Mutterschaft und Familie als Feindbild totalitärer Ideologen

Nachdem unter dem Eindruck der Zerstörungen, die totalitäre Ideologien bis 1945 geschaffen hatten, die Nachkriegsjahre in Europa eine Phase der Rückbesinnung auf Familienwerte und eine Entideologisierung gebracht hatten, griff die kulturmarxistische 68er Revolte die Forderung nach Freigabe des Schwangerschaftsabbruchs wieder auf. Eine Analyse von Reinhard Werner.
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Schwangerschaftsabbrüche waren immer umstritten. Im deutschen Bundestag ist eine neue Debatte dazu entbrannt.Foto: istock
Von 14. Dezember 2018

Die Tötung von Kindern im Mutterleib oder noch nach der Geburt war nicht immer verpönt. In vorchristlicher Zeit war sie unter anderem in Kriegen, im Rahmen heidnischer Opferrituale oder zur Abwendung unwillkommener Verantwortung für die Sippe verbreitet. Obwohl die jüdisch-christliche Zivilisation über Jahrhunderte hinweg diese Praktiken bekämpft und zurückgedrängt hatte, wurden sie weiterhin im Verborgenen betrieben.

Die zunehmende Legitimitätskrise der in Europa einst mächtigen christlichen Kirchen nach dem Verlust Konstantinopels, Reformation, Dreißigjährigem Krieg und Französischer Revolution sowie sittlicher Niedergang und Armut, die sich parallel zur Industrialisierung und im Umfeld des Ersten Weltkriegs ausbreiteten, stellten dieses Tabu zunehmend wieder infrage.

Die Forderung nach einer weitestmöglichen Legalisierung der Abtreibung war spätestens damals zum Kernanliegen der Vertreter totalitärer Ideologien der Moderne geworden. Sie alle verband ein materialistisches und malthusianisches Weltbild. Die ursprünglichsten natürlichen Bindungen des menschlichen Daseins, Mutterschaft und Familie, waren für sie neben der Religion zum potenziellen Hindernis auf dem Weg zur Schaffung eines neuen Menschen durch organisierten politischen Willen geworden – immerhin hatte der Staat keine vollständige Kontrolle darüber.

Die Kommunisten sahen in einer Freigabe der Abtreibung vor allem ein Instrument, um die bürgerlich-kapitalistische Ordnung durch die Zerstörung der sie tragenden Pfeiler Familie, Kirche und generationenübergreifendes Denken zu unterminieren. Die Bolschewiken in Russland gehörten 1917 nach der Oktoberrevolution zu den Ersten, die den Schwangerschaftsabbruch nicht mehr unter Strafandrohung stellten. Die Maßnahme war Teil der Kampagne für eine „sexuelle Revolution“, die unter Federführung der Volkskommissarin für Soziale Fürsorge, Alexandra Kollontai, stand. Die schwerwiegenden Verwerfungen infolge dieser Gesellschaftsexperimente veranlassten Josef Stalin 1936, diesen mittels einer neuen Verfassung ein Ende zu bereiten.

Bis in die Amtszeit Chruschtschows hinein blieb fortan auch der Schwangerschaftsabbruch in der Sowjetunion verboten. Unter den sozialistischen Staaten kannten sonst lediglich Rumänien unter Nicolae Ceausescu und Nicaragua ähnlich weitreichende Restriktionen. Die DDR führte 1972 die „Fristenlösung“ ein.

Ökologismus als Synthese kommunistischer und nationalsozialistischer Depopulations-Ideen

Die Nationalsozialisten betrachteten die Abtreibung als Instrument, um ihre rassenideologischen Ziele zu verfolgen. Deshalb blieb diese hinsichtlich „reinrassiger“ und „erbgesunder“ Kinder verboten, während die Tötung „rassisch minderwertiger“ und kranker Kinder sogar zum Staatsauftrag wurde. In von der Wehrmacht besetzten Gebieten wie Polen wurden zuvor bestehende Abtreibungsverbote abgeschafft. Während slawische Kinder, die den Rassenanforderungen der Nationalsozialisten entsprachen, verschleppt und zur Zwangsadoption freigegeben wurden, war für jüdische und erbkranke Kinder vor und nach der Geburt ausnahmslos die Tötung vorgesehen. Um Schwangerschaften potenzieller Träger von Erbkrankheiten zu verhindern, griffen die Nazis auch zum Mittel der Zwangssterilisation.

Nachdem unter dem Eindruck der Zerstörungen, die totalitäre Ideologien bis 1945 geschaffen hatten, die Nachkriegsjahre in Europa eine Phase der Rückbesinnung auf Familienwerte und eine Entideologisierung gebracht hatten, griff die kulturmarxistische 68er Revolte die Forderung nach Freigabe des Schwangerschaftsabbruchs wieder auf. Neben Beweggründen, wie sie bereits 1917 in Russland eine Rolle gespielt hatten, wurden nun jedoch mehr als zuvor malthusianische Vorstellungen herangezogen, um einen solchen Schritt hin zur Dezivilisation zu begründen.

In den Ideen der 68er klangen erkennbar jene der Kommunisten und Nationalsozialisten nach. Entsprechend spielten auch bei der späteren Gründung der Grünen sowohl Altkader von K-Gruppen als auch ehemalige Nationalsozialisten wie August Haußleiter oder Werner Vogel eine Rolle, die aus der Tradition der Artamanen, Ariosophen oder „Lebensreformer“ stammten. Allerdings lehnten Hippies, Maoisten, Anhänger des Urkommunismus der Roten Khmer oder spätere Grüne die Industrialisierung und Technisierung, wie sie etwa auch Stalin in der UdSSR betrieben hatte, als Erscheinungsformen der westlichen Zivilisation ab.

Club of Rome und Zeitgeist der 1970er

Stichwortgeber waren nun eher der Club of Rome oder Autoren wie Paul Ehrlich („The Population Bomb“), die von einer baldigen Erschöpfung aller Rohstoffe und von der Vorstellung einer Überbevölkerung ausgingen, die es einzudämmen gelte, widrigenfalls der Menschheit ihr Untergang drohe. Gestützt auf diese Vorstellungen schufen aktivistische Höchstrichter in den USA die Rechtsprechung zu „Roe v. Wade“, die chinesischen Kommunisten führten ihre Ein-Kind-Politik mit Zwangssterilisationen und Zwangsabtreibungen ein, die UNO initiierte Bevölkerungskontrollprogramme in der Dritten Welt und linke Parteien in westlichen Ländern begannen die Abtreibung zum „Recht“, später gar zum „Menschenrecht“ zu erklären.

Neben der SPD wurde in den 1970er Jahren auch die FDP zu einem Hort kulturmarxistischer Gesellschaftsveränderung. Während die einen ungeachtet des Wohlstands und ausgebauten Sozialstaats jener Jahre davon sprachen, dass soziale Not viele Frauen zur Abtreibung „zwinge“, argumentierten die anderen mit „emanzipatorischen“ Erwägungen. Eine ungehinderte Möglichkeit zur Abtreibung würde demnach der Selbstentfaltung dienen – im Fall der FDP dürften nicht zuletzt auch Erwägungen von Wirtschaftstreibenden eine Rolle gespielt haben, mutterschaftsbedingte Mehrkosten oder Planungsaufwand für weibliche Beschäftigte zu vermeiden.

In Zeiten des Verfalls der religiösen Milieus und eines zunehmenden linken Meinungsmonopols versprach eine „liberale“ Haltung in dieser Frage sogar Wahlerfolge. Der „gesellschaftliche Fortschritt“ in vorchristliche Zeiten stand im Einklang mit dem Zeitgeist.

Sozialdemokraten und „Liberale“ erklärten das Kind im Mutterleib trotz unterschiedlicher DNA zum Bestandteil des Körpers der Frau und sprachen dem Ungeborenen somit ein eigenständiges Recht auf Leben ab. Das Bundesverfassungsgericht hielt diese Auffassung, wie sie der „Fristenlösung“ 1975 Pate stand, für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

Grüne: „Zwei Abtreibungen in 20 Jahren Geschlechtsleben wenig“

Zu den vehementesten Befürwortern einer vollständigen Abschaffung des § 218 StGB im Bundestag gehörten die Grünen. Unvergessen und bezeichnend ist die Äußerung der Abgeordneten Jutta Ditfurth aus dem Jahr 1988, zwei Abtreibungen seien „für ein mehr als zwanzigjähriges lustvolles Geschlechtsleben eigentlich wenig“.

Im Zuge der Wiedervereinigung sahen linke und liberale Parteien sowie progressive Kräfte innerhalb der Union ihre Chance gekommen, um die Gesetzgebung zum Schwangerschaftsabbruch weiter aufzuweichen. So sehr man angeblich bestrebt war, den totalitären Geist der DDR-Gesetzgebung zu überwinden, wollte selbst CDU-Ministerpräsident Lothar de Maizière auf deren „Fristenlösung“ nicht verzichten.

Zwar stand die Rechtsprechung des BVerfG der vollständigen Übernahme einer solchen entgegen, am Ende nahm man jedoch 1992 einen Umweg über die Beratungspflicht, um dieses Hindernis zu umgehen. Dass Bestimmungen wie jene, wonach kein Arzt gegen seinen Willen zur Vornahme einer Abtreibung verpflichtet werden dürfe, oder das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche im Gesetzesbestand blieben, galt als Zugeständnis an die Union, der damals die Konkurrenz durch die Republikaner im Nacken saß und die Angst hatte, vor ihrer eigenen Wählerschaft ihr Gesicht zu verlieren.

Mit diesem Kompromiss hoffte man in der Union, Ruhe an dieser Front geschaffen zu haben und das Thema auf Dauer beilegen zu können. Kritiker ahnten jedoch damals schon, dass sich die Linke nicht damit zufriedengeben, sondern die Neuregelung nur als weiteren Schritt auf ihrem Weg sehen würde, mittels einer Salamitaktik früher oder später jedwede Restriktion des „Menschenrechts“ auf Abtreibung zu beseitigen.

SPD verliert angesichts sinkender Umfragewerte die Nerven

Die SED-Nachfolgepartei „Die Linke“ war jedoch die einzige Partei, die dieses Ziel noch offen formulierte. Die Grünen forcierten das Mainstreaming der Abtreibung und deren Erklärung zum „Menschenrecht“ eher auf dem Wege supranationaler Initiativen, etwa in den Vereinten Nationen oder im Europaparlament. Innerstaatlich fuhren sie eine zweigleisige Taktik: Auf der einen Seite sollte ihre Ideologie der Frühsexualisierung, Depopulation und Familienzerstörung über Bildungspläne für Schulen ins Bewusstsein eindringen. Andererseits wollten sie die Forderung nach einer weiteren Aufweichung der Gesetze zum Lebensschutz nicht in zu offensiver Weise forcieren, um dem medialen Narrativ nicht zu schaden, mittlerweile eine „bürgerliche“ und „liberale“ Partei zu sein, die man auch als Christ oder Mitte-Rechts-Wähler bedenkenlos unterstützen könne.

Über lange Zeit hinweg galt das Thema der Abtreibungs-Gesetzgebung in Deutschland als geregelt und es herrschte über die Parteigrenzen der Eindruck vor, es wäre durch das Aufbringen des Themas nichts zu gewinnen. Deshalb hat sich selbst die AfD, trotz eines starken Einflusses entschiedener Abtreibungsgegner in der Partei, bislang eher vorsichtig dazu geäußert – anders als etwa frühere Parteien rechts der Mitte wie die Republikaner, die von „Krieg gegen Kinder“ sprachen, oder die DVU, die Abtreibung als „Mord“ bezeichnete.

Der rapide Fall in die politische Bedeutungslosigkeit scheint die SPD jedoch mittlerweile die Nerven verlieren zu lassen. Angesichts eines Absturzes von den bundesweit 40 Prozent der Schröder-Ära auf mittlerweile bestenfalls 15 Prozent hat sie damit begonnen, alle Barrieren nach Linksaußen niederzureißen.

Dass ein Bundespräsident gewaltverherrlichende linksextreme Bands hofiert, die Fraktion die Entlassung eines Verfassungsschutzpräsidenten wegen dessen Warnung vor Linksextremisten betreibt, in der Parteizeitung die Antifa gelobt wird, Abgeordnete ein Verbot der AfD fordern, die Bundesfamilienministerin eine Spitzelbroschüre für Kindergärten forciert oder man die „Rote Hilfe“ retten will, passt ins Bild einer Partei, die politisch Amok läuft.

Im Sinne einer solchen linksextremen Reideologisierung der einstigen Volkspartei ist es jedoch kein Wunder, dass man Zuflucht in kulturmarxistischen Leib- und Magenthemen sucht und auf „großer“ Ebene mit dem Werbeverbot den nächsten Schritt im Rahmen der eigenen Salamitaktik anstrebt – während die Parteijugend daran erinnert, wohin die Reise am Ende gehen soll.


Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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