Gutes und schlechtes CO₂

Warum ist CO₂ eines Holzfeuers klimaneutral, während Kohlefeuer wegen seiner CO₂-Schädlichkeit sofort abgeschafft werden muss? Welchen Beitrag leisten fossile Kraftwerke beim Einsparen von Emissionen? Und was verlieren wir alles noch, wenn wir fossile Kraftwerke abschalten?
Titelbild
Holz gilt als nachhaltiger Brennstoff, Kohle trotz niedrigerer CO₂-Emissionen nicht.Foto: iStock
Von 24. Mai 2022

Es hätte (fast) ganz Hamburg bis 2038 mit Strom versorgen können, doch nach acht Jahren Bauzeit und weniger als sieben Jahren am Netz war bereits wieder Schluss. Bis Juli 2021 war das Steinkohlekraftwerk Moorburg im Hamburger Hafen eines der modernsten und saubersten Europas.

Drei Milliarden Euro hatte es gekostet und soll nun – nach Teilabriss des voll funktionsfähigen Kraftwerks für mehrere hunderte Millionen Euro – zu einem Wasserstoffstandort umgebaut werden. Zuvor hatte man überlegt, zumindest die Wärme für Hamburg mit Buschholzpellets aus Namibia grüner zu machen. Doch was/wie unterscheidet sich eigentlich das CO₂ aus der Verbrennung beider Brennstoffe?

Verbrennung von Holz ist nicht CO₂-neutral

Einerseits werden Kohle- und andere fossile Kraftwerke abgeschaltet, weil sie CO₂ erzeugen, das angeblich in der Natur nicht ausreichend wieder aufgenommen werden kann.

Andererseits werden Holz- und daraus abgeleitet, Pelletheizungen propagiert, weil das Holz, welches verheizt wird, nachwächst. Die Verbrennung sei daher CO₂-neutral. Nur, bis ein gefällter Baum wieder nachgewachsen ist, vergehen bis zu 80 Jahre, in denen das zuvor verbrannte CO₂ nicht in dem Maße kompensiert werden kann, wie es erzeugt wird.

Das heißt, „Nachhaltigkeit“ oder „CO₂-Neutralität“ im Zusammenhang mit Holzverbrennung zu behaupten, ist, zumindest auf der Zeitschiene der angestrebten Klimaneutralität, ein Irrglaube, der korrigiert werden muss. Andernfalls ist auch Steinkohle CO₂-neutral, ist sie doch nichts anderes als Millionen Jahre gelagerter, komprimierter Wald.

In diesem Zusammenhang lohnt sich der Vergleich der CO₂-Erzeugungen bei getrennter und kombinierter Wärme- und Stromproduktion. Als Vergleichsmaßstab soll oben genanntes Steinkohlekraftwerk Moorburg in Hamburg dienen, das 1.650 Megawatt Strom und 650 Megawatt Fernwärme erzeugen konnte.

CO₂-freie Wärme aus fossilen Kraftwerken

Fossile Kraftwerke arbeiten im Grundprinzip wie Dampflokomotiven. Die Verbrennung von Kohle oder Gas erhitzt Wasser, das als Dampf die Turbine antreibt, die mit einem Generator verbunden ist. Aus der Restwärme kann gegebenenfalls Prozess- oder Fernwärme gewonnen werden, bevor der Dampf meist mithilfe von Kühltürmen wieder zu Wasser kondensiert.

Da circa 98 Prozent der Kesselleistung in die Stromerzeugung gehen, kann man das entstehende CO₂ dort zuordnen. Die entstehende Fernwärme ist als Abfallprodukt emissionsfrei. Da Strom rund um die Uhr benötigt wird, kann davon ausgegangen werden, dass auch die (mögliche) Fernwärme zu jedem Zeitpunkt zur Verfügung gestanden hätte. Bei 180 Tagen Heizperiode à 16 Stunden/Tag ergibt sich eine jährliche Heizenergie von 650 MW x 180 d x 16 h/d = 1,872 TWh, die es zu ersetzten gilt.

Damit hätte Moorburg rechnerisch knapp 70.000 Hamburger Haushalte mit abgasfreier Wärme versorgen können. Hätte, denn die Fernwärmeanbindung wurde nicht realisiert. Ohne diese musste die Energie an die Umwelt abgeführt und alternative Heizformen verwendet werden. Wärmepumpen benötigen ihrerseits Strom. Gas ist knapp, bleibt Holz – das, bei der Verbrennung sogar höhere Emissionen freisetzt, die sich in Städten entsprechend konzentrieren.

Spezifische CO₂-Emissionen verschiedener Brennstoffe.

Spezifische Kohlendioxidemissionen verschiedener Brennstoffe. Foto: Mit freundlicher Genehmigung, eigene Darstellung K. H. RichardtREFRESH Artikel

Hauptsache Klimarettung?

Der Wirkungsgrad von (offenen) Kaminen beträgt etwa 15 Prozent. Die Raumwärme entsteht größtenteils durch die Flammabstrahlung. Die Wärmeströmung der erwärmten Luft entweicht ungenutzt durch den Schornstein.

Im Gegensatz zum Kamin hat ein Holzofen oder Kassettenkamin den Vorteil, sowohl Strahlungs- als auch Konvektionswärme nutzen zu können. Somit sind Wirkungsgrade um 60 Prozent möglich.

Noch eine Stufe größer und effizienter sind komplexe Holzheizwerke mit Wärmetauscher, was Wirkungsgrade bis 75 Prozent ermöglicht.

Letzteres war auch für Hamburg angedacht. So hat die Umweltbehörde unter Leitung der Grünen im Mai 2020 mit Namibia eine Absichtserklärung zur Lieferung von Buschholzpellets für die Wärmeversorgung der Stadt unterzeichnet. Diese Überlegung hatte gleich mehrere Haken:

Da die Energieausbeute von Holz geringer ist, wäre bei gleicher Heizleistung mehr CO₂ entstanden. Zudem ist Holz in vielen afrikanischen Ländern Mangelware und als Hauptenergiequelle zum Heizen und Kochen überlebensnotwendig.

Zusammengefasst lässt sich sagen, je aufwendiger die Art der Holzverbrennung, umso besser der Wirkungsgrad und umso geringer die CO₂-Emissionen der nutzbaren Wärme. Hinzu kommt, jede andere Form der Heizung anstelle eines Fernwärmenetzes erzeugt mehr Emissionen. Auch das Heizen mit Strom.

thermische Leistung
1,872 TWh/a
Holzkamin Holzofen Holzheizwerk Fernwärme
aus Abwärme
Wirkungsgrad 15 % 60 % 75 % je nach Kraftwerk
erforderlicher Energie- aufwand [TWh/a] 12,48 3,12 2,496
CO₂ [Mio. t/a] 4,867 1,217 0,973 0

Mehr Emissionen, um Emissionen zu ersetzten

Grundsätzlich sind alle Kraftwerke mit Dampfkessel zur schadstofffreien Wärmeabgabe an Fernheizsysteme geeignet. Der CO₂-Ausstoß unterscheidet sich dabei nur durch den Wirkungsgrad und die jeweiligen Stoffeigenschaften. Im Folgenden sollen drei Kraftwerkstypen auf Basis der Stromerzeugung von Moorburg verglichen werden:

Gaskombikraftwerk

Gaskombikraftwerke werden mit Gasturbinen, mit Abhitzekessel(n) und angeschlossener Dampfturbine(n) betrieben. Die Abwärme der Gasturbine reicht aus, um noch einmal 50 Prozent elektrische Leistung zusätzlich zur Gasturbinenleistung zu gewinnen plus Fernwärme aus dem Dampfkondensator. Der Wirkungsgrad für die Stromerzeugung beträgt 47 Prozent.

Steinkohlekraftwerk

Das moderne Steinkohlekraftwerk Moorburg mit sehr hohen Dampfdrücken und Temperaturen braucht sich mit einem Wirkungsgrad bei der Stromerzeugung von 46,5 nicht hinter Gaskraftwerken verstecken. Der Rohstoff – Steinkohle – lässt sich allerdings leichter transportieren und lagern.

Holzkraftwerk

Bei Holzpellets, die einen geringeren Heizwert (5 kWh/kg) aufweisen als Steinkohle (8,3 kWh/kg), können die Kessel nicht so kompakt gebaut werden, wie bei Steinkohle. Aus diesem Grund sinkt der Wirkungsgrad bei der Stromerzeugung auf 35 Prozent.

Die spezifischen CO₂-Emissionen sind pro erzeugter Kilowattstunde elektrische Energie bei Holz damit am höchsten. Am geringsten sind sie bei Gas, unmittelbar gefolgt von Kohle.

elektrische Leistung
13 TWh/a
Gaskraftwerk Steinkohlekraftwerk
Moorburg
Holzkraftwerk
Wirkungsgrad 47 % 46,5 % 35 %
erforderlicher Energie- aufwand [TWh/a] 27,64 27,93 37,11
spez. Emissionen
[kg CO₂/kWh]
0,2 0,34 0,39
CO₂ [Mio. t/a] 5,527 9,497 14,473

Netto-Null … beim Waldwachstum

Es ist nach wie vor strittig, ob das CO₂ allein oder teilweise für die menschengemachte Erderwärmung zuständig ist. Angesichts des überschaubaren Anteils Deutschland an den Weltemissionen ist zudem fraglich, welchen Beitrag Null-Emissionen in Deutschland (2017: 2,23 %; 2020: 1,93 %) oder Europa (2017: 9,87 %) leisten können. Allein China emittierte im selben Zeitraum fast dreimal soviel CO₂ (2017: 28,16 %; 2020: 31 %) wie Europa, die USA etwa 1,5-mal so viel (2017: 14,96 %)

Allerdings hat China nicht nur, die höchsten Emissionen, sondern mit großem Abstand auch den meisten neuen Wald. Laut „FAO Report Global Forest Resources Assessment 2020“ wächst Chinas Waldfläche um 1,937 Millionen Hektar – pro Jahr. Das entspricht einer Fläche von knapp 100 mal 200 Kilometer oder etwa der doppelten Stadtfläche Berlins. Deutschlands Waldfläche ist seit 2008 hingegen leicht gesunken.

Dabei stellt sich die Frage: Wenn Holzverbrennung treibhausgasneutral ist, weil ein Baum irgendwann nachwächst, warum pflanzt Deutschland keine Wälder, um die Emissionen der bestehenden Kraftwerke auszugleichen?

Nun, es entstehen hierzulande bereits neue Wälder, zwischen 2010 und 2020 jährlich etwa eintausend Hektar oder etwa drei mal drei Kilometer. Allerdings fallen gleichzeitig unzählige Bäume den Kettensägen zum Opfer, um Platz für Windkraftanlagen zu schaffen. Und allein die Ausweisung neuer Waldflächen speichert ohne Bäume noch kein CO₂.

Verringern, verlieren, vermeiden

Im propagierten Wettlauf gegen die Zeit, gehen die Bemühungen eindeutig in Richtung Energie sparen und Emissionen verringern. Allerdings dienen fossile Kraftwerke nicht nur der Stromerzeugung. Was also verlieren wir noch beim Abschalten fossiler Kraftwerke?

1. Fernwärme

2019 betrug der Fernwärmeanteil 108 TWh oder 4,3 Prozent vom Gesamtendenergieverbrauch (2.514 TWh). Diese Energie zum Heizen kann aufgrund Material- und Personal- sowie in Ballungszentren wegen Platzmangel nicht so einfach ersetzt werden.

2. Gipsproduktion

Der Schwefelanteil der Kohle wurde in der Rauchgasentschwefelungsanlage mittels Kalkmilch in Gips umgewandelt. Ersatz ist nur möglich mit Naturgips aus Gipskarstvorkommen wie im Harz. Diese liegen jedoch alle in Naturschutzgebieten.

3. Stickstoff

Während der Abgasnachbehandlung wird neben Schwefel auch Stickstoff gewonnen, der der Düngemittelindustrie zugeführt wird.

4. Zement

Aschestäube und Asche der Kohlekraftwerke finden Verwendung in der Zementindustrie oder im Straßenbau.

Energiesparen führt also nicht nur zur Verringerung von Emissionen, sondern auch zum Verlust von Industrie. Andersherum ergibt sich in der Industrie erhebliches Einsparpotenzial, zum Beispiel durch Verlagerung des Transportverkehrs auf die Schiene. Zur Effizienz gehört auch, Rohprodukte und Halbzeuge nicht mehrfach um den (halben) Globus zu transportieren, einschließlich Nordseekrabben, die aufgrund günstiger Lohnkosten in Marokko gepult werden, bevor sie zum Verzehr zurück an die Nordsee gelangen.

Einen weiteren Punkt sollte man unbedingt vermeiden: Chemisch identische Stoffe je nach ihrer Entstehung als schädlich beziehungsweise treibhausgasneutral zu bezeichnen.

Über den Autor

Dipl.-Ing. Klaus Hellmuth Richardt (Jahrgang 1951) interessierte sich schon früh für Technik, die er mit seinem Maschinenbaustudium an der Universität Fridericiana zu Karlsruhe zu seinem Beruf machte. Während 38 Jahren bei Entwicklung, Vertrieb, Bau, Betrieb, und Modernisierung von Wasserkraft- und thermischen Kraftwerken, einschließlich Nuklear-, Kohle-, Öl-, Müll-, Gas-, Kombi- und Solar-  erwarb Richardt nach eigenen Angaben einen einzigartigen Überblick und lernte, wie man die Dinge jenseits der „deutschen Brille“ sieht.

In seinen Büchern „Damit die Lichter weiter brennen“ und „Grüne Volkswirtschaft“ möchte er Wege aufzeigen, wie man durch alternative Konzepte weniger Schadstoffe erzeugt und volkswirtschaftliche Schäden verhindert.

(redaktionelle Bearbeitung ts)

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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