Mysteriöse (Un-)Bekannte – Forscher rätseln um „Mädchen mit dem Perlenohrring“

Das Meisterwerk des holländischen Malers Vermeer ist weltberühmt. Nach mehr als 350 Jahren lüften Forscher nun einige Geheimnisse. Doch trotz High-Tech: Ein großes Mysterium bleibt.
Titelbild
Dem «Mädchen mit dem Perlenohrring» ganz nah.Foto: Ivo Hoekstra/Mauritshuis Museum/dpa/dpa
Epoch Times28. April 2020

Zarte Wimpern, ein grüner Vorhang und eine schwebende Perle: Internationale Forscher haben manche Rätsel des weltberühmten Gemäldes „Mädchen mit dem Perlenohrring“ nach gut 350 Jahren gelüftet.

Die bisher größte wissenschaftliche Untersuchung des Meisterwerkes von Johannes Vermeer (1632-1675) erbrachte überraschende neue Erkenntnisse über den Maler und seine Arbeitsweise. „Wir sind dem Bild sehr viel näher gekommen als jemals zuvor“, sagte die Direktorin des Den Haager Mauritshuis, Martine Gosselink, am Dienstag.

Eine Mysteriöse (Un-)Bekannte

Das „Mädchen mit dem Perlenohrring“ (1665-1667) ist das berühmteste Gemälde Vermeers und ein Liebling der Besucher des Mauritshuis. Die junge Frau mit dem exotischen blauen Turban, der feinen Haut, dem rot schimmernden Mund und der matten Perle am Ohr fasziniert Menschen weltweit.

Vor zwei Jahren hatte ein internationales und multidisziplinäres Forscherteam das Gemälde mit den modernsten Scannern und Technologien untersucht, durch alle Farbschichten hindurch, Millimeter für Millimeter. Jetzt machte das Museum auf einer virtuellen Pressekonferenz die Ergebnisse bekannt. Die letzte große wissenschaftliche Untersuchung des Meisterwerkes zuvor war 1994.

Das größte Geheimnis aber, nämlich wer das Mädchen auf dem Bild ist, konnten die Forscher auch jetzt nicht lüften. Das bedauerte auch die Direktorin: „Das Mädchen gibt das Geheimnis seiner Identität leider nicht preis, aber wir haben sie sehr viel besser kennengelernt.“

„Die Perle ist nur eine Illusion“

Zu ihrer Überraschung entdeckten die Forscher, dass Vermeer hinter dem Mädchen ursprünglich einen grünen Vorhang gemalt hatte. Der war im Laufe der Jahrhunderte verschwunden, die Farbe verblichen.

Der holländische Maler hatte, so ergaben die Forschungen, das Gemälde aus Lagen verschiedener Braun- und Schwarz-Töne aufgebaut. Diese liegen unter der heute sichtbaren Farbe. Dann hatte Vermeer die Konturen des Mädchens gezeichnet und im Laufe des Schaffensprozesses auch an einigen Stellen leicht korrigiert. Nach dem Hintergrund brachte er die schimmernde Haut des Gesichts auf die Leinwand, dann malte er die gelbe Jacke, den weißen Kragen, den Turban und den Ohrring. In der Signatur fanden die Forscher sogar noch einige Pinselhaare.

Mit Hilfe feinster Röntgen-Scanner sahen die Forscher nun zudem die zarten Wimpern des Mädchens. Sie sind mit dem menschlichen Auge nicht mehr zu sehen. Und verblüffend: „Die Perle ist nur eine Illusion“, schreiben die Wissenschaftler. Der Ohrring schwebt, denn das Häkchen fehlt, mit dem er am Ohr befestigt sein müsste.

Dank der Untersuchung ist nun erstmals auch die Farbpalette Vermeers detailliert beschrieben. „Die Farbstoffe kamen aus der ganzen Welt“, berichtet das Museum. Vermeer benutzte auffällig viel Ultramarin von sehr hoher Qualität für die intensiv blaue Kopfbedeckung und Jacke. Es wurde aus dem Stein Lapislazuli hergestellt. Das war dem Mauritshuis zufolge ein so aufwendiges und teures Verfahren, „dass der Farbstoff im 17. Jahrhundert sogar kostbarer war als Gold“. (dpa/ts)



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion