Migrationsforscher warnt vor Flüchtlingswelle: „Deutschland wäre der größte Verlierer, wenn wir keine Einigung finden“
Angesichts der türkischen Grenzöffnung für Flüchtlinge hat der bekannte Migrationsforscher Gerald Knaus ein neues EU-Flüchtlingsabkommen mit Ankara gefordert.
Knaus sagte der Zeitung „Welt“ (Mittwochsausgabe), die EU müsse ein zweites Abkommen mit der Türkei schließen und der Regierung in Ankara sechs Milliarden Euro zahlen, um eine neue Flüchtlingskrise abzuwenden.
„Ich bin mir sicher, dass das auch die Forderung der Türken sein wird“, sagte Knaus, der als Architekt des EU-Türkei-Flüchtlingsabkommens von 2016 gilt. Es müsse sichergestellt werden, dass die syrischen Flüchtlinge in der Türkei relativ gut lebten und sich nicht auf den Weg nach Europa machten. „Deutschland wäre der größte Verlierer, wenn wir keine Einigung finden“, warnte Knaus.
Aus Sicht des Migrationsforschers drängt die Zeit. Die Einigung mit Ankara müsse „am besten in den kommenden Tagen“ gelingen. Wenn die griechischen Behörden zehntausende Menschen von den Inseln auf das Festland brächten, es aber keine Einigung mit der Türkei gebe, werde das „zu einem enormen Pull-Effekt“ führen.
Dann könnten sich weitere Menschen auf den Weg nach Europa machen – und wieder würden mehr Menschen bei der gefährlichen Überfahrt ertrinken, warnte Knaus.
Der griechischen Regierung machte der Forscher schwere Vorwürfe. Deren Entscheidung, einen Monat lang keine Asylanträge mehr anzunehmen, verstoße gegen „internationale Konventionen, EU-Verträge und nationales Recht“.
Es handle sich um einen „sehr beunruhigenden Präzedenzfall“, sagte Knaus. „Wirklich besorgniserregend“ sei, dass dies von der EU offenbar akzeptiert werde.
Wegen der Eskalation des militärischen Konflikts in Nordsyrien hält die Türkei seit dem Wochenende Flüchtlinge nicht mehr davon ab, von ihrem Territorium aus in die EU zu gelangen.
Griechische Sicherheitskräfte hinderten seitdem tausende Migranten daran, über die Grenze zu kommen. Athen rief die höchste Alarmstufe aus und erklärte, keine weiteren Asylanträge mehr anzunehmen.
Angesichts der Krise besuchten die EU-Spitzen am Dienstag das griechisch-türkische Grenzgebiet. Kommissionschefin Ursula von der Leyen sagte der Regierung in Athen EU-Hilfen in Höhe von 700 Millionen Euro sowie eine Aufstockung des Einsatzes der EU-Grenzschutzbehörde Frontex zu. (afp)
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