Neue Grenzwerte: Regenwasser nicht mehr lebenslang trinken

Ein Leben lang Regenwasser zu trinken, wird laut einer Studie wegen Chemikalienbelastung nicht mehr empfohlen, doch die Schadstoffwerte in der Umwelt sind seit 20 Jahren gleich geblieben. Gesunken sind hingegen die festgelegten Grenzwerte.
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Eine Frau schöpft mit den Händen Wasser aus natürlichen Wasservorkommen.Foto: iStock / Symbolfoto
Von 25. August 2022

Regenwasser ist einer neuen Studie zufolge so stark mit Chemikalien belastet, dass es an keinem Ort der Welt innerhalb der empfohlenen Werte für lebenslange Trinkwasserversorgung liegt. Dies gelte auch in der Antarktis oder im Hochland von Tibet. Selbst dort liege der Anteil besonders langlebiger per- und polyfluorierter Chemikalien (PFAS) „um das 14-fache höher“ als die von der US-Umweltbehörde EPA empfohlenen Werte für Trinkwasser, sagte der Hauptautor der Studie, Ian Cousins, der Nachrichtenagentur AFP.

PFAS kommen in vielen Produkten wie Shampoos oder Make-up sowie in Verpackungen vor und zerfallen nur sehr langsam. Sie werden daher auch „ewige Chemikalien“ genannt. PFAS verbreiten sich seit Jahren auch in der Umwelt und werden bei Messungen im Wasser und in der Luft nachgewiesen.

Studienleiter Cousins zufolge sind PFAS mittlerweile „so hartnäckig“ und allgegenwärtig, dass sie nicht mehr von der Erde verschwinden werden. „Wir haben den Planeten unumkehrbar verseucht“, sagte der Forscher. Cousins, der als Professor an der Universität Stockholm arbeitet, hatte für die Studie mit seinem Team seit dem Jahr 2010 gesammelte Daten untersucht.

Belastung gleich – Grenzwert gesunken

Die PFAS-Werte in der Umwelt sind seit 20 Jahren gleich. Die US-Umweltbehörde EPA hatte die in der Studie zum Abgleich genutzten empfohlenen Grenzwerte erst kürzlich verschärft. Der Grund seien neue Erkenntnisse, wonach die Chemikalien die Immunreaktion von Kindern auf Impfstoffe beeinträchtigten könnten, sagte Cousins.

„In den letzten 20 Jahren sind die Richtwerte für PFAS im Trinkwasser erstaunlich gesunken. So ist beispielsweise der Trinkwasserrichtwert für eine bekannte Substanz aus der Klasse der PFAS, nämlich die krebserregende Perfluoroctansäure (PFOA), in den USA um das 37,5-Millionenfache gesunken“, sagte Hauptautor Cousins in einer Presseerklärung.

PFAS reichern sich im menschlichen Körper an. Einige Studien kommen dabei zu dem Schluss, dass die Chemikalien Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit haben oder zu Entwicklungsverzögerungen bei Kindern führen können. Auch ein erhöhtes Risiko für Fettleibigkeit sowie bestimmte Krebsarten wie Prostata-, Nieren- oder Hodenkrebs wird angeführt, ebenso wie erhöhte Cholesterinwerte.

Lebenslange Trinkwasserversorgung

Cousins erklärte indes, im menschlichen Körper seien die PFAS-Werte in den vergangenen 20 Jahren deutlich zurückgegangen. Der größte Hersteller von PFAS, 3M, beschloss Anfang der 2000er-Jahre, PFAS schrittweise aus dem Verkehr zu ziehen. Andere Industriezweige auf der ganzen Welt folgten dem Beispiel, Regierungen setzten Grenzwerte.

Die neue Studie wurde innerhalb zweier Wochen bereits knapp 150.000 mal gelesen und viel zitiert. In vielen Artikeln wird allerdings nicht erwähnt, dass es sich bei dem Richtwert um die empfohlenen Werte für die lebenslange Trinkwasserversorgung handelt. So titelt unter anderem der MDR: „Regenwasser hat nirgends auf der Welt Trinkwasserqualität“. Die „Beobachtungsstelle für Desinformation“ mimikama titelt – entgegen ihrer Selbstdarstellung – gar „Regenwasser ist nicht mehr trinkbar“.

Seit 2013 wird die Untergruppe PFOS (Perfluoroctansulfonsäure) und ihre Derivate als prioritäre Stoffe im Sinne der EU-Wasserrahmenrichtlinie 2 ausgewiesen. 2009 wurde die Nutzung durch das ⁠Stockholmer Übereinkommen⁠ beschränkt. Im Kontext des „European Green Deal“ veröffentlichte die Europäische Kommission am 25. April 2022 Pläne, PFAS im Sinne des „Null-Schadstoff-Ziel“ weiter zu beschränken.

„Keine riesigen Sorgen“

„Aufgrund der geringen Reversibilität der Umweltexposition gegenüber PFAS und der damit verbundenen Auswirkungen ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Verwendung und Emission von PFAS rasch eingeschränkt wird“, schreiben auch die Forscher der neuen Studie.

Hauptautor Cousins meint, die Menschheit müsse lernen, mit der Verschmutzung durch PFAS zu leben. Er mache sich „keine riesigen Sorgen“ über die Auswirkungen auf die Folgen der Kontamination von Quellwasser oder Nahrung. Aber der Mensch habe die Umwelt so verschmutzt, dass der alltägliche Kontakt mit ihr „nicht wirklich sicher“ sei.

Eine Studie aus Australien legt nahe, dass dort ansässige Hydrokulturpflanzen helfen könnten, die Stoffe aus dem Wasser zu entfernen. Auch neue Technologien zur Filterung von Wasser werden bereits eingesetzt und erprobt, um die Verschmutzung weiter zu mindern.

(Mit Material von den Nachrichtenagenturen)



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