Das Bett im Kornfeld und andere Probleme des autonomen Elektro-Traktors

E-Mobilität und autonomes Fahren fallen in der deutschen Landwirtschaft nicht auf fruchtbaren Boden. Während der E-Traktor zu schwer und seine Umweltbilanz fraglich ist, verhindert das Bett im Kornfeld und (fehlende) Gesetze das autonome Fahren - obwohl es technisch seit Jahren möglich ist.
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E-Mobilität und autonomes Fahren fallen in der deutschen Landwirtschaft nicht auf fruchtbaren Boden.Foto: iStock
Epoch Times19. November 2019

Sie lassen Kinder- und Bauernherzen höher schlagen und sind die unangefochtenen Könige der Dorfstraßen: Traktoren. Noch mehr Traktoren als auf dem Land sieht man nur auf der alle zwei Jahre stattfindenden Weltleitmesse für Landtechnik „Agritechnica“ in Hannover.

Während die E-Mobilität in der Stadt – ganz langsam und nur auf kurzen Strecken – ins Rollen kommt, hinkt sie auf dem Land deutlich hinter den Plänen der Bundesregierung her. Auch in Hannover drehte sich vergangene Woche vieles um umweltfreundliche Lösungen – E-Mobilität und autonomes Fahren spielen auf dem realen Acker jedoch nur eine untergeordnete Rolle.

Vier Gründe, warum der Versuch, die Landwirtschaft zu elektrifizieren und zu automatisieren in Deutschland scheitern muss

Das im wahrsten Sinne des Wortes schwerste Problem der voll-elektrischen Landwirtschaft ist die Fahrzeugbatterie. Bereits im E-Auto für den Privatgebrauch ist der Akku das schwerste Bauteil. Trotzdem lässt die Reichweite zu wünschen übrig.

Da Landwirte auf Feldern nur wenige Hundert Kilometer am Tag zurücklegen, könnte eine Batterie für 600 Kilometer Reichweite ausreichen – wenn der Traktor ein Auto wäre. Christian Dreyer, Eigentümer und CEO der Amazonen-Werke und Vorsitzender der Arbeitsgruppe Landtechnik des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau VDMA, verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass man „mit einem elektrisch betriebenen 150-PS-Motor kaum pflügen kann.“

Der leitende Produktstratege bei Claas, Eberhard Nacke, ergänzt, dass Landwirte oft zehn oder mehr Stunden arbeiten, „das sei mit batteriebetrieben Fahrzeugen kaum möglich.“

Alternativen zur Elektrifizierung sind:

Kraftstoff Dichte Aggregat-zustand Heizwert
[kg/m³] [kWh/kg]
kWh/l (flüssig), kWh/m³ (gasförmig)
 Benzin (Super) 740 flüssig 12,0 8,9
 Diesel 830 flüssig 11,8 9,8
 Pflanzenöl 920 flüssig 10,0 9,2
 Methanol 787 flüssig 6,5 5,1
 Autogas (LPG) 540 flüssig 12,8 6,9
 Erdgas (L-Gas, CNG) 0,82 gasförmig 11,3 9,3
 Wasserstoff 0,09 gasförmig 33,3 3,0
 Wasserstoff 71 flüssig 33,3 2,4

Daraus ist ersichtlich, dass Wasserstoff pro Kilogramm die meiste Energie liefern kann, Erdgas und Diesel jedoch für die Energie den geringsten Platzbedarf benötigen. Ein Traktor mit 500 kW Motorleistung (680 PS) benötigt für einen 10-Stunden Tag auf dem Feld 5.000 kWh Energie. Das entspricht 510 Liter Diesel (423 kg) oder 2.083 Liter flüssigen Wasserstoff (150 kg).

Eine herkömmliche Lithium-Ionen-Batterie mit vergleichbarer Leistung wiegt circa 35 Tonnen! (BMW i3, 40 kWh, 278 kg) Selbst mit Aluminium-Luft-Batterien, einem vielversprechenden Forschungsobjekt, schlägt der Akku mit ein bis zwei Tonnen zu Buche. Das hohe Eigengewicht Batterie-elektrischer Landmaschinen erhöht wiederum die Bodenverdichtung und schmälert die Erträge.

1.000.000 Ladestationen – keine einzige auf dem Acker

Unter der Voraussetzung, es gelingt, die Leistungsdichte und Lebensdauer von Akkumulatoren drastisch zu steigern, stehen E-Traktoren vor einem weiteren Problem. Wie kommt der Strom auf den Acker?

Während die Bundesregierung bemüht ist, Millionen Ladepunkte für PKW zu errichten, fehlt schätzungsweise 100 Prozent der Felder ein elektrische Starkstromanschluss. Neue Leitungen zu verlegen verbietet der Umweltschutz – schwere Maschinen mit Dieselmotoren – sodass Bauern ihren gesamten Fuhrpark binnen weniger Stunden am Hof landen müssen. In der Erntezeit sollten daher besser alle Dorfbewohner ausreichend Kerzen bereithalten.

Gerade zur Getreideernte sind Traktoren nicht nur zehn, sondern manchmal 20 Stunden am Stück auf den Feldern. Oft helfen zudem Lohnunternehmen mit zusätzlichen Maschinen und Personal aus. In den wenigen Stunden Nachtruhe müssten dann drei bis vier Traktoren und ein Mähdrescher ausreichend Strom für den nächsten Tag tanken. Bei 10.000 kWh pro Fahrzeug und nur vier Stunden Zeit müssen die Ladestationen für Ladeströme über 10.000 kW ausgelegt sein – pro Bauernhof.

Zum Vergleich, das größte deutsche Pumpspeicherkraftwerk Goldisthal in Thüringen hat eine Leistung von 1.060 MW und könnte damit sage und schreibe „nur“ 100 Agrarbetriebe mit Strom beliefern. Laut Statista gab es Ende 2018 in Deutschland insgesamt 266.700 landwirtschaftliche Betriebe – aber nur 5,6 GW installierte Gesamtleistung in Wasserkraftwerken.

Emissionen aus der Landwirtschaft?

Unabhängig von den Emissionen und Rohstoffen, die zur Herstellung Batterie-elektrischer Landtechnik vonnöten sind, sind Landmaschinen keine „rückständigen Dreckschleudern“ wie oft dargestellt. Nicht selten suchen große Automobilkonzerne bei Herstellern schwerer Landmaschinen um Rat, beispielsweise wenn es um die präzise Lenkung und saubere Motorentechnik geht. Zudem rechnet Christian Dreyer vom VDMA vor, dass Traktoren und Co lediglich für 0,7 Prozent der deutschen CO2-Emissionen verantwortlich sind.

Dieser Wert könnte mit einem Verbot des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat steigen, da Landwirte unbehandelte Flächen öfter pflügen müssten. Doch nahezu alle Hersteller bieten Traktoren mit Multi-Fuel-Motoren an, die unter anderem mit Pflanzenöl betrieben werden können. Durch die zunehmende Verwendung alternativer – selbst angebauter – Kraftstoffe, kann die CO2-Gesamt-Bilanz auf Null sinken. Angesichts der Verfügbarkeit CO2-neutraler Kraftstoffe und der (bisher) unlösbaren technischen Probleme elektrifizierter Landwirtschaft, ist ein Verbot von Diesel-Traktoren wenig sinnvoll.

Noch deutlicher wird der CO2-Irrsinn in der Forstwirtschaft. Ein Hektar Wald speichert pro Jahr etwa 13 Tonnen CO2. Bei der Bewirtschaftung mit Pflanzenöl (in „schmutzigen Dieselmotoren“) sind die Nettoemissionen damit geringer als bei der Bewirtschaftung mit elektrischen Maschinen, die aufgrund ihrer Batterie einen „Klima-Sünden-Rucksack“ tragen.

Das Bett im Kornfeld stoppt jeden Traktor

Neben dem Traum vom elektrischen Traktor konnten Besucher der Agritechnica über teil- und vollautonome Landmaschinen staunen. Während in einigen Ländern Süd- und Nordamerikas sowie in Asien Traktoren autonom ihre Bahnen ziehen, weht in Deutschland ein anderer Wind. Technisch möglich ist das seit mehr als einem Jahrzehnt.

Satellitengestützte Navigation ermöglicht bis auf wenige Zentimeter genaues Fahren, Kameras und Sensoren erhöhen die Präzision bis in den Millimeterbereich. Zusätzliche Software ermöglicht zudem hochauflösende Boden- und Pflanzenanalysen – notfalls auch per Drohne – und gewährt den punktgenauen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln oder Bodenbehandlungen. Digitalisierung und Automatisierung landwirtschaftlicher Prozesse helfen so bereits heute, Emissionen zu senken und  Erträge zu erhöhen.

All dem schiebt der deutsche Gesetzgeber jedoch einen Riegel vor und verbietet das (teil-)autonome Traktorfahren, denn, auch wer das viel besungene Bett im Kornfeld aufschlägt, darf nicht vom Traktor überrollt werden.

Obwohl technisch ohne Probleme machbar – eine Wärmebildkamera an der Fahrzeugfront erkennt sogar Mäuse – sind Zäune oder Warnschilder für die Gesetzgeber keine Lösung. Landwirte, die bei der Arbeit auf ihrem privaten Acker ihre Hände vom Lenkrad nehmen, müssen hierzulande mit empfindlichen Strafen rechnen. (ts)



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