer Hightech-Ära fördern.
Oswald sagte: „Dies […] macht deutlich, dass die Natur derzeit eine nicht ausreichend genutzte Ressource des öffentlichen Gesundheitswesens sein könnte, die möglicherweise als vorgelagerte präventive und das psychologische Wohlbefinden fördernde Intervention für Kinder und Jugendliche in einer Hightech-Ära fungieren könnte. Es bedarf jedoch solider Beweise, […] in kritischen Lebensphasen ein angemessenes Verhältnis zu empfehlen, um letztlich ein optimales psychologisches Wohlbefinden junger Menschen zu gewährleisten“.
(Mit Material der University von Adelaide)
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