Großbritannien: Verfolgung von Christen in Nordafrika und im Nahen Osten gleicht Völkermord

Die Verfolgungen von Christen sind in einigen Regionen der Welt nahe daran, das Ausmaß eines Völkermordes zu erreichen, heißt es in einem Bericht für die britische Regierung. Das Thema sei allerdings in den Medien unterpräsentiert.
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Mindestens 311 Menschen wurden bei koordinierten Angriffen auf Kirchen und Hotels am Ostersonntag 2019 in Sri Lanka getötet. Hunderte weitere wurden verletzt.Foto: LAKRUWAN WANNIARACHCHI/AFP/Getty Images
Von 13. Mai 2019

In einem kürzlich veröffentlichen Zwischenbericht des Bischof von Truro, Philip Mounstephen, zur weltweiten Christenverfolgung, welcher von der britischen Regierung in Auftrag gegeben wurde, heißt es, dass die Verfolgung Gläubiger global an Ausmaß und Intensität zunimmt. Dabei würde die Verfolgung von Christen in einigen Regionen der Welt fast das Ausmaß von Völkermord erreichen, wie es in der UN-Charta definiert ist.

Der britische Außenminister Jeremy Hunt, ein Mitglied der anglikanischen Kirche, hat die Frage der christlichen Verfolgung zu einem der Hauptthemen seiner Außensekretäre gemacht. Im Zusammenhang mit dem Zwischenbericht zur Christenverfolgung sagte er laut den „Katholischen Nachrichten“, dass Politiker keine Angst haben sollten, sich zur Christenverfolgung zu äußern.

Er denke, „wir haben uns davor gedrückt, über christliche Verfolgung zu sprechen, weil wir ein christliches Land sind und eine koloniale Vergangenheit haben, also manchmal gibt es da eine Nervosität“, sagte er. Der „Guardian“ zitiert ihn so:

„Aber wir müssen erkennen – und das ist es, was der Zwischenbericht sehr deutlich macht -, dass Christen die am meisten verfolgte religiöse Gruppe sind.“

Für ihn sei es eine „falsche Vorstellung“, es für „irgendwie kolonialistisch“ zu halten, „über eine Religion zu sprechen, die eher mit den Kolonialmächten verbunden war, als mit den Ländern, in die wir als Kolonialisten marschierten“.

Laut Außenminister hätte politische Korrektheit zu falscher Zurückhaltung geführt

Dies habe „vielleicht zu einer Anspannung geführt, wenn man über dieses Thema redete. Die Rolle der Missionare war immer eine kontroverse Rolle. Und das hat meiner Meinung nach auch dazu geführt, dass einige Leute dieses Thema scheuen“, so Hunt. Doch man vergesse „in dieser Atmosphäre politischer Korrektheit, dass die verfolgten Christen zu den ärmsten Menschen der Welt zählen. Im Nahen Osten betrug die Einwohnerzahl der Christen etwa 20 Prozent – jetzt sind es 5 Prozent“, so der Außenminister.

Nach Hunt hätte man, wenn es um die Verfolgung von Christen geht, die aktuelle Entwicklung einfach verschlafen. Er denke, dass nicht nur der Bericht von Bischof von Truros, sondern offensichtlich auch das, was am Ostersonntag in Sri Lanka passiert sei, alle mit einem enormen Schock aufgeweckt hätte. Zudem sei der britische Außenminister, „nicht überzeugt, dass die britische Reaktion auf christliche Verfolgung angemessen ist“.

Der Zwischenbericht erklärt, dass in Bezug auf die Christenverfolgung von Völkermord gesprochen werden kann – nicht nur aufgrund der geografisch gewachsenen Gebieten, wo Christen verfolgt werden, sondern auch aufgrund der zunehmenden Intensität der Verfolgung.

Extremistische Gruppen wollen christliche Gemeinschaft mit „Schwert“ ausrotten

Insbesondere in Teilen des Nahen Ostens und Afrikas, wo extremistische Gruppen offen erklärten, die christliche Gemeinschaft durch das „Schwert“ ausrotten zu wollen, sei dies der Fall. Diese Gruppen wären besonders aktiv in Syrien, Irak, Ägypten, Nordost-Nigeria und auf den Philippinen, heißt es in dem Zwischenbericht.

Dort würden Gruppen versuchen, alle Beweise für die christliche Präsenz zu beseitigen, z. B. durch die Entfernung von Kreuzen, die Zerstörung von Kirchengebäuden und anderen kirchlichen Symbolen. Zudem würden Geistliche entführt und getötet werden, was einen direkten Angriff auf die Struktur und Führung der Kirche darstelle.

Christenverfolgung findet in Medien zu wenig Beachtung

In dem Zwischenbericht heißt es zudem, dass das Thema Christenverfolgung in den Medien unterrepräsentiert sei und in den westlichen Medien selten große Beachtung fände. Erzbischof von Canterbury, Lord Carey, wird in dem Zwischenbericht mit den Worten zitiert, dass westliche Regierungen

seltsam und unerklärlicherweise widerstrebend waren, sich der Verfolgung von Christen im Nahen Osten zu stellen“.

Laut dem Forschungszentrum Pew (Pew Research Center) wurden 2016 Christen in 144 Ländern verfolgt. Im Vorjahr lag die Zahl noch bei 125 Ländern. Laut Pew Research Center wurden

Christen in mehr Ländern als jede andere religiöse Gruppe schikaniert – besonders in vielen der stark muslimischen Länder des Nahen Ostens und Nordafrikas.“

Die NGO „Open Doors“ die über eine schockierende Zunahme der Verfolgung von Christen weltweit berichtet, enthüllte in ihrem World Watch List Report 2019 über antichristliche Unterdrückung, dass „rund 245 Millionen Christen, die in den Top 50 Ländern leben, ein hohes Maß an Verfolgung erleiden oder noch schlimmer“. Dies sind 30 Millionen mehr als im Vorjahr.

„Open Doors“ erklärte, dass innerhalb von fünf Jahren die Zahl der Länder, die als „extrem“ verfolgt eingestuft wurden, von einem Land (Nordkorea) auf elf Länder gestiegen sei.

Christen in China und Indien werden zunehmend bedroht

Sowohl „Open Doors“ als auch die „Hilfe für die Kirche in Not“ verwiesen auf eine zunehmende Bedrohung durch „aggressiven Nationalismus“ oder „Ultra-Nationalismus“ [von Kommunistische Partei Chinas und hinduistische Nationalisten] in Ländern wie China und Indien – beides aufstrebende Weltmächte – sowie durch islamistische Milizengruppen.

Laut der NGO „Hilfe für Verfolgte“ wurden 2017 in Indien 736 Angriffe registriert, gegenüber 348 im Jahr 2016. Berichte aus China zeigen einen Anstieg der Verfolgung von Christen im Land zwischen 2014 und 2016. So nahmen die Regierungsbehörden in der Provinz Zheijiang bis zu 2.000 Kirchen ins Visier, die entweder teilweise oder vollständig zerstört wurden oder deren Kreuze entfernt wurden.

Zahl der Christen im Nahen Osten und Nordafrika von 20 % auf 4 % Prozent gefallen

Im britischen Zwischenbericht wird verdeutlicht, dass vor einem Jahrhundert Christen 20 Prozent der Bevölkerung im Nahen Osten und Nordafrika ausmachten. Seitdem ist der Anteil auf weniger als 4 Prozent oder etwa 15 Millionen Menschen gesunken.

Im Nahen Osten und in Nordafrika heißt es in dem Zwischenbericht:

Verfolgungsformen, die von routinemäßiger Diskriminierung in Bildung, Beschäftigung und sozialem Leben bis hin zu völkermörderischen Angriffen auf christliche Gemeinschaften reichen, haben seit der Jahrhundertwende zu einem erheblichen Exodus christlicher Gläubiger aus dieser Region geführt.“

Und weiter: „In Ländern wie Algerien, Ägypten, Iran, Irak, Syrien und Saudi-Arabien hat die Situation der Christen und anderer Minderheiten ein alarmierendes Stadium erreicht. In Saudi-Arabien gibt es strenge Beschränkungen für alle Formen des Ausdrucks des Christentums, einschließlich öffentlicher Gottesdienste. Es gab regelmäßige Razzien gegen private christliche Dienste. Der arabisch-israelische Konflikt hat die Mehrheit der palästinensischen Christen veranlasst, ihr Heimatland zu verlassen. Die Bevölkerung der palästinensischen Christen ist von 15 Prozent auf 2 Prozent zurückgegangen“, heißt es in dem Zwischenbericht.

Die Veröffentlichung des gesamten Berichtes ist für Ende Juni geplant.



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