Putin und Orbán sind keine Freunde mehr? Wie eine Fake-News-Story entsteht

Ein Dorn im Auge ist vielen das gute Verhältnis zwischen Orbán und Putin. Stimmt es, dass die Lage „unfreundlich“ geworden ist?
Titelbild
Russlands Präsident Wladimir Putin und der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von 1. April 2023

Wladimir Putin hat nicht mehr viele Freunde in Europa, wird gesagt. Was Viktor Orbán angeht, so gibt es in den linken Medien keinen Zweifel daran, dass er dem Kremlchef nahesteht. Manche gehen so weit, ihn als Putins Handlanger zu bezeichnen. Der Begriff „Putins trojanisches Pferd“ ist inzwischen auch ganz üblich in Bezug auf Ungarns Ministerpräsident.

Deshalb hat sich eine Nachricht schnell verbreitet: Russland habe Ungarn auf seine Liste der „unfreundlichen Länder“ gesetzt.

Der tschechische Außenminister Jan Lipavský reagierte in einem Tweet derart: „Russland hat Ungarn auf seine Liste der ‚Unfreundlichen Länder‘ gesetzt. Willkommen im Club, liebe Freunde! Wir sind bereit, unser Know-how mit euch zu teilen, da wir eines der beiden dienstältesten Mitglieder sind.“

Die Nachricht, über die verschiedene Portale, darunter „Newsweek“, berichteten, stammt aus einem Interview, das der russische Botschafter in Ungarn, Evgeny Arnoldovich Stanislavov, am 30. März der staatlichen russischen Nachrichtenagentur „RIA Novosti“ gab.

Liest man allerdings den vollständigen Text, erwartet einen eine Überraschung.

Am Gerücht ist nichts Wahres dran

Anders als zu erwarten war, lobt der Botschafter im Interview die ungarische Regierung. Zudem wird deutlich, dass beide Länder den kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen weiterhin große Bedeutung beimessen. Ungarn leidet nicht unter einer „Russland-Phobie“, stellt der Diplomat fest und will der Politik des Westens nicht folgen, „alles Russische zu eliminieren“.

Auf eine Frage hin merkt Stanislavov tatsächlich an, dass Ungarn auf der Liste der „unfreundlichen Länder“ steht. Regierungsdokumente zufolge ist das aber nicht neu: Alle 27 EU-Mitgliedstaaten wurden unmittelbar nach Ausbruch des Krieges auf die Liste gesetzt – darunter auch Ungarn.

In der Tat hat Russland auch wiederholt neue Länder auf die Liste gesetzt. In der Regel als Reaktion auf die gegen Russland verhängten Sanktionen. Die Maßnahmen, die der Kreml gegen die „unfreundlichen Länder“ verhängt, bestehen meist aus wirtschaftlichen Beschränkungen. So dürfen die Sanktionierten zum Beispiel russisches Gas nur noch in Rubel bezahlen. Folglich kann Russland im Prinzip Sanktionen auch gegen Ungarn verhängen. Zumindest besteht die Möglichkeit dazu.

Dennoch bestätigte Stanislavov, dass der Dialog zwischen den beiden Ländern konstruktiv und aktiv ist:

Budapest hat eine wirklich pragmatische Position und ist nicht bereit, aufzugeben, auch nicht unter dem Druck seiner EU- und NATO-Verbündeten. Das liegt daran, dass es die Interessen seines Landes verteidigen will.“

Sanktionen fesseln Orbán die Hände

Was die „unfreundlichen Länder“ angeht, so hat Ungarn alle von Brüssel beschlossenen antirussischen Sanktionspakete unterzeichnet. Orbán hat in der EU kein Veto eingelegt, sondern nur Ausnahmen für Ungarn erwirkt. Im Großen und Ganzen hat Budapest die Verabschiedung der Sanktionen nicht verhindert.

So stellte der Botschafter fest, dass Orbán gezwungen ist, sie strikt umzusetzen. „Deshalb gehört Ungarn zur Kategorie der ‚unfreundlichen Länder‘, gegen die wir Vergeltungsmaßnahmen ergreifen können“, erklärte er. Gleichzeitig fügte er hinzu: „Als Botschafter dieses schönen Landes muss ich diese Tatsache mit großer Traurigkeit zur Kenntnis nehmen.“

In der Tat erschweren die Sanktionen die Zusammenarbeit, da sie die Ungarn unter Druck setzen. Stanislavov meint aber, dass die beiden Parteien trotzdem optimistisch bleiben und Russland „eine konstruktive Zusammenarbeit mit Ungarn anstrebt“. Sie werden die Kanäle des Dialogs offen halten.

Auch der ungarische Außenminister Péter Szijjártó bestätigte, dass das Land seit Beginn des Krieges auf der Liste steht. Zu den „unfreundlichen Ländern“ wurden auch alle EU-Mitgliedstaaten gezählt, da diese Sanktionen gegen Russland verhängt haben.

In einer Erklärung an den ungarischen Fernsehsender ATV sagte der Minister, dass „trotz der Aufnahme Ungarns auf diese Liste die Ungarn eine reibungslose und faire Energiezusammenarbeit mit Russland haben“.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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