„Goldene Pässe“: Warum wandern reiche Ausländer nach Zypern aus?

Zypern verkauft seit 2013 „goldene Pässe“ an wohlhabende Ausländer, die nach Europa möchten. Seitdem hat der Inselstaat mehr als 7 Milliarden Euro umgesetzt und rund 4000 Pässe ausgegeben. Darunter sind Menschen mit krimineller Vergangenheit – und auch 500 wohlhabende Chinesen - obwohl Peking keine doppelten Staatsbürgerschaften erlaubt.
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Von 19. Oktober 2020

Zypern, der Inselstaat im Mittelmeer. Blauer Himmel, türkisfarbenes Wasser und lange Sandstrände… Zypern, ein Ort für Menschen, die Natur und Kultur lieben. Doch diese Insel hat seit mehreren Jahren noch viel mehr zu bieten. Attraktiv ist sie besonders für Chinesen, Russen und Ukrainer. Diese kommen wegen Zyperns „goldenen Pässen“.

Zypern ist seit 2004 Mitgliedstaat der EU. Seit 2013 erlaubt Zypern jedem, der bereit ist, 2 Millionen Euro in den Geschäfts- oder Immobiliensektor des Inselstaates zu investieren, die Staatsbürgerschaft zu erhalten. Das Geschäftsmodell ging auf. Für viele ist es buchstäblich Gold wert – wenn sie eine neue Identität benötigen oder einen sicheren Zufluchtsort in Europa suchen.

In den letzten Jahren haben etwa 4000 Personen die „goldenen Pässe“ von Zypern bekommen. Seit der Einführung des sogenannten Cyprus Investment Programme (Zypern-Investitionsprogramm) im Jahr 2013 hat Zypern durch den Verkauf von „goldenen Pässen“ an wohlhabende Ausländer mehr als 7 Milliarden Euro umgesetzt.

„Al-Jazeera“ enthüllt: Personen mit krimineller Vergangenheit kaufen sich „goldene Pässe“

Ein neuer Enthüllungsbeitrag des TV-Senders „Al-Jazeera“ zeigt, wie das fragwürdige Geschäft in Zypern läuft. Mit versteckten Kameras hat das Reporterteam Gespräche mit hochrangigen Politikern gefilmt. Von 2017 bis 2019 haben über 500 Chinesen die goldenen Pässe von Zypern bekommen. China erlaubt keine doppelte Staatsangehörigkeit. Warum kaufen viele wohlhabende Chinesen heimlich die Staatsbürgerschaften anderer Länder?

Es ist nicht das erste Mal, dass die zyprischen „goldenen Pässe“ internationale Schlagzeilen machen. Bereits im August hatte „Al-Jazeera“ über die leichtfertige Vergabe der zyprischen Staatsbürgerschaft an Personen mit krimineller Vergangenheit berichtet. Davor hat die Nachrichtenagentur Reuters im Oktober 2019 schon einmal darüber berichtet, dass Personen aus dem engen Kreis des kambodschanischen Herrschers Hun Sen vom zyprischen Einbürgerungsprogramm profitiert hätten.

Hun Sen ist bekannt für seine Brutalität. Seine Nichte und ihr Ehemann, der Polizeichef Kambodschas haben 2017 die zyprischen Pässe erworben.

Fiktiv: Im Auftrag eines reichen Chinesen …

Am Montag strahlte „Al-Jazeera“ einen neuen Beitrag aus. Für die Recherche vor Ort gaben sich zwei Reporter von Al-Jazeera als Beauftragte eines reichen Chinesen aus. Für den Kunden sollten die beiden angeblich herausfinden, wie dieser einen zyprischen Pass bekommen könnte.

Zuerst suchten sie eine Immobilienagentur in London auf und erzählten den Agenturinhabern eine fiktive Geschichte. Ihr Auftraggeber Mr. X sei eine wohlhabende Person aus China und habe dort ein paar Probleme. Er sei wegen Korruption und Geldwäscherei angeklagt worden, konnte aber zum Glück rechtzeitig nach Hongkong fliehen und sein Vermögen über Casinos in Macau außer Landes schaffen. In Abwesenheit sei er zu sieben Jahren Haft verurteilt worden.

Da China immer mehr Einfluss in Hongkong hat, ist die Sonderverwaltungszone auch nicht mehr sicher für Mr. X. Er benötige ganz dringend einen zyprischen Pass, obwohl er kaum eine Chance hat, ein makelloses polizeiliches Führungszeugnis vorzulegen. Doch für den Erwerb der zyprischen Staatsbürgerschaft ist ein sauberes Führungszeugnis die offizielle Bedingung. Der Inhaber der Londoner Agentur meinte, es gebe keinen Grund aufzugeben. Er hat den beiden verdeckten Reportern weitere Kontakte in Zypern vermittelt.

Die Reporter reisten nach Zypern und trafen dort einen Anwalt, der ihnen versicherte – mit dem besten Kontakt bis hin zur obersten Schicht der Politik – immer eine Lösung finden zu können.

Schlüsselperson in Zypern: Giovani und die Giovani Group

Der Weg der Recherche führte dann zu einer Schlüsselperson: einem Parlamentarier namens Christakis Giovani. Giovani ist nicht nur Politiker, er ist auch Betreiber einer der größten Immobilien-Entwicklungsfirmen in Zypern – der Giovani Group.

Der Anwalt erzählte den beiden verdeckten Reportern, dass der Parlamentspräsident Demetris Syllouris früher auch für Giovani gearbeitet habe. Er sei ein bezahltes Vorstandsmitglied im Unternehmen von Christakis Giovani. In der Tat pflegt Christakis Giovani nicht nur zum Parlamentspräsidenten und zu den Ministerien sehr gute Kontakte, sondern auch zu Investoren aus China. Im August 2018 feierte die Jim Chang Global Holding Group ihre Gründung in Zypern.

Mit einer Investition von 50 Mio. EUR ließ die Jim Chang Global Holding Group das „Sun City“, ein 5-Sterne-Luxushotel in Zypern bauen. Der Bau wird von der Giovani-Group durchgeführt. So sichert sich Christakis Giovani Aufträge für seine eigene Firma. Durch dieses Projekt haben drei Chinesen und ihre Familienangehörigen die zyprische Staatsbürgerschaft bekommen, wie der Dokumentarfilm von Al-Jazeera berichtet.

Wegen des fiktiven Auftraggebers Mr. X hat Christakis Giovani unwissentlich den Parlamentspräsidenten Demetris Syllouris zu einem privaten Treffen mit den beiden verdeckten Reportern bei ihm zu Hause eingeladen.

Nach Veröffentlichung des Berichts: Parlamentspräsident lässt sein Amt ruhen

Parlamentspräsident Syllouris versprach die volle Unterstützung für Mr. X. Dass dieser in China angeblich zu 7 Jahren Haft verurteilt worden war, war kein Thema.

Der Verkauf von „goldenen Pässen“ ist ein bedeutender Wirtschaftszweig in Zypern. Am stärksten profitieren Anwaltskanzleien und Bauunternehmer. Denn die meisten ausländischen Investoren stecken das Geld für die Einbürgerung in Immobilien. Die „Neue Zürcher Zeitung“ berichtet sogar, dass es ein offenes Geheimnis ist, dass die Kanzlei von Präsident Nikos Anastasiades Millionenbeträge mit Einbürgerungen verdient.

Nach der Veröffentlichung des Beitrags ließ der zyprische Parlamentspräsident Syllouris sein Amt ruhen. Und die Regierung erklärte, den umstrittenen Handel mit EU-Pässen in der bisherigen Form einzustellen.

Die reichste Frau Asiens und der „goldene Pass“

Schon im August hat „Al-Jazeera“ darüber berichtet, dass in der Zeit zwischen 2017 und 2019 mindestens 500 Chinesen die „goldenen Pässe“ von Zypern erworben haben. Der Sender hat 1.400 Anträge auf zyprische Staatsbürgerschaft von einer Quelle zugespielt bekommen. In dem Bericht nannte „Al-Jazeera“ namentlich acht Chinesen, die in der Öffentlichkeit stehen.

Überraschenderweise steht der Name der reichsten Frau Asiens, Yang Huiyan und ihres Mannes auf der Liste. Die 39-jährige Geschäftsfrau ist die Tochter eines Bauunternehmers. Laut „Forbes“ war sie 2019 die fünft-reichste Person Chinas.

Eine weitere Person auf „Al Jazeeras“ Liste ist Tang Yong, Präsident des großen staatlichen Unternehmens China Resources Power Holding. Tang erhielt seinen zyprischen Reisepass im Januar 2019. Vier andere Chinesen, die ebenfalls die zyprische Staatsbürgerschaft bekommen haben, bekleiden unterschiedliche politische Ämter in der Stadt, wo sie wohnen.

Reiche Geschäftsleute haben kein Vertrauen in das politische System Chinas

Auch wenn es Peking nicht erlaubt, besitzen die meisten wohlhabenden, einflussreichen Chinesen heimlich einen zweiten Pass. Warum?

2 Mio. EUR für einen EU-Reisepass ist der Preis, den viele wohlhabende Chinesen bereit sind zu bezahlen – weil sie sich in China unsicher fühlen. Der politische Kurs könnte sich jederzeit ändern. Gerade die Reichen möchten auch mehr Sicherheit für ihr Vermögen.

Eine Studie der AfrAsia Bank über die globale Wohlstandsmigration zeigt, dass China mit 15.000 reichen Auswanderern im Jahr 2018 den 1. Platz belegt. Im Jahr 2017 waren es 10.000. Die Gesamtzahl der vermögenden Personen in China hat sich von 2017 bis 2018 nicht groß verändert. Allerdings ist die Anzahl der reichen Auswanderer um 5000 gestiegen.

Im Vergleich zu der gesamten Einwohnerzahl Chinas wirkt die Anzahl von 15.000 reichen Auswanderern lächerlich klein. Warum ist die Anzahl für uns relevant? Sie ist wichtig, weil sie ein Indikator ist. Wenn viele wohlhabende Menschen auswandern, bedeutet dies, dass es ernsthafte Probleme in diesem Land gibt. Es könnte an der Umweltverschmutzung oder am Mangel der Geschäftsmöglichkeiten liegen, könnte aber auch politische oder religiöse Gründe haben.

Im Vergleich zur Mittelschicht der Gesellschaft sind die Wohlhabenden in der Lage schnell auszuwandern, sobald sie Gefahr spüren – weil sie die finanziellen Mittel dazu haben.

Die Staatsführung Chinas preist oft ihren „Systemvorteil“ an – vor allem nach dem Ausbruch des neuartigen Corona-Virus. Wenn man allerdings schaut, wie viele hochrangige Beamte und reiche Geschäftsleute Chinas ihre Kinder ins Ausland schicken und ihr Vermögen ins Ausland schaffen, dann weiß man schon, wieviel Vertrauen sie in das politische System Chinas haben. Nämlich sehr wenig.

„Goldene Visa“: Malta, Bulgarien

Zypern ist nicht das einzige Land, das reichen Ausländern die Möglichkeit zur Einbürgerung bietet. Malta und Bulgarien bieten auch ähnliche „goldene Pässe“ an wie Zypern. In vielen anderen EU-Ländern können Ausländer „goldene Visa“, also Aufenthaltsbewilligungen, durch Investitionen erwerben.

Dieses Geschäft ist seit langem der EU-Kommission ein Dorn im Auge. Der Lebenshintergrund des Antragstellers sollte verschärft überprüft werden, zum Beispiel auf eine kriminelle Vergangenheit. Das würde aber meines Erachtens nicht ausreichen. Die „goldenen Pässe oder Visa“ können auch für eine gezielte Infiltration missbraucht werden – und zwar von Ländern, die nicht die gleichen Werte wie die EU-Länder teilen.

Um die Infiltration der amerikanischen Gesellschaft durch das kommunistische China zu bekämpfen, hat die US-Regierung ein Einwanderungsverbot für Mitglieder der kommunistischen Partei Chinas erlassen. Die USA haben die Tür zugemacht.

Viele Parteikader sind nun gezwungen, nach alternativen Zielländern für die Auswanderung zu suchen. Die EU-Länder sind beliebt bei vielen Chinesen. Damit steht die Frage im Raum: Brauchen die EU-Länder eine ähnliche Regelung wie die USA, damit sie besser auswählen können, wen sie als Neubürger in der Europäischen Union begrüßen wollen?

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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