Wenn Meisen speisen und Spatzen schmatzen
Deutschland, 7. März 2023 um 7:42 Uhr morgens. Die Temperaturen liegen bei plus ein Grad Celsius – Wind und Schneegestöber schränken die Sicht ein. Dennoch herrscht im Luftraum ein reger Betrieb.
Der Tower überwacht die Flugaktivitäten und vermeldet fünf Verkehrsteilnehmer. Während einer von ihnen soeben die Landung erfolgreich absolvierte, setzt der Zweite gerade erst an. – Gar nicht so leicht, bei diesen Wetterbedingungen. Und da passiert es: Zwei noch in der Luft befindliche Piloten stoßen beinah zusammen. Sie können das Manöver gerade noch retten und erreichen unfallfrei und ohne Schleudersitz den sicheren Boden.
Dieses Schauspiel ereignete sich soeben in meinem heimischen „Vogelkino“. Die Hauptdarsteller: Feldspatzen (Passer montanus), Blaumeisen (Cyanistes caeruleus) und Kohlmeisen (Parus major). Dies sind aber nur drei der knapp 20 Vogelarten, die unser Futterhäuschen seit seiner Anbringung vor wenigen Monaten besuchen. Das Häuschen selbst war eine Lampe, die vor vielen Jahren ein asiatisches Restaurant zierte.
Der erste Sack mit fünf Kilogramm Körnern, Nüssen und Samen waren bereits nach drei Wochen alle. Bei diesem Verbrauch erschien es uns logisch, etwas vorzusorgen. Also kauften wir einen satten 25-Kilogramm-Sack – die geliebten Erdnüsse gab es in einem zusätzlichen Sack.
Banditen am Futterhäuschen
Doch Pustekuchen: Einige Samen treffen scheinbar nicht so ganz den Geschmack unserer gefiederten Freunde. Vor allem der Kleiber (Sitta europaea) weiß seine Meinung kundzutun: Mit einem beherzten Schnabelschwung wird das unappetitliche Getreide aus dem Futterhäuschen gefegt, um an die viel leckereren Erdnüsse zu kommen.
Die verschmähten Körner landen schließlich direkt auf unserer Terrasse. Wenn nicht gerade frischer Schnee fällt, kann man regelmäßig die Spuren der Essensschlacht begutachten. Gelegentlich schaut das kleine Rotkehlchen (Erithacus rubecula) vorbei und bedient sich ganz bequem an den (Speise-)Resten. Alles frisst es natürlich nicht, sonst könnte es vollgefressen von unserer Terrasse rollen.
Doch wir sehen es mit Humor: Was danach noch übrig bleibt, wird zusammengekehrt und im Garten ausgestreut. Mit etwas Glück wächst in den kommenden Monaten neues Vogelfutter heran. Uns’re Lehr‘ von der Geschicht‘: Das Getreide mögen sie nicht. Wieder etwas, das wir für den nächsten Vogelfuttereinkauf gelernt haben.
Alles in allem überwiegt aber deutlich die Freude der Familie an den fliegenden Besuchern. Egal ob riskante Flugmanöver, akrobatische Versuche, an das Futter zu kommen oder ein beeindruckender „Ich-habe-hier-das-Sagen“-Wettbewerb zweier Vögel – man hat immer etwas zu lachen. Sollte schlechte Laune vorhanden sein, ist sie binnen weniger Minuten der Vogelbeobachtung davongeflogen. Doch vor allem lernt man die Natur und ihre einheimischen – manchmal weniger bekannten – Bewohner kennen.
Seltene Vögel
Ein gelegentlicher Gast unseres Futterhäuschens ist die Haubenmeise (Lophophanes cristatus) – bei uns liebevoll „Haubi“ oder „Punk-Meise“ genannt. Sie ist sehr schreckhaft und schaut oft nur für ein „Körnchen zum Mitnehmen“ vorbei.
Seltene, aber kräftige Farbtupfer sind dagegen der Erlenzeisig (Spinus spinus) und die Goldammer (Emberiza citrinella). Letztere beäugte mehrfach vom benachbarten Flieder aus neugierig unser Futterhäuschen – traute sich in unserer Anwesenheit aber noch nicht zu einem Snack vorbeizukommen. Ganz anders der Erlenzeisig. Dieser war zwar zunächst allein zu Gast, brachte ein paar Wochen später aber weitere Artgenossen mit.
Am meisten überrascht hat mich eines Tages jedoch ein seltenes Vogeltrio. Ich war gerade dabei, mein neues Kameraobjektiv auszuprobieren, als drei kleine, kugelrunde Vögel mit extrem langen Schwanzfedern unseren Meisenknödel überfielen. Eine halbe Stunde unter Dauerauslöser später zogen sie weiter. Dies war das erste und bislang letzte Mal, dass ich diese wunderschönen Vögel gesehen habe.
Verblüfft von den Gästen, suchten wir sogleich unser Vogelbestimmungsbuch nach den Neulingen ab. Unter den Meisen wurden wir schließlich fündig und erfuhren, dass unsere Besucher Schwanzmeisen (Aegithalos caudatus caudatus) waren. Sie kommen zahlreich und deutschlandweit in Wäldern und buschreichen Parks vor. Für meine Familie, Bekannten und Freunde war diese Vogelart allerdings völlig neu.
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