Infokrieg: Iran betreibt seit zehn Jahren gezielte Desinformations-Kampagnen in sozialen Medien

Das Regime in Teheran betreibt seit 2009 eigene koordinierte und proaktive Kampagnen im Internet. Neben der Einschüchterung von Dissidenten geht es dabei um die Einflussnahme auf die öffentliche Meinung im Ausland. Hauptzielgruppe von Propaganda ist die extreme Linke. 
Titelbild
Im Jahr 2012 erwarb die TCI aus der VR China modernste Überwachungssoftware, um dabei die Effektivität zu steigern. Cyberkrieg-Symbolbild.Foto: istock
Von 9. Januar 2020

Erst nach der überraschenden Niederlage „ihrer“ Kandidatin Hillary Clinton bei den US-Präsidentschaftswahlen 2016 entdeckten Politiker und Medien die „russischen Einflussoperationen“ in sozialen Medien als Thema für sich. Die Motivation dahinter war oft durchschaubar – der Narrativ der russischen Cyber-Offensive half, Donald Trumps Wahlsieg zu delegitimieren und Selbstkritik hinsichtlich der Kandidatin und der Inhalte der Demokraten zu vermeiden. Zudem war es nicht das Ziel des Kreml, Donald Trump ins Weiße Haus zu bringen, sondern die Demokraten mit Bernie Sanders auf einen extremen Linkskurs zu bewegen, wie ihn etwa auch die griechische Syriza, Jeremy Corbyn oder Spaniens „Podemos“ verfochten.

Auf die Idee, soziale Medien zu nutzen, um die öffentliche Meinung in anderen Ländern in einer politisch gewünschten Weise zu beeinflussen, sind jedoch auch eine Reihe anderer staatlicher Akteure gekommen, und sie betreiben dieses Geschäft zum Teil auch deutlich länger. Neben der VR China, Nordkorea und Saudi-Arabien hat sich vor allem der Iran in dieser Richtung hervorgetan – mit Schwerpunkt in der anglo-amerikanischen Welt.

Hasskampagne gegen britische Prinzessin aus Teheran gesteuert

Wie der „Telegraph“ unter Berufung auf Auswertungen des Digital Forensic Lab des Atlantic Council berichtet, verfolgt der Iran seine strategischen Ziele seit Jahren und 2014, das Jahr vor dem Abschluss des Atomabkommens JCPOA, bildete dabei den bisherigen Höhepunkt.

Mittlerweile sind die Betreiber der sozialen Medien hellhörig geworden gegenüber dem, was sie „auffälliges Gebaren“ von Nutzern oder Accounts nennen. Seit 2018 hat Twitter bereits drei Kampagnen gestoppt, die sich mit hinreichender Sicherheit als Einflusskampagnen des Mullah-Regimes identifizieren ließen.

Erst im Mai des Vorjahres löschte Facebook „koordinierte“ iranische Accounts, die eine gezielte Kampagne gegen die britische Prinzessin Eugenie betrieben, die ihre Hochzeit mit Jack Brooksbank feierte. In Memes von Seiten wie „Republicanism for Great Britain“ wurde das Paar etwa in ein Bild montiert, das Obdachlose zeigt – dazu die Behauptung, die Prinzessin „erwarte vom Steuerzahler, dass er ihre Traumhochzeit bezahlt, während die Armenküchen überfüllt sind“.

Bereits im August 2018 entfernte Facebook hunderte Seiten, die sich als solche von Nachrichtenportalen oder Graswurzelbewegungen ausgaben. Sie betrieben Propaganda für den damaligen Labour-Chef Jeremy Corbyn und agitierten gegen den Brexit.

„Innenpolitische Themen für sich entdeckt“

Auf die Spur gekommen war der Operation eine Untersuchung des Cybersicherheits-Unternehmens FireEye, die nicht authentische Nachrichtenseiten und dazugehörige Accounts mit Social-Media-Plattformen in Verbindung bringen konnten. Diese „Nachrichtenseiten“ reproduzierten die Narrative, die im Einklang mit der Propaganda des Regimes in Teheran sind – von Hetze gegen Saudi-Arabien und Israel bis hin zur Forderung nach einer Iran-freundlichen Politik der USA. Dann forschte man nach, wo die Seiten registriert wurden und welche Telefonnummern den Accounts zuzuordnen waren – in beiden Fällen war dies der Iran. Facebook, Google und Twitter verifizierten die Angaben in eigenen Untersuchungen und handelten.

„Russlands Bemühungen, Spaltung in den USA zu säen und die Gräben zwischen den Communitys zu vergrößern, um die Institutionen und die Wahrnehmungen bezüglich der Demokratie zu unterminieren, haben große Aufmerksamkeit erfahren“, erklärt Lee Foster, Manager für die Analyse von Informationsoperationen bei FireEye, gegenüber dem „Telegraph“.

Der Iran hat ebenfalls in traditionelle Formen der Propaganda investiert, wie das Diskreditieren von Rivalen, und hat innenpolitische Themen als Punkt zum Andocken für sich entdeckt.“

Die iranische Cyberoffensive reicht zurück bis in den September 2009, als die „Islamischen Revolutionsgarden“ (IRGC), nicht zuletzt unter dem Eindruck der Massenproteste gegen das Regime Ahmadinedschad, die staatliche iranische Telekommunikationsgesellschaft TCI de facto an sich rissen. Dies ermöglichte ihnen nicht nur die bessere Überwachung und Kontrolle von Dissidenten, sondern erleichterte ihnen auch eigene proaktive Operationen nach innen und außen.

Software zur Überwachung von Dissidenten stammt aus China

Seit 2010 überwachte das Regime die Aktivitäten seiner Bürger in sozialen Medien. Im Jahr 2012 erwarb die TCI aus der VR China modernste Überwachungssoftware, um bei der Überwachung die Effektivität zu steigern. Präsident Mahmoud Ahmadinedschad bildete damals den „Obersten Cyber-Rat“, der „Übel im Internet“ bekämpfen solle.

Nachdem bereits die IRGC erste „Cyberarmeen“ aufgebaut hatten, begann der Cyber-Rat, Hackerdivisionen („Kätzchen“ in Anspielung auf die bekannte Perserkatze) aufzustellen und auch Fake-Accounts auf Facebook und LinkedIn einzurichten. Über die Anzahl der Cyberkrieger herrscht Unklarheit, bis zu 10 000 Personen könnten Schätzungen zufolge involviert sein.

Während der Proteste, die den Iran im Januar 2018 heimsuchten, seien überfallsartig Accounts auf Twitter aufgetreten, deren Ziel es war, Videos von Protestierenden zu diskreditieren und „Honigfallen“ oder „falsche Fährten“ einzurichten, um diese zu erfassen und zu demotivieren.

Lee Foster zufolge betreibe der Iran mittlerweile „extensive Operationen“ in aller Welt, deren Zielpublikum ein internationales sei. Vor allem geopolitische Rivalen habe man ins Visier genommen – wie Saudi-Arabien, den Jemen und die USA.

Iranische Cyberkrieger greifen bestehende Memes auf

Dort setze man ebenfalls auf Kampagnen zur Verstärkung der Polarisierung und Uneinigkeit in der Gesellschaft, etwa durch – mittlerweile gelöschte – Themenseiten mit Bezugnahme auf die Bewegung „Black Lives Matter“. Dies sind nicht authentische Seiten von Kandidaten für politische Ämter oder erfundene Personen, die erst eine Followercommunity aufbauten und dann als vermeintliche Influencer auf den Plan traten, um Botschaften zu verbreiten.

Renee DiResta, eine für die Mozilla Federation tätige Expertin zum Thema Desinformation in Medien, erklärt, iranische Taktiken würden sich von denen der Russischen Föderation in zweierlei Weise unterscheiden.

Zum einen kreiert Russlands Internetforschungsagentur eigene Grafiken und Memes und verfasst eigenen Content. Irans Infokriege satteln hingegen vorwiegend auf bereits bestehende Inhalte und Memes auf und versuchen, deren Reichweite drastisch zu erhöhen.

Zum anderen konzentriert sich der iranische Infokrieg vorwiegend auf die extreme Linke, während die extreme Rechte – obwohl ebenfalls von Natur aus Mullah-freundlich – vernachlässigt wird. Russland hatte demgegenüber noch versucht, auch die extreme Rechte anzuagitieren, um eine Strategie der Spannung zu fahren.

Aufrufe zur „Blutrache“ für Soleimani

Im Fall des Iran hätte es zudem weniger Sinn gemacht, der US-amerikanischen Alt-Right den Rücken zu stärken, die versucht hatte, die erfolgreiche Wahlkampfkampagne für Donald Trump für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Anders als im Fall Russlands, wo Trump gegenüber Putin als vergleichsweise gesprächsbereit galt und aus russischer Sicht zumindest als das kleinere Übel gegenüber Hillary Clinton erscheinen musste, standen die Demokraten für eine deutlich Iran-freundlichere Politik als die Republikaner.

Auch die Ausschaltung des Kommandanten der Quds-Brigaden, Qassem Soleimani, scheint die iranischen Cyberkrieger zu einer koordinierten Aktion mobilisiert zu haben. Einen Tag nach dem Drohnenangriff tauchten 21 000 Profile auf, die den Hashtag „hard revenge“ enthielten. Diese und 7000 neu errichtete Twitter-Accounts, die eine ähnliche Stoßrichtung hatten, wurden mittlerweile gelöscht.

Während Satireseiten wie „Babylon Bee“ scherzen, der Iran lagere künftig seine staatliche Propaganda an den linken US-Sender MSNBC aus, weil dieser, indem er die Propaganda Teherans reproduziere, „uns Zeit ersparen würde beim Entwickeln von Propaganda und der Gehirnwäsche bei der Bevölkerung“, höhnten Social-Media-Nutzer in Deutschland, hier würden sich iranische Propagandaoffensiven ebenfalls erübrigen, weil von ganz links bis ganz rechts einhellig für Teheran Partei ergriffen würde.

Jedoch gingen die iranischen Cyberkrieger noch weiter als bloß mehr oder minder subtile Beeinflussung zu betreiben. Sie riefen zu gewalttätigen Aktionen auf, um „Blutrache“ für den Terror-General zu üben. Dies ging auch den Betreibern von Instagram oder Twitter zu weit.

Private Unternehmen als mögliche Ziele

Experten aus den Bereichen Geheimdienste und Cybersicherheit halten unterdessen Propaganda-Offensiven nicht für das größte Problem im Zusammenhang mit Übergriffigkeiten vonseiten des iranischen Regimes.

Stattdessen rechnen sie damit, dass der Iran versuchen wird, das Rückgrat der freien Ordnung der Vereinigten Staaten zu brechen – nämlich die innovative und dynamische Privatwirtschaft. Am Dienstag (7.1.) mahnte das US Department of Homeland Security vor allem Unternehmen, diese sollten ihre Vorkehrung zur Abwehr möglicher Cyberangriffe im Angesicht der Spannungen mit dem Iran „überdenken und überprüfen“.

Bereits im Jahr 2016 wurden Hacker angeklagt, die im Auftrag des Iran Cyberangriffe auf die Wall Street und deren Unternehmen verübt hatten. Sie hatten unter anderem die New Yorker Börse, Nasdaq, die Bank of Amerika, JP Morgan Chase und AT&T ins Visier genommen. Zudem seien sie 2013 drei Wochen lang in ein Computerkontrollsystem für einen Staudamm in New York eingedrungen.

„Wir haben bereits zuvor Fälle erlebt, in denen effektiv versucht wurde, private Akteure durch Einflussoperationen zu behelligen“, erklärte Lee Foster. „Die Taktiken und Methoden, die wir in der politischen Sphäre erlebt hatten, stehen nun auch bereit, um den privaten Sektor zu beeinflussen. Es kommt nur auf die Motivation an.“

So könnten bekannte Industrieunternehmen ins Visier genommen werden, was den USA selbst und seiner Wirtschaft schaden würde. Zudem könnte man Angriffe auf Unternehmen starten, um deren Börsenkurs zu beeinflussen, um daraus selbst Kapital zu schlagen. Zudem wären gezielte Diskreditierungskampagnen gegen bestimmte amerikanische Unternehmen und Industriezweige denkbar, um eigene wirtschaftliche Interessen durchzusetzen und bestimmten Akteuren einen Vorteil zu verschaffen.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


Eine Buchempfehlung vom Verlag der Epoch Times

Der Öffentlichkeit ist wenig über den Einfluss der KP Chinas auf den Iran bekannt. In der sogenannten „peripheren Strategie“ der Kommunistischen Partei werden Staaten, die die Partei als zentrale Schlüsselstaaten ansieht, etabliert. Der Iran ist einer davon. Schlüsselstaaten sind für China die, die über eine beträchtliche regionale Macht verfügen und die Peking mit seinen Kapazitäten und Ressourcen leiten kann. Weiterhin haben diese Staaten keine direkten Konflikte in Bezug auf strategische Interessen mit der KP China und keine engen gemeinsamen Interessen mit den Vereinigten Staaten.

Im Nahen Osten ist der Iran der Empfänger der größten chinesischen Investitionen. Peking unterhält seit den 1980er Jahren enge wirtschaftliche und militärische Beziehungen zum Iran.

1991 stellte die Internationale Atomenergiebehörde fest, dass die KP China Uran in den Iran exportiert hatte und dass China und der Iran 1990 ein geheimes Atomabkommen unterzeichneten. Als 2002 das iranische Urananreicherungsprojekt bekannt wurde, zogen sich westliche Ölgesellschaften aus dem Land zurück und gaben der KP China damit die Möglichkeit, die Situation zu nutzen und engere Beziehungen zum Iran aufzubauen.

Dank der Unterstützung der KP China konnte der Iran die ihm auferlegte internationale Isolation überstehen und ein breites Arsenal an kurz- bis mittelfristigen ballistischen Raketen sowie Schiffsabwehrraketen entwickeln. Die Chinesen versorgten sie auch mit Seeminen und angriffstauglichen Schnellbooten und halfen dem Iran, ein Projekt für verdeckte chemische Waffen zu realisieren. Diese Tatsachen werden in Kap. 18 des Buches „Wie der Teufel die Welt beherrscht“ dargelegt.

Hier weitere Informationen und Leseproben.

ISBN Band 1: 978-3-9810462-1-2, Band 2: 978-3-9810462-2-9, Band 3: 978-3-9810462-3-6, Drei Bände 1-3: 978-3-9810462-6-7. Einzeln kostet jeder Band 19,90 Euro (zzgl. 2,70 Euro Versandkosten), alle drei Bände gemeinsam sind im Moment noch zum Sonderpreis von 50,50 Euro (kostenloser Versand innerhalb Deutschlands) zu erwerben. Das Buch hat insgesamt 1008 Seiten und über 1200 Stichworte im Indexverzeichnis.

Bestellmöglichkeiten: Das dreibändige Buch ist sofort erhältlich in unserem neuen Online-Buch-Shop, bei Amazon oder direkt beim Verlag der Epoch Times – Tel.: +49 (0)30 26395312, E-Mail: [email protected]

Das Buch gibt es auch als E-Book und als Hörbuch

Das E-Book gibt es in den Formaten PDF, EPUB oder MOBI. Das Hörbuch bieten wir im MP3-Format zum Download an. Einzeln kostet jeder Band 17,90 Euro, alle drei Bände sind im Moment noch zum Sonderpreis von 43,00 Euro zu erwerben. E-Books und Hörbücher sind in unserem neuen Online-Buch-Shop oder direkt beim Verlag der Epoch Times bestellbar – Tel: +49 (0)30 26395312, E-Mail: [email protected]

Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion